Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 244† St. Martini 1614, 1616

Beschreibung

Epitaph für Tobias Paurmeister von Kochstedt, seine Frau Elisabeth Weihse und ihren frühverstorbenen Sohn; ehemals „auswendig von Quadersteinen gebawet“1) „am Eingange der hiesigen Martinikirche“2), mit der Stifterinschrift (A) und den Sterbevermerken (B).

Text nach Lucanus.

  1. A

    Tobias Paurmeister a Kochstedt J(uris)a) U(triusque) D(octor) sacri caesarei Palatii Comes3) serenissimi Henrici Julii Ducis Brunsuicensis Postulati episcopi Halberstadiensis (et) reverendissimi Capituli Cathedralis ecclesiae sede vacante Cancellarius cum ultra XXXV annos dictae cathedrali (et) vicinae ecclesiae Quedlinburgensi tribus succedentibus ordine Abbatissis Annae Stolbergiacae Mariae (et) Dorotheae ex Illustrissima Electorum Saxoniae prosapia una cum delata ei a praedicto Principe tutela (et) administratione Comitatus Reinsteinensis (et) Blankenburgensis fidelem consiliarii opem praestitisset legationibusque compluribus ad Imperatorem Rudolfum II. Comitia universalia (et) particularia aulas itidem Electorum (et) Principum honorifice perfunctus esset hoc sepulcrum uxori (et) filiolo carissimo unico ante XXIV annos huc humato vivus sibi condidit anno MDCXIV.

  2. B

    obiit anno MDCXVIb) die 17 Augusti post III pomerid(ianam)c) vixit annos LXIII (et) dimid(ium)d) // Uxor Elisabetha Weissin matrona honestissima (et) lectissima obiit anno MDXVI die I Sept(embris)

Übersetzung:

A: Tobias Paurmeister von Kochstedt, beider Rechte Doktor, des heiligen kaiserlichen Palastes Gral3), des allergnädigsten Heinrich Julius, Herzogs von Braunschweig, erwählten Halberstädter Bischofs und während der Vakanz des Bischofssitzes des ehrwürdigsten Kapitels der Domkirche Kanzler, hat, nachdem er mehr als 35 Jahre der genannten Domkirche und der benachbarten Quedlinburger Kirche für drei in der Reihenfolge einander folgende Äbtissinen, Anna von Stolberg, Maria und Dorothea aus dem hochberühmten Geschlecht der Kurfürsten von Sachsen zusammen mit der ihm von dem vorgenannten Fürsten übertragenen Obhut und Verwaltung der Grafschaft Regenstein und Blankenburg den treuen Dienst eines Rates inne hatte und an mehreren Gesandtschaften an den Kaiser Rudolf II., an allgemeine und Teil-Reichstage, ebenso an Kurfürsten- und Fürstenhöfe ehrenvoll teilgenommen hatte, dieses Grab seiner Frau und seinem einzigen Söhnchen, das vor 24 Jahren hierher begraben worden war, und als Lebender sich im Jahre 1614 erbaut. B: Er starb im Jahre 1616 am 17. Tag des August nach der dritten Nachmittags[stunde], er lebte 63 und ein halbes Jahr. Frau Elisabeth Weihsen, [seine] hochangesehene und auserlesene Gattin, starb im Jahr 1616 am 1. Tag des September.

Kommentar

Tobias Paurmeister von Kochstedt zählt zu den einflußreichsten Staatsdenkern der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg.4) Er wurde 1553 in Kochstedt (heute: Cochstedt im Salzlandkreis) geboren. Seit 1576 studierte er Rechtswissenschaften in Frankfurt/Oder und Freiburg, wo er 1581 promoviert wurde. Als Kanzler und Rat des Halberstädter Domkapitels sowie des Fürstbischofs und Landesherrn wie auch der Äbtissinnen des Damenstifts Quedlinburg erwarb er sich große Verdienste. Fürstbischof Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg beauftragte ihn verschiedentlich mit Gesandtschaften an den Kaiserhof nach Wien. Seine juristischen Publikationen erfreuten sich in der Frühen Neuzeit großer Beliebtheit. Neben dieser Tätigkeit schrieb er auch lateinische Dichtungen. Als Domherrn in Halberstadt, wie Martin Otto schreibt, findet man ihn allerdings nirgends belegt.5)

Textkritischer Apparat

  1. Juris] Dieses und die folgenden Worte jeweils durch einen folgenden Punkt gekürzt.
  2. MDCXVI] Zeiller 1633, S. 120 mit der Jahreszahl 1626.
  3. pomeridianam] Durch einen folgenden Punkt gekürzt.
  4. dimidium] Durch einen folgenden Punkt gekürzt.

Anmerkungen

  1. Zeiller 1653, S. 120; vgl. auch BKD, S. 407.
  2. Lucanus 1788, S. 7; eine genauere Bestimmung des Standortes ist nicht möglich, da die Kirche zwei Eingänge hatte und hat.
  3. Vgl. zum Amt des Hofpfalzgrafen HRG Bd. 2, Sp. 212 und Zedler Bd. 27, Sp. 1250 f.
  4. Vgl. dazu Niemann 1824, S. 64; ADB Bd. 2, S. 181 f. ([Ernst] Friedlaender); NDB Bd. 2, S. 139 f. (Martin Otto) mit der weiterführenden Literatur.
  5. Ebd., S. 139.

Nachweise

  1. Uffenbach 1753, S. 149 (nur Ausschnitt).
  2. Lucanus 1788, S. 7.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 244† (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0024400.