Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 201 Salvatorhospital, Gleimstraße 5 1598, E. 16. / A. 17. Jh.

Beschreibung

Wappentafel; in der Mauer vor Haus C nach Norden; Sandstein, hell; Ausbrüche an den Rändern, stark verwittert, Schriftverlust, rechte obere Ecke der Hauptplatte gebrochen; Relief bestehend aus querrechteckiger Hauptplatte und Aufsatz mit Giebel in geschweifter Form, im Giebelfeld unterhalb eines Wappens die Doxologie bzw. Eulogie (A), im Hauptfeld über und rechts vom Halberstädter Stadtwappen die Bauinschrift samt Jahresangabe (B), sämtlich zeilenweise und erhaben ausgeführt.

Ergänzungen nach Arndt.

Maße: H. 86, 5 cm, B. 113 cm, B. 4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/2]

  1. A

    LAVSa) D[EO PAX VIVIS]b) / ET R[E]Q[VIESc) DEFVNCTIS]d) 1)

  2. B

    DIEe) VORWEITERV[N]GEf) DIESES GOTTES[A]K/KERS VND ERBAVVNGE [DIE]S[ER MAV]/R[E]N IST IN [D. SS. L WAERE .. ENSSEN / SOg) A(NN)O 1598] / GE[WE]STe) [DVRCHE VNSE ERBAREN RAHT / MIT GOTTES HVLFE VOLLENDET]

Übersetzung:

A: Das Lob Gott, Friede den Lebenden und Ruhe den Verstorbenen.

Versmaß: Hexameter, einsilbig rein leoninisch gereimt (A).

Wappen:
unbekannt2)Stadt Halberstadt3)

Kommentar

Serifen oder Sporen sind an der Inschrift A nicht erkennbar. Der Balken des spitzen A ist in der Buchstabenmitte angebracht. Der Balken des L ist sehr kurz. Der untere Balken des E wird durch einen spitzen Sporn nach oben abgeschlossen. Die Cauda des R ist geschwungen.

Die Schaft-, Balken- und Bogenenden der Inschrift B sind keilförmig verbreitert. Das D weist Serifen an der Verbindungsstelle von Schaft und Bogen auf. Der Mittelbalken des E wird verkürzt. Die Cauda des G ist auf das untere Bogenende aufgesetzt. Die obere Schräghaste des K verläuft leicht geschwungen und sitzt auf der unteren nach rechts durchgebogenen auf. Deren unteres Ende ist stark verbreitert. O ist fast vollrund geformt. Der linke Abschnitt des Bogens des R ragt links über den Schaft hinaus, die Cauda ist stark geschwungen. W besteht aus zwei verschränkten V.

Es ist fraglich ob Haupttafel und Aufsatz in einen Zusammenhang gehören. Der obere Stein besteht aus einem Block, der die gesamte Mauertiefe ausfüllt. Die Hauptplatte ist nur ca. 14 cm stark. Hauptsächlich die ähnlichen Nexus litterarum der beiden Inschriften und der zumindest schon zu Anfang des 20. Jahrhunderts bestehende Überlieferungszusammenhang sprechen für eine gemeinsame Behandlung beider Teile. Beide waren jedenfalls, wie die Inschrift A durch ihren Text erkennen läßt, für eine Anbringung am Friedhof gedacht. Der Bau der Mauer, von der man nur durch die Inschrift weiß, fand 1598 vielleicht in Zusammenhang mit der Errichtung eines ebendort belegten Hauses statt, auf das die nicht entschlüsselten Stellen der Bauinschrift hinweisen könnten.4) Auf dem Friedhof waren die Geschwister Wiedelauen und Hans Harsleben begraben, die in Nr. 228 und 278 behandelt werden.5) An den Mauern sollen sich früher noch etliche Wappensteine, Bauinschriften sowie die Namen von Bauermeistern und anderen Personen aus dem Stadtregiment befunden haben.6)

Textkritischer Apparat

  1. LAVS] Die Buchstaben der Inschrift A sind fast alle beschädigt.
  2. PAX VIVIS] Ergänzt nach AH 46, Nr. 298 S. 329; ..... VIS Arndt 1898, Arndt 1910 a, Kunze.
  3. REQVIES] In der Handschrift des Cod. Vat. Ottobon. 254 folgt hier AETERNA.
  4. DEFVNCTIS] Ergänzt nach AH 46, Nr. 298 S. 329; möglich auch ein anderes Ende wie SEPVLTIS; ..... TIS Arndt 1898, Arndt 1910 a, Kunze.
  5. DIE–GEWEST] Die erhaltenen Buchstaben der Inschrift B sind fast sämtlich beschädigt.
  6. VORWEITERVNGE] Vorwetterunge Arndt 1898, Arndt 1910 a, Kunze.
  7. SO] Fehlt Arndt 1898.

Anmerkungen

  1. AH 46, Nr. 298 S. 329; auch in einem Missale aus Mailand von 1476, heute in der Huntingdon Library, HM 1042, fol. 217r. Die Eulogie wurde auch häufig in Motetten oder anderen musikalischen Darbietungen verwendet; vgl. z. B. das Werk des Nicolas Gombert (um 1495–um 1560). Die Worte PAX VIVIS REQVIES AETERNA SEPVLTIS finden sich auch auf dem Grabmal des Paracelsus in Salzburg. Der Spruch als Ganzes wird in verschiedenen frühneuzeitlichen Schriften mit Paracelsus in Verbindung gebracht. Siehe auch unten Nr. 293.
  2. Drei Fische pfahlweise gestellt, 2:1.
  3. Vgl. Siebmacher St, S. 144 mit Taf. 175; Blaschke 1979, S. 180–182.
  4. BKD, S. 439 f.
  5. Ebd., S. 440.
  6. Ebd.

Nachweise

  1. Arndt 1898, S. 19.
  2. Arndt 1910 a, S. 102.
  3. Kunze 2001, S. 34.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 201 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0020105.