Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 85: Halle/Saale (2012)
Nr. 156 Moritzburg 1550 oder danach
Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]
Beschreibung
Wappentafel aus Sandstein (?) über einem Fenster an der Nordwestseite des Torturms in ca. 10 m Höhe eingemauert. Wappen in Beschlagwerkrahmen, gehalten von Löwe und Greif, die auf kleinen Postamenten stehen und durch je eine zum Teil vollplastisch ausgeführte Spange steigen. Darunter die querrechteckige Inschrifttafel mit Roll- und Beschlagwerkrahmung, eine Wappenbeischrift, die zugleich ein Sterbevermerk ist, einschließend. Über dem Oberwappen (drei Helme) Gesims mit Rollwerkauszug, gehalten von zwei lagernden Putten (?). Das Relief teilweise verwittert; die Inschriftplatte gebrochen, die erhabene Inschrift aber gut lesbar.
Maße: H.: ca. 120 cm; B.: ca. 130 cm; Bu.: ca. 4–5 cm.1)
Schriftart(en): Kapitalis.
VONa) GODTSb) G(NADEN) IOHAN(NE)S ALBR(ECHT)c) · / ERTZBIS(CHOFF) · ZV MAG(DEBVRGK) · (ET)d) MAR(GGRAFF) · ZV / BRAN(DENBVRGK) ·e) OBYT · ANNO M · D · L ·f)g)
Übersetzung:
(...) und Markgraf zu Brandenburg, starb im Jahr 1550.
Erzbischof Johann Albrecht von Brandenburg2) |
Textkritischer Apparat
- VON] Das N in das O eingestellt.
- GODTS] Das D in das O eingestellt.
- ALBRECHT] Ergänzung analog Nr. 131; ALBERTUS Moritz, Schultze-Galléra.
- ET] Befund: Z-förmiger et-Haken; danach eine Ranke (?).
- ·] Lesung unsicher.
- ·] Danach eine fünfblättrige Blüte.
- Inschrift soweit wie möglich nach Nr. 192 ergänzt.
Anmerkungen
- Wegen der Anbringungshöhe war keine Nahbetrachtung und Vermessung möglich.
- Der neunteilige Wappenschild entspricht fast vollständig dem des 1552 berufenen Erzbischofs Sigismund von Brandenburg; vgl. Siebmacher I, 5, 1, Taf. 171. Dem Schildfuß ist ein weiterer Wappenschild mit unkenntlichem Wappenbild aufgelegt.
- Vgl. DI 62 (Lk. Weißenfels), Nr. 139 (1553).
- Siehe Einleitung, S. XV f.
Nachweise
- Olearius 1667, S. 27.
- Knauth 1853, S. 10.
- BKD Prov. Sachsen NF 1, S. 321.
- Steffen 1911, Sp. 328 (in moderner Schreibung).
- Moritz 1912, S. 6.
- Schultze-Galléra 1920, S. 157.
- Wind 1927b, S. 57 (unvollständig).
Addenda & Corrigenda (Stand: 28. Oktober 2015):
-
Von [---] (ETC)d) MAR(GGRAFF) [---]
Übersetzung:
(…) usw., Markgraf zu Brandenburg, starb im Jahr 1550.
Textkritischer Apparat
- ETC] Befund: Z-förmiger ET-Haken mit angehängtem S-förmigen Schriftzeichen.
Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 156 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0015600.
Kommentar
Die Buchstaben weisen eine schwache Bogenschwellung und keine Linksschrägenverstärkung auf. Die inneren Bogenenden des B sind eingerollt und berühren den Schaft nicht. Der Mittelteil des M ist nur bis zur Mittellinie herabgeführt; der Schrägschaft des N ist eingezogen. Die Cauda des R ist weit ausgestellt. Die Worttrenner sind (vermutlich) rautenförmig. Die altertümlichen Schriftmerkmale (Enklaven, Form des B) sind zeitbedingte paläographische Manierismen, wie sie auch in anderen, durchaus anspruchsvollen Inschriften der 1550er Jahre auftreten.3)
Die Anfertigung der Wappentafel mit Sterbevermerk und deren Anbringung am Torturm nach dem Tod des Verewigten wirft Fragen auf. Vielleicht ist das Relief noch von Johann Albrecht selbst in Auftrag gegeben worden, aber erst nach seinem frühen Tod zur Ausführung gelangt? Johann Albrecht von Brandenburg-Ansbach pontifizierte als Amtsnachfolger seines Vetters, des Kardinals Albrecht von Brandenburg, von 1545 bis 1550. Er war wie Albrecht zugleich Administrator des Bistums Halberstadt.4)