Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 158† Stadtgottesacker 1552 (?), 1560 (?), 1566

Beschreibung

Epitaph (?) aus Stein für Elisabeth Boëtius und ihre Kinder Fabian, Lazarus, Maria und Sebastian, einst in der Bogenkammer 54, heute verloren. Über diesem und einem zweiten Epitaph (Nr. 199) eine Widmung (A), deren Anbringungsort nicht genau überliefert ist. Auf dem hier vorzustellenden Epitaph ein Kreuz, darauf Bibelzitate „eingehauen“ (B, C). „Um das Creutze her“ Sterbevermerke (D).1) Die Art der Ausführung der Inschriften A und C nicht bekannt.

Nach Olearius.

  1. A

    Resurrectionis ergo, Memoriaeqve posteritatis causa.

  2. B

    Vita nobis Christus JESUS, mors lucrum.2)

  3. C

    Absit gloriari nisi in cruce Domini nostri JESU Christi.3)

  4. D

    Elisabetha Menia Domini Sebastiani Boëtii Conjunx pia (et) honesta obdormivit in Christo d(ie) 9. Sept(embris) 1552. aet(atis) suae 22. / Fabianus Boëtius nascitur d(ie) 10. Junii, / Obiit 10. Aug(usti) anno 1549. / Maria Boëtia discessit 22. Julii anno 1560. nata annos 8. / Sebastianus Boëtius obiit d(ie) 28. Jul(ii) anno 1566. aet(atis) suae 18. / Lazarus Boëtius obdormivit in Christo die 5. Sept(embris) anno 1566 aet(atis) suae 16.

Übersetzung:

A Um der Auferstehung und des Gedenkens der Nachwelt willen (errichtet).

B Jesus Christus ist uns Leben, der Tod ist ein Gewinn.

C Fern sei es, sich zu rühmen, außer im Kreuz unseres Herrn Jesus Christus.

D Elisabeth Menius, des Herrn Sebastian Boëtius fromme und ehrsame Ehefrau, entschlief in Christus am 9. Tag des September 1552 im 22. (Jahr) ihres Alters. Fabian Boëtius wurde am 10. Tag des Juni geboren (und) starb am 10. (Tag) des August im Jahr 1549. Maria Boëtius starb am 22. (Tag) des Juli im Jahr 1560, als sie acht Jahre gewachsen war. Sebastian Boëtius starb am 28. Tag des Juli im Jahr 1566 im 18. (Jahr) seines Alters. Lazarus Boëtius entschlief in Christus am 5. Tag des September im Jahr 1566 im 16. (Jahr) seines Alters.

Kommentar

Elisabeths Vater Justus Menius (1499–1558) hatte als lutherischer Pfarrer in Erfurt, Eisenach und Gotha großen Einfluß auf die Reformation in Thüringen.4) Sebastian Boëtius war Rektor der städtischen Lateinschule in Eisenach (s. Nr. 203), als ihn Menius 1537 zum Schwiegersohn erwählte. Elisabeth wurde 16jährig verheiratet5) und starb jung wie auch alle ihre Kinder.

Die Entstehungszeit des Epitaphs ist unsicher, doch könnte es bald nach dem Tod der Elisabeth Boëtius 1552 in Auftrag gegeben worden sein. Dann wären die Sterbevermerke für die Kinder Maria, Sebastian und Lazarus nachgetragen worden. Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, daß das Grabmal erst nach dem Tod des Sebastian und des Lazarus 1566 angefertigt und in der zwischen 1566 und 1568 errichteten Bogenkammer der Familie Boëtius aufgestellt wurde (s. Anhang 1, Nr. 54), zumal es im Aufbau dem Grabmal für Sebastian Boëtius’ zweiter Ehefrau aus dem Jahr 1571 entsprochen zu haben scheint (Nr. 199).

Anmerkungen

  1. Alle Zitate nach Olearius 1674, S. 54.
  2. Paraphrase nach Phil 1,21.
  3. Paraphrase nach Gal 6,14.
  4. ADB 21, 1885, S. 354–356 (Wagenmann).
  5. Dreyhaupt 2, 1750, S. 593.

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 2, o. S. (Nr. 54).
  2. Olearius 1674, S. 54.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 158† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0015804.