Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 220 Marktkirchengemeinde 1580

Beschreibung

Hostiendose mit Deckel, Silber, vergoldet, aus der Ulrichskirche. Das zylindrische Gefäß und der plane Deckel mit einem bandwerkähnlichen Dekor überzogen, das auf Gefäß und Deckel je drei radial angeordnete, durch Kränze gebildete Medaillons einschließt. In jedem Medaillon ein Kruzifix. Die Freiräume im Dekor mit Blattranken gefüllt. Auf dem Deckel ein Knauf, auf dem sich ein nacktes Knäblein erhebt. An der Deckelinnenseite Darstellung der Hochzeit zu Kana. An der Unterseite des Bodens ein kreisförmiges Schriftband (D.: 6,4 cm) mit Namen der Kirchväter und Jahreszahl (A), eine Gewichtsangabe umschließend (B). Am Boden außerdem Meister- und hallisches Beschauzeichen.1) Alle bildlichen Darstellungen, Ornamente und Inschriften graviert.

Maße: H.: 3,9–4 cm (ohne Knauf); D.: 9,8 cm (Deckel); Bu.: 0,3 cm (A), 0,3–0,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis (A),

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/3]

  1. A

    DIE · ZEIT · DIE · ALTTER · LEVTTE · DAVIT · KOGEa) · HANS · SCHMIT · · · 1 · 5 · 8 · 0 · ·

  2. B

    · 16 · Lot · 3 q(uentchen)b) ·

Kommentar

Die mit schmaler Kerbe ausgehobenen Buchstaben der Inschrift A weisen mitunter kräftige strich- und keilförmige Sporen, aber keine Linksschrägenverstärkung auf. Die oberen Bogenenden von D und G überragen den Schaft bzw. die Cauda; die Schrägschäfte des K sind ebenso wie die weit ausgestellte Cauda des R geschwungen. Als Worttrenner wurden in A dreiblättrige Blüten (oder dreiteilige Blätter) mit Stiel verwendet. Gelegentlich stehen daneben oder stattdessen kleine Punkte.

David Koge (auch Kogaw) gehörte seit 1569 dem Rat an und diente ihm seit 1574 als Geheimer Herr und seit 1579 als Worthalter. Hans Schmit, auch Marx genannt, wurde 1568 in den Rat gewählt und 1585 mit dem Amt des Worthalters betraut.2) Beide waren seit 1577 bzw. 1580 Kirchväter (d. s. die ALTTER LEVTTE) der Ulrichskirche.3) Sie werden stellvertretend für die Kirchengemeinde als Auftraggeber der Hostiendose genannt. Die Bildvorlage für die „Hochzeit zu Kana“ (Jh 2,1–11) entnahm der ausführende Goldschmied CW wohl einem Frankfurter Bibeldruck von 1560; das Knäblein soll eine wiederverwendete spätgotische Arbeit sein.4) Der Goldschmied fertigte wahrscheinlich im Rahmen ein und desselben Auftrags noch eine Abendmahlskanne (s. Nr. 221).5)

Inschrift B stammt von einer späteren Inventarisation, bei der das Gewicht des Gefäßes festgestellt wurde.

Textkritischer Apparat

  1. KOGE] Koege Ulrichskirche 1939, Katalog Halle 1, 2006.
  2. quentchen] Befund: q-Gemeine mit einem rechts an die Unterlänge des Schafts angeschlossenen Schriftzeichen in Form einer arabischen Drei. Schreibweise unsicher.

Anmerkungen

  1. Siehe Anhang 2, Nr. 17; vgl. Rosenberg 2, 1923, S. 126 (Nr. 2301 ff.).
  2. StAH H B 2, S. 86–94.
  3. Röber 1618a, S. 170; Olearius 1667, S. 69.
  4. Fritz 2004, S. 174 (Abb. 228), 413 (Nr. 150); Katalog Halle 1, 2006, S. 83 (Nr. 21; Ursula Timann).
  5. Vgl. Denkmäler 10, 1912, S. 4, 8; Taf. 3.

Nachweise

  1. BKD Prov. Sachsen NF 1, S. 207 (A).
  2. Ulrichskirche 1939, S. 82 (A).
  3. Katalog Halle 1, 2006, S. 83 (Nr. 21; Ursula Timann; A).

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 220 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0022005.