Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 237 Liebfrauen 1612

Beschreibung

Grabplatte für Georg von Heilingen;1) an der Nordwand das fünfte Objekt von Osten auf 25 cm hohem Sockel, ehemals in der Nähe des dritten nördlichen Langhauspfeilers von Osten;2) Sandstein, hell; linke obere Ecke und der Mittelteil des rechten Randes ausgebrochen und beigeputzt; Schriftverlust, Nase der Prälatenfigur beschädigt; Relief, in mehrfach geschweifter, sich nach oben hin verjüngender Nische, ein Kleriker in spitzes Birett, breiten Kragen, Rochett und Albe gekleidet, in den Händen ein Buch, in den oberen Zwickeln und in Kniehöhe seitlich der Figur vier Vollwappen, am Rand umlaufend zwischen eingehauenen Linien einzeilig eingehauen der Sterbevermerk (A), unter den Wappen ein- bis dreizeilig die Wappenbeischriften (B).

Ergänzungen nach Haber.

Maße: H. 189 cm, B. 119 cm, T. 26 cm, Bu. 4 cm (A), 1,7–2,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/2]

  1. A

    ANNOa) 1612 VLTIMO DIE / MENSIS IVLY [OBIIT REVERENDVS AC NOBILIS VIR GEORG]IVS AB / HEILING[EN]b) DECANVS ECCLESIAE BEATAE / M[ARIAE VIRGIN]ISc) HAL[BER]STADENSISd) CVIVS ANIMA REQVIESCAT IN PACE

  2. B

    D(ER) // V(ON) · HELINGEN // [D(ER) V(ON)] TOTEL//EBEN // D(ER) V(ON) GREVSSCNe) // D(ER) · / SCHLOTHE/IM

Übersetzung:

A: Im Jahre 1612 am letzten Tag des Monats Juli starb der ehrwürdige und edle Mann Georg von Heilingen, Dekan der Kirche der Heiligen Jungfrau Maria zu Halberstadt, dessen Seele ruhe in Frieden.

Wappen:
Heilingen3)Tottleben4)
Greussen?5)Schlotheim?6)

Kommentar

Die Schrift ist mit breiten Buchstabenspatien angebracht worden. Abgesehen von dieser Besonderheit, läßt sich von der Form und der Machart der 2, die wie ein Z aussieht und von der Übereinstimmung mit anderen Buchstaben möglicherweise auf eine Werkstatt (H10) schließen, in der auch die Grabplatten für die Frau des Dekans von Heilingen (Nr. 236) und die Kindergrabplatte für Joachim Christoph von Britzke (Nr. 227) entstanden sein könnten. Dafür spricht auch die jeweilige in den Grabplatten aufgegriffene Nischenarchitektur.

Magister Georg von Heilingen war seit 1585 Dekan des Liebfrauenstiftes; noch im Jahr seines Todes wurde Johann Georg von Britzke zum neuen Dekan gewählt.7) Zur Grabplatte seiner Frau, die wenige Monate vor ihm am 16. Mai des Jahres starb, siehe Nr. 236. Unbekannt ist, ob die beiden an einer der Seuchen – wie der Pest, die sporadisch die Gegend heimsuchte – zugrunde gingen, oder ob die Sterbefälle sich zufällig in einem solch engen zeitlichen Zusammenhang ereigneten.

Textkritischer Apparat

  1. ANNO] Die ersten beiden Buchstaben beschädigt.
  2. HEILINGEN] Das G beschädigt.
  3. VIRGINIS] Die beiden erhaltenen Buchstaben beschädigt.
  4. HALBERSTADENSIS] Die letzten neun Buchstaben beschädigt.
  5. GREVSSCN] Sic!

Anmerkungen

  1. BKD, S. 352 Nr. 20; Haber 1737, S. 16 und 27.
  2. Haber 1737, S. 16.
  3. Ein Balken, HZ: über einem Wulst ein offener Flug; vgl. Siebmacher SchwA, S. 13 mit Taf. 8; ebd. ThüA, S. 9 mit Taf. 7 und S. 76 mit Taf. 59.
  4. Ein Sparren, begleitet von drei Adlern 2:1, HZ: über einem Wulst zwischen offenem Flug der Sparren, drei Straußenfedern überdeckend; vgl. Siebmacher SchwA, S. 30 mit Taf. 21; Kneschke Bd. 9, S. 247 f.; Ledebur Bd. 3, S. 22.
  5. Ein Wappenschild, HZ: über einem Wulst ein Pfauenstoß; vgl. Siebmacher ThüA, S. 9 mit Taf. 6; ebd. SchwA, S. 11 mit Taf. 7 Greussen III; ebd. SaA, S. 55 f. mit Taf. 35 Greussen I.
  6. Drei vor sich hingekehrte Stierköpfe 2:1, HZ: Stierkopf; siehe dazu Siebmacher SaA, S. 55 f. mit Taf. 35 Greussen III. Hier muß eine Verwechslung vorliegen. Das Geschlecht von Schlotheim führt verschiedene Wappenbilder. Neben Schafscheren, die in unterschiedlicher Anzahl vorkommen, und Schildteilungen in unterschiedlicher Form, welche die zum Schwarzburgischen Adel gehörenden Familien führen, sieht man bei einem thüringisch-sächsischen Geschlecht dieses Namens ein gestürztes Schildchen im Schild als Wappenfigur. Nun mag es sein, daß das Wappen der Familie von Greussen, die in einem Fall auch die drei Stierköpfe im Wappen führt, vgl. Siebmacher SaA, S. 56 mit Taf. 35 Greussen III, mit dem der von Schlotheim verwechselt wurde, die das gestürzte Schilchen in einem Schild im Wappen führen, wie es in Anm. 4 wiedergegeben wurde, und daß die beiden Plätze auf der Grabplatte vertauscht wurden, oder aber daß ein anderer Irrtum vorliegt; siehe die Wappenbilder bei Siebmacher SchwA, S. 27 mit Taf. 18 Schlotheim I.–III. und Schlotheim; ebd. ThüA, S. 20 mit Taf. 14, S. 71 mit Taf. 55, S. 44 mit Taf. 34; ebd. Sa, S. 14 mit Taf. 14; ebd. SaA, S. 150 mit Taf. 98; Kneschke Bd. 8, S. 223 f.
  7. Haber 1737, S. 16 f. und 27 Nr. 22 mit dem Vornamen Georg; vgl. Nr. 261 †; Abel 1732, S. 430 f.

Nachweise

  1. Haber 1737, S. 16 (A).

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 237 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0023705.