Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 74 Liebfrauen 1511

Beschreibung

Statue des Apostels Andreas;1) an der Westwand des nördlichen Seitenschiffes in ca. 210 cm Höhe; Sandstein, farbig gefaßt, die Farbfassung beschädigt oder vergangen, sonst gut erhalten; der Heilige mit langem Haar und Vollbart in ein rotes Gewand und einen blauen Mantel gekleidet, in der Rechten ein Buch haltend, sich mit der Linken auf einen Ast oder Baumstamm stützend; an der Plinthe am oberen Ende der sich in drei Stufen nach oben hin verbreiternden sechseckigen Konsole rot eingefärbt die Datumsangabe (A), darunter das Wappen. Darin über der Wappenfigur und am unteren Ende auf einer Art Kartusche oder gestummelten Ast die Initialen (B); beide Inschriften einzeilig eingehauen.

Maße: H. ca. 175 cm, B. ca. 55 cm, T. ca. 40 cm, Bu. 3,5–4,5 cm (A, B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), gotische Minuskel, frühhumanistische Kapitalis (B).

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/4]

  1. A

    · 1 · 5 · 1 · 1 : 17 // dece(m)brisa)

  2. B

    hl // HL

Übersetzung:

Den 17. Dezember 1511.

Wappen:
unbekannt2)

Kommentar

Die Schaftenden der Buchstaben sind verbreitert. Die 5 ist rechtsgewendet. Die 7 ist recht kurz, ihre Enden verbreitert. Die Schaftenden der Buchstaben sind teilweise zu Quadrangeln reduziert. Das b wirkt langgestreckt, seine Schaftenden sind gespalten. Der obere Bogen des e ist von den übrigen Buchstabenteilen losgelöst, der Balken ist leicht abwärts geschwungen. Als i-Punkte und Worttrenner verwendete man Quadrangel. Die Quadrangel an den Schaftenden der gotischen Minuskelbuchstaben in Inschrift B sind sehr spitz ausgezogen. Die Schaftenden selbst sind stark verbreitert und nach innen eingekerbt. Der Balken des H der Frühhumanistischen Kapitalis zeigt einen Bügel nach unten. Die Verbindung zwischen Schaft und Balken des L ist sehr spitz. Vom Balkenende führt ein dünner geschwungener Zierstrich nach links und kreuzt den Schaft.

Wen das Wappen bezeichnet, weiß man nicht. Es könnte sowohl ein Stifter als auch ein Handwerker bzw. Künstler damit angezeigt sein. Siehe zum Umkreis der Werkstatt auch Nr. 69, 75, 76, 77, 78.

Textkritischer Apparat

  1. decembris] Wohl so zu lesen, da der i-Punkt gleichzeitig den Bogen des r bildet, der mit dem Bogen des b ligiert ist.

Anmerkungen

  1. Für Doering handelte es sich um Johannes den Täufer, Kobler meint, es habe der Apostel Andreas in dieser Skulptur Gestalt angenommen; BKD, S. 349; Dehio Sachsen-Anhalt I, S. 332. Die Attribute, ein Andreaskreuz neben der Linken und das Buch in der Rechten, weisen eindeutig auf den Apostel hin.
  2. Ein Herz, dahinter schwebend zwei gekreuzte Schlüssel, in deren oberem Winkel die verschränkten Initialen hl aus Baumästen, aus deren oberstem nach rechts ein Blütenzweig hervorwächst, darunter ein beidseitig zweimal gestumpfter Ast mit den Initialen HL.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 74 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0007408.