Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 115 Dom 1523

Beschreibung

Wappentafel aus Tuffstein, über dem mittleren Portal an der Nordseite angebracht. Im Zentrum des vielteiligen Architekturaufbaus das Wappen des Kardinals Albrecht von Brandenburg, gehalten vom hl. Mauritius (links) und der hl. Maria Magdalena (rechts), hinterlegt mit Schwert, Krummstab und einem Kreuz mit Kardinalshut. Über flankierenden Pilastern und vorgesetzten balusterförmigen Säulen ein halbkreisförmiger, kalottenartiger Baldachin, an dessen Seiten Gebälkstücke hervortreten. Am Unterhang zwei Figurenkonsolen mit dem hl. Erasmus und einer Heiligen mit Buch (Katharina?), zwischen denen eine querrechteckige Tafel mit eingehauener Weiheinschrift angebracht ist. Beschädigungen an allen Teilen des Werkes; der obere Abschluß der Wappentafel möglicherweise nicht im ursprünglichen Zustand erhalten.1)

Maße: H.: ca. 210 cm (Gesamtaufbau), 35,7 cm (Inschrifttafel); B.: 155,5 cm (Gesamtaufbau), 76,3 cm (Inschrifttafel); Bu.: 3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/2]

  1. DEO · OPT(IMO) · MAX(IMO) · DIVOQ(VE) · MAVRICIO · AC · MAG=/DALENAE · TVTELARIB(VS)a) · ALBERTVS · CVIVS · / HAEC · SIGNA · DIGNITATE(M)b) · GENVSQ(VE) · / DECLARANT · HANC ·AEDEM · / IPSE · DEDICAVIT · AN(NO) · CHRISTI · / M · D · XXIII · IX · KAL(ENDAS)c) · SEPTEM(BRIS)d)

Übersetzung:

Gott, dem Besten und Höchsten und dem heiligen Mauritius und der (Maria) Magdalena, den Schutzpatronen, hat Albrecht, dessen Würde und Abkunft diese Wappen erweisen, diese Kirche im Jahr Christi 1523, neun Tage vor den Kalenden des September selbst geweiht.

Datum: 1523 August 24.

Wappen:
Kardinal Albrecht von Brandenburg2)

Kommentar

Die Buchstaben weisen eine Linksschrägenbetonung auf. Die Bögen von C, D und G sind nahezu kreisrund, das O aber ist oval geformt. M hat einen bis zur Grundlinie reichenden Mittelteil und gerade Hasten; R zeichnet eine weit ausgestellte geschwungene Cauda aus. Der Balken des T ist rechtsschräg geschnitten. Bis auf die Kürzungszeichen für – Q(VE) und zwei in den Anmerkungen vermerkte Kürzungsstriche stehen keine Kürzungszeichen. Die Worttrenner sind dreieckig; römische Zahlzeichen sind durch waagerechte Striche markiert. Die Zeilen wurden zentriert.

Es handelt sich um eine zweite, noch aufwendigere Ausführung einer Weiheinschrift für den Dom, bei der aber das Datum der sogenannten kleinen Weihetafel, der 23. August (ein Sonntag!), geändert wurde (Nr. 114). Die widersprüchliche Datumsangabe bedarf noch einer Erklärung. Eine vergleichbare Sonntag-Montag-Verschiebung der Daten tritt in den die Grundsteinlegung der Moritzkirche betreffenden Inschriften auf (Nr. 13, 14). Die dafür gesuchte Erklärung kann hier aber nicht zutreffen, da die nahezu gleichlautenden Inschriften keine abweichenden Intentionen erkennen lassen.3) Die an der anderen Weihetafel angebrachten kleinen Wappenschilde fehlen hier.

Die sogenannte große Weihetafel ist ein Werk des Bildhauers Peter Schro aus Mainz,4) der sie etwa zur gleichen Zeit wie den Zyklus der Apostel und Heiligen (s. Nr. 119) für den Dom fertigte.

Textkritischer Apparat

  1. TVTELARIBVS] Das A kleiner und über den Balken des L gestellt.
  2. DIGNITATEM] Kürzung durch Strich über T und E.
  3. KALENDAS] Kürzung durch überschriebenen Strich.
  4. SEPTEMBRIS] Septeni Albertz.

Anmerkungen

  1. So Volkmann 1963, S. 760–762. Die Rekonstruktion Volkmanns, nach der der halbkuppelförmige Baldachin über einem durchlaufenden Gebälk angebracht gewesen war, wird von Thiel 2006, S. 240 angezweifelt.
  2. Vgl. Drös 2006, S. 35 (Taf. IV, W 24).
  3. Suckale-Redlefsen 1987, S. 222 f. (Nr. 107) erwägt, daß die Erhebung der hl. Ursula zur Kopatronin des Stifts Anlaß für die Zweitanfertigung der Weiheinschrift gegeben hätte. Allerdings wird Ursula auf dieser Wappentafel weder genannt noch abgebildet.
  4. Lühmann-Schmid 1975, S. 52–55; Thiel 2006, S. 236–240. Den Werkstattzusammenhang hatte bereits Jean Louis Sponsel erkannt; Sponsel 1924, S. 136.

Nachweise

  1. Olearius 1667, S. 237.
  2. Dreyhaupt 1, 1749, S. 847.
  3. BKD Provinz Sachsen NF 1, S. 239.
  4. Albertz 1888, S. 25.
  5. Redlich, Cardinal 1900, S. 127.
  6. Thiel 2006, S. 236.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 115 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0011509.