Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 250† Ulrichskirche 1587

Beschreibung

„Ein höltzern Epitaphium (über der Sacristey-Thüre)“ für Dr. Johannes Trautenbuhl, „daran die Tauffe und Aufferstehung Jesu Christi gemahlt; zu unterst 9. Manns- und 6. Weibs-Personen kniend“ mit biographischen Angaben, Sterbe-, Stifter- und Meistervermerk.1) 1886 wohl nur noch das Gemälde der Taufe Christi erhalten,2) das – wie die übrigen Teile des Epitaphs – zu einem unbekannten Zeitpunkt verlorenging. Schriftform und Art der Schriftausführung nicht überliefert.

Nach Olearius 1667;3) Ergänzungen nach Olearius 1674.

  1. D(omino) Joh(anni) Trautenbuhl Halberstadiensi J(uris) U(triusqve) D(octori) Clarissimo, Viro Nobilitate (et)a) dignitate Ornatissimo: Sapientia admirabili, auctoritate venerando: Virtute amabili, Consilio fideqve Illustriss(imis) (et)a) Reverendiss(imis) Principibus caro, Humanitate ac meritis apud omnes ordinis gratioso: Collegii J(uris) C(onsul)torum in Acad(emia) Witteberg(ensi)b) olim Praesidi Ordinario atqve Antecessori: Diaeceseosc) Magdeburg(ensis) per annos XXX. Cancellario fidelissimo Heredes (et)a) liberi ex priore Conjuge Magdalena D(octoris) Ludovici Fachsii J(uris) C(onsulti) eximii (et)a) viri Consularis Filia, superstites VI. Patri B(ene) M(eriti) (et)a) Conjux altera Margareta Viri Clariss(imi) D(omini) Philippi J(uris) U(triusqve) D(octoris) Filia Drachstedia, Marito dilectissimo, debitae pietatis (et)a) gratae memoriae ergo, hoc monumentum pro munere extremo poni curarunt. In his terris vitam clausit fine placidiss(imo) (et)a) beatiss(imo). Defunctus Halae Saxon(um) d(ie) 2. Nov(embris) M.D.LXXXV. vixit annos LXVI.d) Mens(es) VII. dies IIX.e) [J. D. M(onumentum) F(ecit) 1587.]

Übersetzung:

Dem Herrn Johannes Trautenbuhl aus Halberstadt, dem hochberühmten Doktor beider Rechte, einem Mann von Vornehmheit (und) ehrenreicher Würde, durch bewundernswerte Weisheit (und) ehrwürdige Vorbildlichkeit, liebenswürdige Tugendhaftigkeit, klugen Rat und Treue den durchlauchtigsten und hochwürdigsten Fürsten liebwert, durch Menschenfreundlichkeit und Verdienste bei allen (seines) Standes beliebt, einstmals ordentlicher Vorsteher und Professor der juristischen Fakultät der Wittenberger Universität, der Magdeburger Diözese über 30 Jahre getreuester Kanzler, haben die Erben und sechs hinterbliebenen Kinder der ersten Ehefrau Magdalena, Tochter des hervorragenden Rechtsgelehrten und Ratsmannes Dr. Ludwig Fachs, dem wohlverdienten Vater und die andere Ehefrau Margareta Drachstedt, Tochter des hochberühmten Mannes, des Herrn Philipp, Doktor beider Rechte, dem vielgeliebten Ehemann um der schuldigen Ehrfurcht und der dankbaren Erinnerung willen als letzten Dienst dieses Denkmal errichten lassen. Er beschloß das Leben in dieser Welt durch ein sehr friedliches und seliges Ende; er starb in Halle in Sachsen am zweiten Tag des November 1585, als er 66 Jahre, sieben Monate und acht Tage gelebt hatte. J. D. fertigte dieses Denkmal 1587.

Kommentar

Johannes Trautenbuhl, geboren 1521 in Halberstadt, studierte in Wittenberg und an italienischen Universitäten, wo er auch die Doktorwürde erwarb. 1548 wurde er Professor und bald darauf Ordinarius der juristischen Fakultät in Wittenberg. Über 30 Jahre diente er als Kanzler dem Erzbischof Sigismund von Brandenburg und dem nachfolgenden Administrator des Erzstifts, Joachim Friedrich von Brandenburg.4) 1570 wurde er in den Adelsstand erhoben.5) Von 1562 bis 1564 war Trautenbuhl als einer der kirchlichen Visitatoren im Erzstift Magdeburg tätig, die den Anstoß zur Schließung der letzten Klöster in Halle gaben.6) Seine zweite Gemahlin, Margareta Drachstedt (1550–1624), hatte Trautenbuhl 1573 geehelicht. Deren Vater, Dr. Philipp Drachstedt (gestorben 1582), wirkte als Syndikus der Stadt Breslau und nachmals als Beisitzer des Schöffenstuhls zu Halle.7) 1559 war er in den Adelsstand erhoben worden.8)

Dr. Ludwig Fachs (1497–1554), der Vater der ersten Ehefrau Magdalena, amtierte seit 1534 mehrfach als Bürgermeister von Leipzig und seit 1542 als Ordinarius der juristischen Fakultät der Leipziger Universität. Als renommierter Jurist war er bereits 1532 in das sächsische Oberhofgericht berufen worden, das ebenfalls in Leipzig saß. Er gehörte zum engsten Beraterkreis Moritz’, des Herzogs und nachmaligen Kurfürsten von Sachsen (1541–1553), und vertrat über ein dutzend Jahre als Diplomat und 1548/49 auch als Kanzler die Interessen seines Landesherrn.9)

Mit den Initialen J. D. signierte vermutlich der Schöpfer des Gemäldes.

Textkritischer Apparat

  1. et] Olearius: et-Ligatur.
  2. Wittebergensi] Sic!
  3. Diaeceseos] Dioeceseos Olearius 1674, Dreyhaupt. Sic! Für Dioecesis.
  4. LXVI.] Sic! 65 Olearius 1674, Dreyhaupt.
  5. IIX.] Sic!

Anmerkungen

  1. Olearius 1674, S. 169.
  2. Vgl. BKD Prov. Sachsen NF 1, S. 204.
  3. Für die Edition wurde die Abschrift des Gottfried Olearius von 1667 gewählt, da die von ihm überlieferten römischen Ziffern mit höherer Wahrscheinlichkeit dem Befund entsprachen (vgl. Nr. 332, 411) als die arabischen Ziffern der anderen Kopisten.
  4. Dreyhaupt 2, 1750, S. 740 und Beylage B, S. 180 („Geschlechts-Register der Trauterbuhle“).
  5. von Frank 5, 1974, S. 120.
  6. Sehling I, 2, 1904, S. 401, 407; zur Geschichte der hallischen Klöster s. Einleitung, S. XVII, XXI, XXV.
  7. Vermutlich ein Ururenkel Johann Drachstedts, vgl. Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 30 f. („Geschlechts-Register derer Drachstädte“) und Nr. 59; Wilde 2007, S. 75.
  8. Kneschke 2, 1860, S. 565; von Frank 1, 1967, S. 245.
  9. Wartenberg 1988, S. 82–87.

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 5, o. S.
  2. Olearius 1667, S. 310 f. (unvollständig).
  3. Olearius 1674, S. 169 f.
  4. Dreyhaupt 2, 1750, S. 740.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 250† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0025003.