Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 96† Marktkirche 1512

Beschreibung

Epitaph „hintern Altar bey der Sacristey Thür“, ein „Gemählde des himmlischen Vaters und Gecreutzigten Heylandes mit viel Engeln in den Wolcken und dabey befindlichen Heiligen auch einigen WeibsPersonen“1) sowie Sterbevermerken und Fürbitten für Margareta und Katharina Wagner, zu einem unbekannten Zeitpunkt verlorengegangen. Schriftform und Art der Schriftausführung nicht überliefert.

Nach Olearius.

  1. A

    Anno Domini 1510. obiit Honesta Matrona Margareta Mater discreti Viri Jacobi Wagener, qvinta feria ante Katherinae. Reqviescat in Pace.

  2. B

    Anno Domini 1512. obiit honesta femina Katherina uxor qvondam Jacobi Wageners in die Luciae. Reqviescanta) in pace. Amen.

Übersetzung:

A Im Jahr des Herrn 1510 starb die ehrsame Frau Margareta, die Mutter des vornehmen Mannes Jakob Wagner, am Donnerstag vor dem (Festtag) der (hl.) Katharina. Sie möge in Frieden ruhen.

B Im Jahr des Herrn 1512 starb die ehrsame Frau Katharina, einstmals Ehefrau des Jakob Wagner, am Tag der (hl.) Lucia. Sie mögen in Frieden ruhen. Amen.

Datum: 1510 November 21, 1512 Dezember 13.

Kommentar

Die Wendung uxor qvondam in B bedeutet, daß Katharina Wagner bereits verwitwet war; der Plural Reqviescant könnte die beiden Eheleute meinen. Dagegen spricht, daß die hallische Ratsliste zwischen 1509 und 1512 sowie zwischen 1519 und 1531 einen Jakob Wagner als Ratsverwandten überliefert,2) auch wenn bislang nicht gesichert ist, ob es sich um eine Person oder zwei, vielleicht Vater und Sohn, handelt und ob diese mit Margareta und Katharina Wagner verwandt waren, wie Dreyhaupt angibt.3) Wenn der bei Beginn des Kirchenneubaus 1529/30 ratssässige Jakob Wagner ein Verwandter Margaretas und Katharinas gewesen war, dann könnte er darauf gedrungen haben, daß das Epitaph als einziges Totenmal aus den zum Abbruch vorgesehenen Kirchen St. Gertrud und St. Marien übernommen wurde. Die Rechtsgrundlage für den allem Anschein nach ungewöhnlichen Vorgang könnte wie bei der Überlieferung eines Tafelbildes (Nr. 67) eine Stiftung gewesen sein. Denn wie in der Pfarrkirche St. Moritz (vgl. Nr. 47, 85) wird es auch in St. Gertruden und St. Marien Grabmäler verschiedener Familien aus verschiedenen Zeiten gegeben haben, die aber offensichtlich nicht in die zwischen 1530 und 1554 neuerbaute Marktkirche transloziert wurden und mit den Vorgängerkirchen untergegangen sind.4)

Textkritischer Apparat

  1. Reqviescant] Sic!

Anmerkungen

  1. Olearius 1674, S. 168.
  2. StAH H B 2, S. 56, 58, 61, 63 f., 66 f.
  3. Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 189 („Geschlechts-Register der Wagner“).
  4. Zur Geschichte der Kirchen s. Einleitung, S. XXII.

Nachweise

  1. Olearius 1674, S. 168.
  2. Dreyhaupt 1, 1749, S. 1020.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 96† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0009608.