Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 291 St. Johannes 1647

Beschreibung

Wappenbildscheiben; in den beiden nördlichen und den beiden südlichen je vierbahnigen und fünfzeiligen Fensteren der Chorschrägen; Glas, farbig gefaßt; einige Sprünge und Risse, sonst gut erhalten, 1999? restauriert durch Hans-Georg Loserth, Halberstadt; in spitzbogigen Pässen mit gezackten Rahmungen in Gelb-Braun oder Gelb-Blau mit gelben und roten Innenkonturen gefaßt; die Binnenräume sind mit Blattranken ausgefüllt, die in gelben Blüten und roten Blütenständen enden, diese werden überschnitten durch blaue Rauten, in welchen sich die Scheiben mit den Vollwappen von geschweiftem Umriß befinden; in der dritten Zeile von Fenster n1 ist das Wappen von Ornamentscheiben des 19. Jahrhunderts umgeben. In Kartuschen unterhalb der Wappen ein-, zwei- oder dreizeilig aufgemalt schwarz auf Weiß oder auf bernsteinfarbenem Untergrund die Stifterinschriften (oder Wappenbeischriften) mit Jahreszahl (A–D).

Maße: H. 88,5 cm, B. 87,5 cm, Bu. 1,5–1,9 cm.

Schriftart(en): Kapitalis (A–D), Schreibschrift (C teilweise).

  1. A

    [.........] BRINCKENa) 1) · // · ANNA BOILINGS · / · M · S · S · E · HE : / 1647 ·2) // · TOBIAS MAHN / 1647 ·3)

  2. B

    HINRICH BERBHOM ·4) // · MARIA LACHEMACHERSb) / B · HANS OBER[N] : E · HE / 16475)

  3. C

    · ELISABETH HEDEWIG / · SCHEIDIN · T · M · S · EHE / 16476) // · FERDINANDVS FIS/CHER CAPITVLAR / Eccl(esiae) · B(EATAE) · M(ARIAE) · V(IRGINIS)c) · / · 16477)

  4. D

    · H(ER) MATTHIAS LADO/VIVS · ECCL(ESIAE) · IOHANNI/TANAE P(RO) · T(EMPORE) · / PASTOR8) // · CORDT WARNEKEN9)

Wappen:
Brincken10)Boiling11)Mahn12)
Berbhom13)Lachemacher14)
Scheid15)Fischer16)
Ladovius17)Warnecken18)

Kommentar

Der Gesamteindruck der Schrift wird durch den Gegensatz von Haar- und Schattenstrichen bestimmt. Dabei bilden die Haarstriche oft, nicht immer, die linke Buchstabenseite. Sie kommen sowohl als Schäfte als auch als Balken vor. Die Bogen- und Balkenenden sind mit gebogenen Serifen besetzt. A kommt nur in der spitzen Form und meist mit Linksschrägenverstärkung vor. Ebenso sind die Balken stärker. Der Schaft des B ist kräftiger als die Bögen, die von dünnerer Stichstärke sind. C zeigt eine leichte Bogenverstärkung in der Bogenmitte. Der Schaft des D ist dünner als die Bögen. Der obere Bogenabschnitt ragt etwas nach links über den Schaft hinaus. E weist Serifen auf, der Mittelbalken ist nur als Ansatzpunkt erkennbar. Die Cauda des G ist angesetzt und stärker als der Bogen. H ist breit proportioniert, die rechte Haste verstärkt. Während die obere Haste des K nach innen gebogen verläuft, ist die untere geschwungen, weist eine tropfenförmige Schwellung auf und ist unter die Grundlinie gezogen. Die linke Haste des M besteht aus einem Haarstrich, der Mittelteil ist verkürzt. Auch die linke Haste und die Schräghaste des N sind als Haarstrich gezogen. Das ovale O weist mal den linken, mal den rechten Bogenabschnitt als Haarstrich auf. Der Bogen des P ist klein und dünner ausgeführt als der Schaft. Auch das R zeigt nur einen kleinen Bogen, die Cauda setzt am Schaft an, ist geschwungen mit tropfenförmiger Schwellung. Die mittleren Bogenabschnitte des S sind verstärkt, die Enden zeigen ausgeprägte Serifen. Der linke Schaft des V ist als Haarstrich ausgebildet, an den Schaftenden sind Serifen ausgebildet. Als Worttrenner benutzte man zwei kleine versetzte Schräghasten die durch eine winzige Schräghaste verbunden sind und Punkte.

Eine Familie Lakemacher war in Halberstadt eingesessen.19) Ferdinand Fischer, Stiftsherr zu Liebfrauen, wird schon auf der Bleiplatte, die 1624 im Nordwestturm von Liebfrauen eingeschlossen wurde als Mitglied des dortigen Kapitels genannt.20) Matthias Ladovius war zwischen 1637 und 1658 Erster Pfarrer der Gemeinde St. Johannes, nachdem er seit 1630 zunächst Diakon in St. Servatius in Quedlinburg und anschließend Pastor in Harsleben gewesen war.21) Er lebte noch weitere vier Jahre, starb im Alter von siebzig Jahren am 10. April 1662 und wurde vor dem Altar der neuerbauten Johanneskirche begraben. Die weiblichen Stifter waren wohl ausnahmslos Witwen Halberstädter Bürger und Gemeindemitglieder, wie die gekürzten Formen S EHE für S(EINE) EHE(FRAW) oder ähnlich aufzulösen sind.

Textkritischer Apparat

  1. BRINCKEN] Der Vorname wurde bei der Restaurierung durch eine Pseudoinschrift ersetzt.
  2. LACHEMACHERS] Die letzten vier Buchstaben hochgestellt.
  3. VIRGINIS] Kürzungszeichen fehlen.

Anmerkungen

  1. Fenster n1a, 3. Z.
  2. Fenster n1a, 5. Z.
  3. Fenster n1b, 5. Z.
  4. Fenster n2a, 5. Z.
  5. Fenster n2b, 5. Z.
  6. Fenster s1a, 5. Z.
  7. Fenster s1b, 5. Z.
  8. Fenster s2a, 5. Z.
  9. Fenster s2b, 5. Z.
  10. In Silber ein aus blauen Wolken ragender, rotgewandeter Linksarm mit weißer Stulpe, eine Pflanze mit schwarzem Stengel und drei blauen Blütenständen haltend, HZ: über Wulst zwischen rot-silbernen Hörnern in verwechselten Farben die Hausmarke (A); siehe die Hausmarke Taf. 63 Nr. 42.
  11. In Blau eine goldene Glocke mit silbernem Klöppelballen, durch die Krone ein silberner Pfeil, HZ: ein silbernes Schirmbrett mit zwei gekreuzten goldenen Pfeilen mit blauen Spitzen.
  12. In Blau ein goldener Kübel mit drei roten Rosen an grünen Stengeln, HZ: ein silbernes Schirmbrett, darin zwischen blau-roten Hörnern in verwechselten Farben die Rosen geschlossen.
  13. Auf damasziertem silbernen Grund die von zwei roten Rosen begleitete Hausmarke (B), HZ: ein silbernes Schirmbrett, darin zwischen rot-silbernen Hörnern in verwechselten Farben die Hausmarke (C); siehe die Hausmarke Taf. 63 Nr. 43.
  14. Geteilt, oben in damasziertem Schwarz zwei damaszierte silberne Pfähle, unten in damasziertem Silber ein schwarzes Hufeisen, HZ: silbernes Schirmbrett darin gespalten von silberner Lilie und golden besamter roter Rose.
  15. In Silber ein blauer Anker mit goldenem Schwammholz, HZ: silbernes Schirmbrett mit blauem Ankerhaken.
  16. In Blau zwei gekreuzte silberne von zwei sechsstrahligen goldenen Sternen begleitete Fische, HZ: silbernes Schirmbrett mit einer von Blau und Silber gespaltenen Lilie mit goldenem Band.
  17. In Rot eine goldene Lade, HZ: silbernes Schirmbrett mit der Hausmarke (D) und der Jahreszahl 1617; siehe die Marke Taf. 63 Nr. 44.
  18. In Silber die Hausmarke, HZ: silbernes Schirmbrett mit einer fünfblättrigen Stechpalme; siehe die Marke Taf. 63 Nr. 45.
  19. Vgl. UB St. Johann, Register S. 638; UB S. Bonifacii et S. Pauli, Register S. 607; Nebe 1880, Register S. 272.
  20. Vgl. Nr. 265 †.
  21. Derling 1748, S. 86 f.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 291 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0029103.