Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85: Halle/Saale (2012)

Nr. 26 Marktkirche 1423

Beschreibung

Glocke1) mit schmuckloser Krone, im Nordwestturm der Kirche aufgehängt. Unter der Schulter zwei Stegpaare, eine erhabene Inschrift mit Gußvermerk und Gebet einfassend. Am unteren Stegpaar ein Fries aus genasten Spitzbögen, deren Enden mit hängenden Lilien besetzt sind. Auf der Flanke die in sehr flachen und schmalen Linien ausgeführte Zeichnung einer Kreuzigungsgruppe und der hl. Gertrud mit einem Kirchenmodell (H.: 37,5 cm; B.: 44 cm).2) Am Wolm drei Stege, der mittlere kräftiger.

Maße: H.: 137,5 cm; D.: 178 cm; Bu.: 7,5–8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/4]

  1. · annoa) · d(omi)nj · m°b) · cccc° · xx · iij°c) · vigilia · iohannis · babtisted) · est · co(m)pletu(m) · hoc · opus · o · rex · glorie · ve(n)i

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1423, am Abend (vor dem Festtag) Johannes’ des Täufers ist dieses Werk vollendet worden. O König der Herrlichkeit, komme (mit Frieden).

Datum: 1423 Juni 23.

Kommentar

Die Buchstaben sind schmucklos; das a ist immer etwas überhöht. Das in der Edition nachgestellte Endungs-o der Jahreszahl ist am Original stets mittig über das dazugehörende Zahlzeichen gesetzt. Als Worttrenner dienen Quadrangel.

Entsprechend ihrer Lesung der römischen Ziffer Drei als in vermerken alle Autoren das Entstehungsjahr 1420. Dabei schreibt schon der Chronist Gottfried Olearius zum Jahr 1423: „Ist die grosse Glocke zu St. Gertraude gegossen worden.“ Zum Jahr 1420 überliefert er allerdings die später übliche Lesung der Inschrift, ohne sie zu dem zwei Seiten weiter folgenden Vermerk über den Glockenguß für St. Gertruden in Beziehung zu setzen.3)

Die Inschrift endet mit einem verbreiteten Gebet (vgl. Nr. 7).

Textkritischer Apparat

  1. · anno] Vor dem Wort vier kreuzförmig angeordnete Quadrangel.
  2. mo] Der letzte Schaft mit Unterlänge, ähnlich der i-longa der römischen Ziffer Drei.
  3. iijo] in Olearius et al. Der dritte Schaft als eine i-longa; vgl. Nr. 34, 58.
  4. babtiste] Sic!

Anmerkungen

  1. Gewicht 3880 kg, Schlagton as’; Grothe 2003, o. S.; Schlagton cis1+4; Grothe 2004, S. 63.
  2. Vgl. die Abbildungen bei Schulze 1961, S. 1135 f. (Abb. 9); Hübner 1968, S. 53 (Nr. 260) und Taf. XIV, Abb. 31; Grothe 2004, S. 63 und Abb. S. 65; Schulze 2006, S. 134 und 155 (Abb. 95). Die heilige Gertrud wird in Mittel- und Ostdeutschland typischerweise mit einem Kirchenmodell dargestellt; siehe LCI 6, 1994, Sp. 406–408 (L. H. D. van Looveren).
  3. Olearius 1667, S. 179, 181.

Nachweise

  1. Olearius 1667, S. 179.
  2. Dreyhaupt 1, 1749, S. 1021.
  3. Stiebritz 2, 1773, S. 42.
  4. BKD Prov. Sachsen NF 1, S. 20.
  5. Grothe 2004, S. 63.

Zitierhinweis:
DI 85, Halle/Saale, Nr. 26 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004k0002607.