Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 128 Liebfrauen 1553

Beschreibung

Grabplatte für Heinrich Horn;1) ehemals „mitten in der Kirche in der Gegend wo die Cantzel stehet“,2) heute an der Nordwand des Langhauses3) als fünftes Objekt von Osten auf einem 25 Zentimeter hohen Steinsockel; Sandstein, hell; das untere Drittel verwittert bzw. erodiert, Kanten bestoßen, etliche Einschlüsse, Teile der Figur teilweise zerstört; Relief, im hochrechteckigen Innenfeld, das von einem leicht gekehlten Rahmen umgeben wird, steht ein Dignitär in Birett, mit Pelztroddeln versehener Almutie, Rochett und Albe gekleidet, in der Linken einen Kelch haltend, über den er segnend die Rechte hält, in der linken unteren Ecke ein Wappen, am Rand einzeilig umlaufend der Sterbevermerk.

Maße: H. 186,5 cm, B. 137 cm, T. 25,5 cm, Bu. 8–8,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/2]

  1. Anno · d(omi)ni · 15·53a) · die · innoce(n)tumb) · Pue/ror(um)4) · uenerabilis · et · egregius · d(omi)n(u)s · henric(us)c) horn · iurium / licenciat(us) // huius · ecclesie · deca/nus · et · officialisd) · halb(e)r(stadensis) · obiit · c(uius)e) · a(nima) r(equiescat) in pacee) · amen

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1553 am Tag der Unschuldigen Knäblein4) starb der ehrwürdige und hervorragende Herr Heinrich Horn, der Rechte Lizentiat, dieser Kirche Dekan und Halberstädtischer Offizial, dessen Seele ruhe in Frieden. Amen.5)

Wappen:
Horn6)

Kommentar

Die Schrift ist mit dünner Strichstärke ausgeführt. Sie ist in ihrer Feinheit, was Bildung und Strichstärke angeht, außergewöhnlich zu nennen. Die Brechungen sind oft zu reinen Quadrangeln verkürzt, die die Schaftenden zieren. Am a stellt man einen sehr kleinen gerundeten, zum Teil auch geschwungenen linken Teil des gebrochenen oberen Bogens fest. Der Schaft des b ist an seiner Spitze gespalten. Das c zeigt einen waagerechten oberen Bogenabschnitt. Das d zeigt sich offen mit verstärktem freien oberen Bogenabschnitt. Einen kurzen gebrochenen oberen Bogen sieht man am e, der in einen kleinen geschwungenen Zierstrich übergeht. Die Buchstaben i, m und n werden sämtlich durch verkürzte zu Quadrangeln reduzierte Bögen gebildet. Ähnlich wird das r gebildet, in dem rechts neben die Quadrangel am Schaftende ein weiteres Quadrangel gesetzt wird. Aus zwei gegenläufig gebildeten gebrochenen Bögen setzt sich das s zusammen.

Heinrich Horn soll nach Haber als Sohn einfacher Eltern geboren worden sein.7) Da er in jungen Jahren, im Sommer 1513, aber schon als Dechant des Halberstädter St. Bonifatiusstiftes, in Wittenberg studieren konnte, scheint er eher zwar aus bürgerlichem, aber wohlhabendem Haus gestammt zu haben.8) 1515, als Lizentiat der geistlichen Rechte, wird er später zum Offizial und Rat des Halberstädter Administrators, Kardinal Albrecht von Brandenburg, und zum Halberstädter Weihbischof mit dem Titel eines Bischofs von Akkon ernannt. Im Jahr 1520 ist er Dekan des Liebfrauenstiftes. Daß er auch Dekan des Stiftes zum Heiligen Kreuz in Nordhausen gewesen sein soll, berichtet nur Derling,9) das würde aber Horns Stiftungen in Nordhausen erklären.10) Gerühmt werden sein Unternehmergeist, unter anderem soll er in die Kobaltgewinnung zur Herstellung von Farbstoff investiert haben,11) sein, obgleich selbst katholisch geblieben, bewiesenes Verständnis für die Reformation, das soweit ging, daß er zeitweise mit dem Reformator Tilmann Plattner zusammenwirkte und seine Freigiebigkeit, die nicht nur, aber auch seiner Heimatstadt Wernigerode zugute kam, sich aber auch auf viele Städte des weiteren Harzgebietes erstreckte. Besonders Einrichtungen für den Brandschutz im Gefolge einer 1528 stattgehabten Feuersbrunst und eine Wasserleitung in Wernigerode und anderen Städten, aber auch Stiftungen für arme heiratswillige Jungfrauen, Hospital- und Schulstiftungen samt dem Unterhalt der Lehrer sind zu nennen.

Textkritischer Apparat

  1. 1553] M D LIII Haber.
  2. innocentum] innocentium Haber, Kallenbach, Nebe, Arndt.
  3. henricus] Heinr. Haber.
  4. officialis] Sämtliche Buchstaben beschädigt.
  5. cuius–pace] Fehlt Haber.

Anmerkungen

  1. BKD, S. 351.
  2. Haber 1737, S. 18; Derling 1748, S. 53.
  3. Schon vor 1850 ist die Grabplatte bei der Restaurierung der Kirche dort aufgestellt worden, wie Kallenbach 1850, IV. Zusätze über Heinrich Horn, S. 13 zeigt.
  4. 28. Dezember. Lucanus 1848, S. 21 nimmt an, Horn sei schon 1533 gestorben.
  5. Vgl. auch die Übersetzung von Kallenbach 1850, IV. Zusätze über Heinrich Horn, S. 13.
  6. Zwei abwechselnd nach rechts und links waagerecht übereinandergelegt, mit den verschlungenen Gehängen verbundene Jagdhörner, als redendes Wappenbild.
  7. Haber 1737, S. 19; Derling 1748, S. 52; Delius 1809, S. 70 f. mit Anm. b); Nebe 1880, S. 8 mit Anm. 1; zum Folgenden auch besonders ADB Bd. 13, S. 138–140 ([Eduard] Jacobs). Siehe auch jeweils unter dem Eintrag Heinrich Horn UB Stadt Halberstadt Bd. 2, Register S. 527 f.; UB S. Bonifacii et S. Pauli, Register S. 586, 588; UB St. Johann, Register S. 603, 605; Nebe 1880, Register S. 271.
  8. So auch Kallenbach 1850, IV. Heinrich Horn, S. 7, der eine bürgerliche Herkunft Horns betont. Auch die Legate an Verwandte, Taufpaten und andere lassen eher auf eine gehobene bürgerliche Abkunft schließen; vgl. Ebeling 1877, S. 16 f. Zu Überlegungen einer Abkunft von armen Hirten führte vielleicht nur das Wappenbild; die Hörner wurden oft als Hirtenhörner verstanden. Haber betont jedoch, daß Horn „sich den Statuten gemäß durch 4. echte und untadelige Abstammungen von Vater und Mutter legitimiert habe“; Haber 1737, S. 19.
  9. Derling 1753, § 9 „... Henricus Horn, Iurium Licent. Episcopus Acconenis, ecclesiarum, vti vocant, collegiatarum S. Crucis Nordhusae et divae Mariae apud nos Decanus, episcopi officialis ...“.
  10. Kallenbach 1850, IV. Heinrich Horn S. 8, und IV. Zusätze über Heinrich Horn, S. 7, h. und l., S. 16.
  11. So schon Haber 1737, S. 19; Derling 1748, S. 53; Kallenbach 1850, S. 9; ADB Bd. 13, S. 139 ([Eduard] Jacobs).

Nachweise

  1. Haber 1737, S. 18.
  2. Kallenbach 1850, IV. Zusätze über Heinrich Horn, S. 12.
  3. Nebe 1880, S. 8 Anm. 1.
  4. Arndt 1898, S. 8.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 128 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0012801.