Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 288 Privatbesitz 1646

Beschreibung

Inschriftenplatte; Privatbesitz; Kupfer, teilweise leicht oxydiert, sonst gut erhalten; längsrechteckig, an den Ecken abgeschrägt, darauf zeilenweise eingeritzt die Historische Nachricht.

Maße: H. 12,6 cm, B. 7 cm, Bu. 0,5 cm (Versalien: 0,6–0,7 cm).

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. IN · N(OMINE)a) D(OMINI) · AMEN / ERECTAb) HAEC TVRRIS / A(NN)oc) CHRISTI · MDC · XL · VI : / D(OMI)N(IS)d) CAPIT(VL)oe) / GEORG à BONIN DECAN(O)f) / PAVL à STEINWERg) · T(HESAVRARIO) · / MATHEO BRAVNSCHW(EIGENSI)h) I(VRIS) V(TRIVSQVE) Do(CTORE)

Übersetzung:

Im Namen des Herrn Amen! Errichtet worden [ist] dieser Turm im Jahre Christi 1646 als (im) Kapitel die Herren Georg von Bonin, Dekan, Paul von Steinwer, Thesaurar, Matheus aus Braunschweig, Doktor beider Rechte, waren.

Kommentar

Es handelt sich um eine einfache Ritzinschrift. An den Enden der Schäfte und Balken sind meistens Serifen angebracht. An den Bogenenden und am Schrägschaft des R fehlen diese jedoch. Die Buchstaben am Wortanfang sind oft überhöht, fungieren also wie Versalien. A kommt nur in spitzer Form vor. Der Schaft des kapitalen D ist in den Bogen eingestellt. Der Mittelteil des M ist verkürzt.

Die Tafel hat Johannes Peter Hinz nach eigener, dem Verfasser gegebenen Auskunft, im Anschluß an die Zerstörungen des 8. April 1945 in den Trümmern des Domes gefunden und geborgen. Es fragt sich aber, ob es sich nicht auch um eines der anderen Stifte gehandelt hat, da die Erinnerung manchmal trügt, oder ob das Täfelchen vielleicht gar aus einer anderen Stadt stammt? Nach dem Text zu urteilen, befand sich das Täfelchen in einem 1646 neuerrichteten oder wiederhergestellten Turm eines Kirchengebäudes. Dabei kann es sich nur um ein Kollegiatstift gehandelt haben, da ein Dekan erwähnt wird.

Die genannten Stiftsherren ließen sich in Halberstadt nicht nachweisen. Beide gehören Geschlechtern an, die in Pommern beheimatet sind.1) Ein Georg Otto von Bonin, der im Jahr 1613 geboren wurde, war seit 1655 „wirklicher geheimer Staats- und Kriegsrath und Domdechant zu Colberg.“2) Der Große Kurfürst betraute ihn mehrfach mit Gesandtschaften. Er starb 1670. Ob es sich bei dem Genannten um den in dem Kupfertäfelchen genannten handelt, weiß man jedoch nicht. Zu Paul von Steinwehr fanden sich keine Angaben.

Textkritischer Apparat

  1. NOMINE] Mittels eines nachfolgenden Doppelpunktes gekürzt.
  2. ERECTA] Zu ergänzen ist wohl EST.
  3. ANNo] Der erste Buchstabe geschwungen in Schreibschrift, das abschließende o als Minuskelbuchstabe ausgeführt. Die Kürzung vielleicht durch einen Doppelpunkt angezeigt.
  4. DOMINIS] Befund. DN, der zweite Buchstabe verkleinert.
  5. CAPITVLo] Vermutlich zu ergänzen um ein IN.
  6. DECANO] Der zweite bis sechste Buchstabe verkleinert.
  7. STEINWER] Der Name bezieht sich wohl auf das Geschlecht STEINWEHR.
  8. BRAVNSCHWEIGENSI] Mittels eines nachfolgenden Doppelpunktes gekürzt. Die drei letzten Buchstaben verkleinert.

Anmerkungen

  1. Kneschke Bd. 1, S. 556 f.; ebd. Bd. 9, S. 6–8.
  2. Neues Preussisches Adels-Lexicon Bd. 1 1836, S. 277–279, hier: S. 278.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 288 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0028802.