Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 181† Gröperstraße 26 † 1587

Beschreibung

Schwellbalken des ansonsten unauffälligen Fachwerkhauses, das Doering zur IV. und damit jüngsten Phase des Fachwerkbaus in Halberstadt aus der Zeit von 1641 bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zählt;1) die beiden noch erhaltenen Lichtbildaufnahmen zeigen ein eher einfaches Fachwerkhaus, dessen Gefachzahl sich nicht mehr feststellen läßt, die profilierten Balkenköpfe sind seitlich mit Sternornamenten geschmückt, im Dekor gibt es jedoch einen Bruch und an der Stelle, an der die Inschrift endet, setzt sich der Schwellbalken mehrfach profiliert, begleitet von einem darunterliegenden Kordelstab fort. Der vordere Teil des Schwellbalkens zeigt einzeilig erhaben ausgeführt die italienische Spruchweisheit gefolgt von der zweizeiligen Datierung.

Text nach der Lichtbildaufnahme.

Schriftart(en): Kapitalis.

LDASA Halle (Repro) [1/1]

  1. AMA DIO Ea) NOb) FALLIRE : VIVA IVSTÒ È LASSA DIRE . ANNO D(OMI)NI / 1 · 5 · 87 . 25 APR(ILIS)

Übersetzung:

Liebe Gott und fehle nicht, lebe recht und laß reden. Im Jahre des Herrn 1587 [den] 25. April.

Versmaß: Altitalienischer Reimvers mit Binnen- und Endreim.

Kommentar

Eine fast klassische Kapitalis, die durchgängig Linksschrägenverstärkungen zeigt. Besonders gut zu erkennen am spitzen A und am V. R zeigt ein ausgewogenes Verhältnis der Buchstabenteile, die Cauda verläuft gerade. Die O haben ovale Form. Die Bögen an D oder S mit leichten Verstärkungen der gerundeten Buchstabenteile.

Das bekannteste Beispiel für diese Inschrift ist in ganz ähnlicher Form am Brunnen des Giacomo della Porta vom Campo dei Fiori in Rom, der sog. Fontana della Terrina, heute vor der Chiesa Nuova, angebracht.2) Der Brunnen, der von Papst Gregor XIII. 1590 nach der Fertigstellung eines Aquädukts in Auftrag gegeben worden war, erhielt erst 1622 seine Haube, durch die er aussieht wie eine „Suppenschüssel“. Damals entstand auch die Inschrift AMA DIO E NON FALLIRE FA DEL BENE E LASSA DIRE MDCXXII. Der Brunnen, der für den Campo dei Fiori geschaffen worden war, kam erst 1922 an seinen heutigen Standort. Seine Inschrift kann nicht das Vorbild für die Halberstädter Inschrift gewesen sein. Auch im Alamode Kehrauß in der Geschichte Philanders von Sittewald von Hanns Michael Moscherosch aus dem Jahr 1650 kommt der Text in ähnlicher Weise vor. Er lautet dort: „Ama dio e non fallire fa pur bon e lassa dire.“3) Die Parallelbeispiele sind beide jünger als die Halberstädter Inschrift, aber zweifellos stammt die Inschrift in ihrer Form aus dem Zitatenschatz italienischer Sprichwörter.

Textkritischer Apparat

  1. E] Hier fehlt das diakritische Zeichen, das auf der zweiten Konjunktion mit derselben Bedeutung vorhanden ist.
  2. NO] Sic! Ein Kompendienstrich ist nicht auszumachen.

Anmerkungen

  1. BKD, S. 496.
  2. Rinne 2010, S. 101–108.
  3. Moscherosch 1650, S. 125 (Moscherosch 1665, S. 42) mit dem Zusatz: „Thue Recht / schew Niemand / Ama Dio & non fallire / Fa pour bon & lassa dire. / Lieb du von Hertzen Gott / Und weiche nicht davon; / Veracht der Narren spott / Und kehr dich nicht daran. / Under den Leuten / Ist Niemand ohn streiten.“

Nachweise

  1. Halle LDASA, Fotoarchiv, Lichtbildaufnahmen K 34 F4 (Schauer).

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 181† (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0018108.