Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 85: Halle/Saale (2012)
Nr. 135 Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum 1532
Beschreibung
Wappentafel aus (Halb-)Fayence mit farbiger Glasur, zuletzt an der Südseite des sog. Küchenbaus im Gehöft „Kühler Brunnen“ (Marktplatz 16) angebracht, 1913 dem Museum übereignet.1) Im Zentrum des von einem profilierten Rahmen mit antikisierendem Blattfries eingefaßten Reliefs ein großes Vollwappen, gehalten von zwei Wilden Leuten mit geschuppten Unterleibern und Helmen, die üppig wuchernden, fast die gesamte Fläche des Binnenfeldes bedeckenden Ranken entwachsen. In den Ranken auch zwei Blattmasken. Zwei vergleichbare Blattmasken halten am oberen Rand ein mehrfach überschlagenes Schriftband mit Wappenbeischrift (A). Im untersten, durch einen Steg abgetrennten Fünftel der Platte eine Kartusche mit Devise und Jahreszahl (B), flankiert von zwei Wappen. Sämtliche Inschriften erhaben. Die gesamte Oberfläche vielfach beschädigt, die Platte zudem in mehrere Teile zerbrochen und restauriert.
Maße: H.: 81 cm; B.: 54 cm; Bu.: 2 cm (A), 1,3–1,5 cm (B).
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
HANSa) · / · V(ON)b) · / SCHENITZc)
- B
ZVV · FROMd) WILLIK VND / VIL VERTRAVENSCHWECHT / KVRTZET VND BRINGETTe) / GROSSEN RAVENf)·1532 ·
Versmaß: Zwei Reimverse (B).
Schönitz2) | |
unbekannt3) | Walther4) |
Textkritischer Apparat
- HANS] Das A mit rechtsseitigem Deckbalken.
- VON] Kein Kürzungszeichen.
- SCHENITZ] Die Groß- oder Kleinschreibung der letzten beiden Buchstaben ist unsicher. Als letzte Buchstaben stehen ein T aus Schaft mit gebogenem unteren Ende und Balken sowie ein zweistöckiges, oben spitzes Z.
- FROM] F ohne Mittelbalken.
- BRINGETT] E mit beidseitig überkragendem oberen Balken.
- RAVEN] Grauen Olearius.
Anmerkungen
- Volkmann 1956, S. 50; Gründig/Dräger 1997, S. 103. Inv.-Nr. MO Fa. 545.
- Wie Nr. 134, Anm. 2.
- Wie Nr. 134, Anm. 3.
- Wie Nr. 134, Anm. 4.
- So bei DWB 5, 2, 1877, Sp. 2845–2848.
- Olearius 1679, S. 46; ebenso Weiske 1930, S. 33.
- Knauth 1857, S. 737.
- Gründig/Dräger 1997, S. 103; Katalog Halle 1, 2006, S. 269 f. (Nr. 154; Rita Gründig/Ulf Dräger). Zur PreuningWerkstatt s. Thieme/Becker 27, 1933, S. 387.
- Freundlicher Hinweis von Herrn Dr. Dirk Höhne, Halle (Saale). Die Rückseite ist zur Stabilisierung der mehrfach gebrochenen Platte ausgegossen und einer Bewertung hinsichtlich des ursprünglichen Verwendungszwecks entzogen.
Nachweise
- Olearius 1679, S. 46 (B).
- Denkmäler 4, 1899, Taf. 7.
- Rauchfuß, 1917/1918b, S. 46 (B).
- Weiske 1930, S. 33 (B).
- Volkmann 1956, S. 58 (Abb. 34).
- Katalog Halle 1, 2006, S. 269 f. (Nr. 154; Rita Gründig/Ulf Dräger).
Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 135 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0013501.
Kommentar
Eine Linksschrägenverstärkung und die Trennung von Haar- und Schattenstrichen wurden nur unregelmäßig durchgeführt. Die Form der Sporen ist gelegentlich der von Serifen angenähert. Hervorhebenswert sind die großen, hakenförmigen Sporen an den unteren Balken von E und L in Inschrift B.
Dem transitiven Verb KVRTZET5) fehlt hier das Bezugswort, so daß sich die Bedeutung nicht ohne weiteres erschließt. Analog zu SCHWECHT ist sicherlich gemeint, daß sich etwas am oder im Leben verschlechtert.
Einige Autoren, die Inschriften vom „Kühlen Brunnen“ überliefern, haben gelegentlich diese Inschrift mit der fast gleichlautenden am Portal des Saalbaus im nördlichen Hof des „Kühlen Brunnens“ (Nr. 134) verwechselt. Schon Gottfried Olearius glaubte, sie am erwähnten Portal gelesen zu haben.6) Franz Knauth erwähnt zwar die Fayenceplatte („auf dem Hofe ein steinernes Wappenbild“), gibt als ihre Inschrift aber den Text der Inschrift vom Portal des Saalbaus wieder („Verse [...] über dem Portale auf dem Hofe“).7) Dabei war ein kleiner, aber bedeutungsvoller Unterschied beider Inschriften wohl für die vorliegende Zweitanfertigung der Platte ausschlaggebend (vgl. Nr. 134).
Wegen stilistischer Merkmale und der farbkräftigen Glasuren wird die Platte der Nürnberger PreuningWerkstatt zugeschrieben.8) Die Abschrägung der Schmalseiten könnte darauf hindeuten, daß sie als Ofenkachel gefertigt wurde.9)