Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 47† Moritzkirche 1474

Beschreibung

„Bey der Sacristey“ eine „Taffel“ (vermutlich ein Tafelbild als Epitaph), „daran ein Miserere Bild“ (d. i. ein Schmerzensmann), ein Sterbevermerk und eine Fürbitte für Kurt von Northausen, heute verloren. Schriftform und Art der Schriftausführung unbekannt.

Nach Olearius.

  1. Anno 1474 am Tage S(ancti) Fabian(i et) Sebastiani ist verschieden der Erbare Curdt von Nordthausen,a) dem Gott gnädig sey.

Datum: 1474 Januar 20.

Kommentar

Der Schmerzensmann war im ausgehenden Mittelalter ein beliebtes Motiv auf Epitaphien. Die individuelle kontemplative Verehrung des leidenden Christus galt als ein Weg, die „Misericordias Domini“, d. h. Indulgenz und Fürbitte am Jüngsten Gericht, zu erlangen. Die volkstümliche Bezeichnung des Schmerzensmannes als „Miserere Bild“ oder „Erbärmdebild“ bringt das zum Ausdruck.1)

Kurt von Northausen gehörte einer der ältesten, noch im 17. Jh. blühenden hallischen Familien an. Sie stammt wahrscheinlich von einer in Thüringen, vielleicht sogar in der Freien Reichsstadt Nordhausen ansässigen Familie ab und ist sicher seit 1304 in Halle nachweisbar.2) Unter dem Namen „Cune“ oder „Curt“ – beides Kurzformen von Konrad3) – sind zwischen 1401 und 1473 mehrere Angehörige der Familie von Northausen überliefert,4) deren genealogische Unterscheidung noch nicht möglich ist. Der 1474 gestorbene Curdt ist am ehesten mit dem 1434 als Knabe von weniger als 14 Jahren, 1455 als Ratsverwandter und 1463 als Oberbornmeister Genannten gleichen Namens gleichzusetzen.5)

Textkritischer Apparat

  1. Nordthausen,] Bei Olearius statt des Kommas ein Schrägstrich.

Anmerkungen

  1. Vgl. LdK 6, 1996, S. 495 f. Zum Schmerzensmann s. auch LCI 4, 1994, Sp. 87–95 (W. Mersmann).
  2. Als erster Hallenser ist 1266 der Schöffe Nikolaus von Northausen belegt; UBH I, S. 294 f. (Nr. 320). In den Familienregesten Dreyhaupts steht sein Name zwischen mehreren, zumeist in Thüringen wirkenden Herren von Northausen; Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 102.
  3. Vgl. Bahlow 1999, S. 301 („Kühn“), 302 („Kuhrt“), 303 („Kurth“).
  4. Vgl. Spittendorff 1880, S. 557 (Register); Schöffenbücher 2, 1882, S. 617 (Register).
  5. StAH H B 2, S. 29, 33; Spittendorff 1880, S. 470, 513, 516; Schöffenbücher 2, 1887, S. 374 (Nr. 1013). Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 103 („Geschlechts-Register derer von Northausen“) schreibt das Sterbedatum des inschriftlich genannten Curdt einem „Cune“ v. N. zu, der laut Stemma auch 1431 Ratsmeister gewesen sein soll. Unter diesem Jahr ist aber in den oben genannten Quellen kein von Northausen als Ratsmeister verzeichnet.

Nachweise

  1. MBH Ms 319, 5, o. S.
  2. Olearius 1674, S. 176.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 47† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0004706.