Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 207 Kulkstraße 34 1600

Beschreibung

Schwellbalken; Holz, gut erhalten, anscheinend vor kurzem renoviert; an der linken Seite des traufenständigen Fachwerkhauses über der Torfahrt mit rundbogigem Abschluß auf dem mit Schiffskehlen in Schnürrollenornamentik verzierten Schwellbalken einzeilig eingeschnitzt die Bauinschrift mit Jahresangabe. Am Obergeschoß von Säulen geteilte Blendarkaden.

Maße: Bu. ca. 8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/6]

  1. NECESSITATE COACTVSa) ELIAS DALTZSCHE DECANVS S(ANCTI) · B(ONIFACII)b) · F(IERI) · C(VRAVIT) · ANNOc) 1600d)

Übersetzung:

Notgedrungen ließ Elias Daltzsche, Dekan von Sankt Bonifatius, [das Haus] bauen im Jahre 1600.

Kommentar

Die serifenlosen Buchstaben der Inschrift sind alle von gleicher, dünner Strichstärke. Eine Besonderheit der Ausführung ist das Epsilon-E. das hier vorkommt. Eine stärkere Rechtsneigung und eine leichte Rechtsschrägenverstärkung läßt sich am A und am V beobachten. Die Schräghaste des N ist ein wenig geschwungen. Die unteren Bögen des S sind breiter als die oberen.

Vielleicht hat es sich um Umbaumaßnahmen gehandelt und das Haus ist etwas älter, wie aus den Blendarkaden geschlossen werden könnte.1) Elias Daltzsche, der offensichtlich einer der wichtigen Halberstädter Familien angehörte, Kanoniker des Stiftes St. Bonifacii 1584, ist als dessen katholischer Dekan zwischen 1596 und 1608 nachweisbar.2) Ein Verwandter, Johann Dalzsch, ist als Senior des Stifts zwischen 1617 und 1657 nachweisbar;3) siehe auch Nr. (264 †). Ein Marcus Daltzke ist 1582 und 1599 als Domvikar und öffentlicher Notar erwähnt.4) Ob die Jahreszahl ursprünglich 1601 lautete, wie es Scheffer und Arndt übereinstimmend und auch Doering angeben und damit die Jahreszahl 1600 Ergebnis einer fehlerhaften Restaurierung ist, läßt sich nicht mehr feststellen.5) Die Datierung 1609 nach Kunze läßt sich wohl ausschließen und als Lesefehler vermuten.6)

Textkritischer Apparat

  1. COACTVS] Das Wort ist nach der Vorsilbe mit einem Spatium versehen, der letzte Buchstabe verkleinert.
  2. SANCTI BONIFACII] Die Kürzungszeichen fehlen bei beiden Worten; S.B.T.T.C. Scheffer; S. B. F. C. Arndt.
  3. ANNO] Das zweite N retrograd.
  4. 1600] 1601 Scheffer, Arndt; 1609 Kunze.

Anmerkungen

  1. Vgl. BKD, S. 495, wo das Haus zur dritten Periode des Fachwerkbaus in Halberstadt, hauptsächlich in den 70er bis 90er Jahren des 16. Jahrhunderts gerechnet wird, deren Kennzeichen auch die Blendarkaden sind. Vgl. auch ebd., S. 481–484, bes. S. 482.
  2. UB S. Bonifacii et S. Pauli, Register S. 589.
  3. Ebd.
  4. UB St. Johann, Nr. 539 S. 467, Nr. 544 S. 469.
  5. Scheffer 1864, S. 25; Arndt 1910 a, S. 102; BKD, S. 495.
  6. Kunze 2001, S. 57.

Nachweise

  1. Scheffer 1864, S. 55.
  2. Arndt 1910 a, S. 102.
  3. Kunze 2001, S. 57 (nur DECANVS und 1609).

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 207 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0020707.