Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 98 Moritzburg, Maria-Magdalenen-Kapelle 1514

Beschreibung

Wappentafel aus farbig gefaßtem Tuffstein, zweiteilig, in ca. 1,90 m Höhe in die Nordwand der Kapelle eingelassen. Im oberen, weitaus größeren Teil eine Rundbogennische mit Wappen, hinterlegt mit Kreuz, Krummstab und zwei Fahnen, gehalten von den Hll. Mauritius (links) und Martin (rechts), überfangen von einem bogenförmigen Maßwerkschleier. In den Bogenzwickeln Putten. Darunter querrechteckige Tafel mit eingehauener Weiheinschrift, flankiert von den als Halbfiguren dargestellten Hll. Stephanus (links) und Maria Magdalena (rechts). Das Relief mit Wappen vielfach, die Inschrift geringfügig beschädigt; vermutlich 1898/99 restauriert.1)

Maße: H.: 198 cm; B.: 108 cm; Bu.: 2,8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/1]

  1. OPT(IM)Oa) · MAX(IM)Ob) · AC · DIVE · MAGDALENE · / TVTELARI · ALBERTVS · CVIVS · HEC · / SIGNA · DIGNITATE(M) · GENVSQVE · DE · / CLARA(N)T · HA(N)C · EDEM · IPSE · DEDICAVIT · / AN(NO)c) · CHRI(STI)d) M° · D · XIIII · KAL(ENDAS) · AVG(VSTI) XI°·

Übersetzung:

Dem Besten und Höchsten und der heiligen (Maria) Magdalena als Schutzpatronin weihte Albrecht, dessen Würde und Abkunft diese Wappen erweisen, selbst diesen Tempel im Jahr Christi 1514, elf Tage vor den Kalenden des August.

Datum: 1514 Juli 22.

Wappen:
Erzbischof Albrecht von Brandenburg2)

Kommentar

Die sorgfältig und regelmäßig ausgehauenen Buchstaben haben eine Linksschrägenverstärkung und schmale Sporen, die mitunter als Serifen ausgebildet sind. Am unteren Ende der Cauda des G setzt ein kleiner Sporn an. Gerade Schäfte und einen bis zur Grundlinie abgesenkten Mittelteil zeichnen das M aus. Die Worttrenner haben eine Dreiecksform; Kürzungen sind nur gelegentlich durch überschriebene Striche markiert.

Anlaß für die nur wenige Jahre nach der ersten Weihe durch Erzbischof Ernst von Sachsen (s. Nr. 90) erfolgte Neuweihe der Kapelle durch Erzbischof Albrecht von Brandenburg am Festtag der hl. Magdalena könnte die Wiederaufstellung des Reliquienschatzes Ernsts gewesen sein. Dieser war am 6. Juli vom Magdeburger Domkapitel an Albrecht übergeben worden3) und bildete den Grundstock für Albrechts eigene riesige Reliquiensammlung. Der Text entspricht weitgehend dem der Weiheinschriften im Dom von 1523 (vgl. Nr. 114, 115). Bemerkenswert ist, daß hier noch die vereinfachte mittelalterliche Schreibung des AE als E, in den jüngeren Inschriften des Domes aber nur die an antiken Inschriften orientierte Schreibung AE vorkommt.

Die Wappentafel ist ein Werk des Bildhauers Peter Schro aus Mainz,4) der einige Jahre später auch die große Wappentafel und den Skulpturenzyklus des Domes ausführen sollte (Nr. 115, 119). Die Heiligen sind die Bistumspatrone von Magdeburg (Mauritius), Mainz (Martin) und Halberstadt (Stephan) sowie die Kirchenpatronin Maria Magdalena. Erzbischof Albrecht von Magdeburg war schon seit 1513 Administrator des Bistums Halberstadt und seit dem 9. März 1514 auch Erzbischof von Mainz.5)

Textkritischer Apparat

  1. OPTIMO] Der Kasus durch ein kleines hochgestelltes o ausgeschrieben. Deo Opt. Dreyhaupt, Albertz.
  2. MAXIMO] Der Kasus durch ein kleines hochgestelltes o ausgeschrieben.
  3. ANNO] Kürzung durch drei übereinandergestellte Dreiecke.
  4. CHRISTI] Kürzung durch zwei übereinandergestellte Dreiecke.

Anmerkungen

  1. Thiel 2006, S. 234 f.; vgl. Hildebrand 1914, S. 229 f. (Anm. 232).
  2. Vgl. Drös 2006, S. 31 f. und S. 33 (Taf. II, W 9).
  3. Redlich 1900a, S. 97*–100* (Beilage 23); Scholz 1998, S. 181.
  4. Lühmann-Schmid 1975, S. 49–52 (um 1516); Thiel 2006, S. 232–236 (um 1515).
  5. Zu A. v. Brandenburg s. Einleitung, S. XV f.

Nachweise

  1. Dreyhaupt 1, 1749, S. 846.
  2. Knauth 1853, S. 53.
  3. BKD Provinz Sachsen NF 1, S. 316.
  4. Albertz 1888, S. 31.
  5. Steffen 1911, Sp. 329.
  6. Heldmann 1923, S. 30 – Krause 1991, S. 304 (Anm. 29).
  7. Krause 1999, S. 22 (Anm. 20).
  8. Thiel 2006, S. 232.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 98 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0009804.