Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 228 Städtisches Museum 1607 (?), 1666

Beschreibung

Epitaph für die Geschwister Widelauen und einen Verwandten; als 7. Objekt von Süden in die östliche Grundstücksmauer in 37 cm Höhe und ca. 9 cm tief eingelassen; ehemals den elften Bogen auf dem Kirchhof beim Salvator- und Elisabethhospital ausfüllend;1) Sandstein (Stuck ?), hell; leicht beschädigt, es fehlen vom Kreuzesstamm die Teile unterhalb des Knies bis zum Fußende des Gekreuzigten sowie die gefalteten Hände der verstorbenen Mädchen. In eingetiefter Rundbogennische Christus am Kreuz, aus beiden Wundmalen der Hände fließt Blut in je einen von zwei geflügelten und mit einer Art Kutte bekleideten Engel weiblichen Geschlechts (die Seelen der Verschiedenen?) gehaltenen Kelch; zu Seiten des Kreuzes die beiden verstorbenen Mädchen, links die ältere, jünger gestorbene, rechts die jüngere, aber älter gewordene und später gestorbene, kniend mit offenem Haar und den Kopf bekränzt, in Mühlsteinkragen und Kleidung der Zeit gekleidet, die Hände gefaltet. Auf dem ca. 11 cm breiten Rand der Nische einzeilig eingehauen die Sterbevermerke (A). Zu Seiten des Kreuzstammes die Bildtituli (B und C) zeilenweise eingehauen. Auf dem Spruchband am Kreuzstamm der Kreuztitulus (D) einzeilig eingehauen. Links neben dem Kreuzesstamm eine Grabbezeugung für Hans von Widelauen von 1666 (E). Seitlich vom linken Kreuzbalken ein eingehauener Buchstabe oder ein Monogramm (F). Vielleicht gab es am Kreuzfuß eine weitere Inschrift, die auf einem heute verlorenen Spruchband gestanden haben könnte.

Maße: H. 164 cm, B. 134 cm, Bu. 5 cm (A), 1,5–3 cm (B, C), 3,5 cm (D), Versalien 4,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    ANNO 1597 IM FEBR(VAR)a) IST BARBARA WIDELAWEN VND ANNO : 16.07. IM OCTOB(ER)b) IST ANNA WIDELAWEN IN GOTT VERSCH/IDENc)

  2. B

    BA[R]BARAd) WIDE=/[L]AWENe) IHRES AL=/TERSf) IM VIg) I[H]ARh) . / EHGTi)

  3. C

    ANNA WIDELA=/WENj) IHRES [AL=]/TERS IM Xk) IHAR

  4. D

    I(HESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDEORVM)l) 2)

  5. E

    REQUIES=/CITm) ET HIC / HANS WIE=/DELA(WEN)n) A(NN)O / 1666 26 (DECEM)BERo)

  6. F

    AMp)

Übersetzung:

D: Jesus aus Nazareth, König der Juden. E: Hier ruht auch Hans Wiedelauen im Jahre 1666 am 26. Dezember.

Kommentar

An Hasten-, Balken- und Bogenenden der Inschrift A finden sich Serifen. Die Seitenhasten des M verlaufen gerade, der Mittelteil ist verkürzt. B weist zwei gleichgroße Bögen auf, R hat eine geschwungene spitz auslaufende Cauda. Das W besteht aus zwei verschränkten V. O nimmt rundovale Form an. Ein nach links durchgebogener Abstrich ist rechts an das untere Bogenende (Cauda) des G angesetzt. Der Ansatz des Bogens der 6 verläuft gerade. Die Cauda des R in der Inschrift B verläuft gerade. Der obere Bogen des B steht links über. Die Cauda des R der Inschrift E ist sehr stark geschwungen, die geschwungene Cauda des Q kreuzt den unteren rechten Bogenschaft. Das A wird unten sehr breit, teils sind Rechtsschrägenverstärkungen zu beobachten. Der Ansatz des Bogens der 6 ist geschwungen, ebenso beide Hasten des X. Hasten-, Balken- und Bogenenden sind mit Serifen versehen. Der untere Bogen des B ist etwas kleiner als der obere. Die Bogenenden des D stehen oben und unten nach links über. In B und E sind die Initialen überhöht, in E aber auch außerhalb der Namen die Anfangsbuchstaben. Als Worttrenner verwendete man Quadrangel auf der Zeile und Dreispitze auf der Zeilenmitte.

Die Entstehung des Denkmals um 1607 ist nicht völlig gesichert. Für einen Nachtrag der Inschrift E im Jahre 1666 spricht ihre Formulierung, da sie betont, daß auch Hans Widelauen 1666 an dieser Stelle begraben worden sei. Wenn es sich hier um einen Nachtrag handelt, dann wäre die Nachtragsschrift aber eine sehr ähnliche Nachahmung der Inschriften A bis D.

Der Name ist vielleicht eine Form für den Familiennamen Weddersleben. Die genannten Mitglieder der Familie ließen sich nicht nachweisen.

Textkritischer Apparat

  1. FEBRVAR] Gekürzt durch drei nachstehende Rauten.
  2. OCTOBER] Gekürzt durch zwei nachstehende Rauten.
  3. VERSCHIDEN] Der sechste Buchstabe beschädigt, die folgenden Buchstaben in kleinerer Schriftgröße auf dem Rand unterhalb der Zeile angebracht; versch...... Arndt.
  4. BARBARA] Der zweite bis vierte Buchstabe beschädigt.
  5. WIDELAWEN] Als Trennungszeichen wurde ein doppelter Schrägstrich auf der Grundlinie verwendet; Wedelawen Arndt.
  6. ALTERS] Als Trennungszeichen wurde ein doppelter Schrägstrich auf der Grundlinie verwendet.
  7. VI] Die zweite Ziffer beschädigt. Es könnte also dort auch nur die Angabe V gestanden haben; so Arndt.
  8. IHAR] Die beiden ersten Buchstaben beschädigt.
  9. EHGT] Fehlt Arndt.
  10. WIDELAWEN] Wedelawen Arndt.
  11. X] Die Ziffer beschädigt. Fehlt Arndt.
  12. IHESVS–IVDEORVM] Die Anfangsbuchstaben jeweils durch einen nachgestellten Punkt auf der Linie gekürzt; fehlen Arndt.
  13. REQUIESCIT] Als Trennungszeichen wurde ein doppelter Schrägstrich auf der Grundlinie verwendet.
  14. WIEDELAWEN] Als Trennungszeichen wurde ein doppelter Schrägstrich auf der Grundlinie verwendet. Gekürzt wurde der Name durch einen nachgestellten Punkt auf Zeilenmitte.
  15. DECEMBER] Befund XBER.
  16. AM] Ein Monogramm könnte auch MA lauten; fehlt Arndt.

Anmerkungen

  1. Arndt 1898, S. 21; BKD, S. 440.
  2. Io 19,19.

Nachweise

  1. Arndt 1898, S. 21.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 228 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0022806.