Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 58 Mühlpforte 1 1484

Beschreibung

Zwei Quader aus Sandstein mit Bibelzitat (A) und Bauinschrift (B), beide erhaben ausgearbeitet, ursprünglich an einer nach Süden gerichteten Ecke1) der heute bis auf eine Wand verschwundenen Klausur des Dominikanerklosters eingelassen und bei Errichtung des Chemischen Instituts der Universität 1862/632) mit anderem wiederverwendeten Material im hofseitigen Sockel des Gebäudes verbaut. Ein Relief (?) auf der oberen Hälfte und der rechte Rand des Quaders mit Inschrift A abgearbeitet. Der Quader mit Inschrift B rechts und unten behauen, die Inschrift aber wohl vollständig erhalten, wenn auch zeilenweise von oben nach unten zunehmend verwittert.

Maße: H.: 31 cm (A), 39,5 cm (B); B.: 108,5 cm (A), 140 cm (B); Bu.: 11,5–12 cm (A), 9–10 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel, A mit Versal der gotischen Majuskel.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/1]

  1. A

    Soli · deo · honor · et · glori[a]3)

  2. B

    annoa) d(omi)ni mo cccco lxxxiiijob) i(n)cepta / et co(m)pleta est hec structura t(em)p(or)e / fr(atr)is ioh(ann)is koxstete(n)c) de bitterfeltd)

Übersetzung:

A Gott allein Ehre und Ruhm.

B Im Jahr des Herrn 1484, zur Zeit des Bruders Johannes Koxstet aus Bitterfeld, ist dieser Bau begonnen und vollendet worden.

Kommentar

Unterschiede in Schriftgrad und Buchstabenproportionierung sowie der Verzicht auf Worttrenner in B lassen vermuten, daß die Inschriften nicht gleichzeitig konzipiert und ausgeführt wurden, obwohl sie der Beschreibung bei Olearius und Dreyhaupt zufolge schon am ursprünglichen Standort übereinander angebracht waren. Auffällig ist das Berühren oder Überlappen von Buchstabenteilen in Inschrift B. Ein Nexus litterarum tritt aber nur bei d und e auf.

Johannes Koxstet ist 1480, 1484 und 1488 als Prior des Klosters bezeugt.4) Über die zu seiner Zeit durchgeführten Baumaßnahmen ist bislang nichts bekannt.

Textkritischer Apparat

  1. anno] Am Wortanfang ein überhöhter Kleinbuchstabe.
  2. lxxxiiijo] Das letzte i eine i-longa.
  3. koxsteten] Ergänzung unsicher; Hoxsteten Olearius; Hoxsteter Dreyhaupt.
  4. bitterfelt] Der etwas größere und durch drei vorgestellte Quadrangel ausgezeichnete erste Buchstabe vielleicht als Großbuchstabe zu lesen. Buterfelt Olearius, Dreyhaupt.

Anmerkungen

  1. Olearius 1667, S. 782.
  2. Brülls/Honekamp 1996, S. 333. Zur Geschichte des Dominikanerklosters s. Einleitung, S. XX–XXII.
  3. 1 Tm 1,17.
  4. Nissen 1938, S. 162a.

Nachweise

  1. Olearius 1667, S. 212.
  2. Dreyhaupt 1, 1749, S. 782.
  3. Nickel 1966, S. 19, Anm. 10.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 58 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0005809.