Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 33(†?) Universitätsring 1455

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Platte aus Sandstein, beidseitig reliefiert, auf hohem, sich nach oben hin stark verjüngenden Pfeiler aus Sandstein, ursprünglich auf dem Galgenberg (heute Riebeckplatz), nach 1970 hier aufgestellt.1) Auf der einen Seite der kreuztragende Christus und dessen Gefolge, auf der anderen Seite die Kreuzigungsgruppe. Am Fuß des Kreuzes kniend die heilige Maria Magdalena oder eine Stifterin. Auf dem zwischen Pfeiler und Reliefplatte vermittelnden Zwischenstück erhabene Inschriften: unter der Kreuzigung eine Setzungsinschrift; an der gegenüberliegenden Seite die Jahreszahl 1950, die wohl eine Restaurierung datiert. Als Bekrönung der Platte ein Maßwerkkamm.

Maße: H.: 618 cm; B.: 174 cm; Bu.: 11 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/3]

  1. a(nn)oa) d(omini) m°cccc°lv ad / honorem / ih(es)ub) (christi)c) / sculpt(us)d)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1455 wurde (dieser Stein) zur Ehre Jesu Christi behauen.

Kommentar

Die Szenen der Sandsteinplatte gehören zur Kreuzwegikonographie.2) Das Relief könnte eine Doppelstationstafel eines Kreuzwegs gewesen sein, dessen übrige Stationen verloren sind. Helga Sciurie deutet aber an, daß es sich wie bei einer ähnlichen Stationstafel in Jena um ein Beispiel einer „älteren Gruppe der Kreuzwege handelt, bei denen nur Anfangs- und Endpunkt markiert sind“, und die überlieferten Tafeln eben am Endpunkt standen, typischerweise ein Friedhof oder eine Hinrichtungsstätte.3) Die vergleichbare, beidseitig reliefierte Stationstafel in Jena zeigt ebenfalls auf der einen Seite die Kreuztragung und auf der anderen die Kreuzigung. Sie ist auf 1484 datiert und stand ursprünglich auf dem Friedhof der vorstädtischen Johanniskirche.4)

Die noch heute erkennbaren Restaurierungsmaßnahmen lassen es denkbar erscheinen, daß das beschriftete Zwischenstück der hallischen Stationstafel 1950 komplett erneuert wurde, obwohl die Inschrift von 1455 durchaus authentisch wirkt.

Textkritischer Apparat

  1. anno] Der Endungsbuchstabe in kleinerem Schriftgrad hochgestellt.
  2. ihesu] ihsus BKD Prov. Sachsen NF 1, Steinkreuz 1911.
  3. christi] Befund: xpi.
  4. sculptus] Kürzung durch einen sogenannten us-Haken; wohl auf lapis zu beziehen; sculptum Weise.

Anmerkungen

  1. Bereits 1928 auf den Franckeplatz umgesetzt und wegen der Neugestaltung des Platzes als Verkehrsknoten nochmals transloziert; Brülls/Honekamp 1996, S. 487 f.
  2. Vgl. LCI 2, 1994, Sp. 653–656 (F. Dambeck).
  3. Sciurie 2008, insbesondere S. 91 f.; vgl. Kramer 1957, S. 112.
  4. Vgl. DI 33 (Stadt Jena), Nr. 24.

Nachweise

  1. Weise 1824, S. 168.
  2. Hallische Inschriften 1835, S. 371.
  3. Puttrich 1845, Taf. 5a.
  4. Knauth 1857, S. 775.
  5. vom Hagen 1, 1867, S. 246.
  6. BKD Prov. Sachsen NF 1, S. 294 f.
  7. Steinkreuz 1911, o. S.
  8. Sciurie 2008, S. 92.
Addenda & Corrigenda (Stand: 28. Oktober 2015):

Das Zwischenstück mit der Inschrift wurde während einer Restaurierung 2010/12 vollständig erneuert.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 33(†?) (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0003305.