Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 52 Städtisches Museum 1486, 1667

Beschreibung

Glocke, Inv.-Nr. C1/143; Bronze; die Krone mit ehemals sechs Öhren von rundem Durchschnitt abgebrochen, dazwischen Grate auf abgesetzter Kronenplatte, die Haube knapp unter dem Absatz der Kronenplatte zweifach durchbohrt, Durchmesser der kreisrunden Bohrungen 2,1 cm; Haube steil abfallend, an der Schulter zwischen zwei Stegen im Abstand von 4,1 cm, der obere rund, der untere spitz, erhaben ausgeführt umlaufend das Gußjahr (A). Über dem oberen Steg eingeritzt umlaufend eine Gießerinschrift (B). Am Wolm ein Steg. Die Glocke ist noch an einem hölzernen Joch befestigt.

Maße: H. 34,5 cm, D. 35,5 cm, Bu. 3,4–3,7 cm (A).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Kapitalis (B).

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Wolfgang Huschner) [1/2]

  1. A

    nanoa) : d(o)mini · m · cccc · lxxxvi

  2. B

    Mb) HEINRCHc) · SCHVETZE · 16·67

Übersetzung:

A: Im Jahre des Herrn 1486.

Kommentar

Die Schriftformen wirken etwas klobig. Der zum Schaft aufgelöste linke Bogen des a der gotischen Minuskel wirkt wie abgeschnitten. Ein n vor dem Wort anno kopfstehend, dafür fehlt ein n im Wort. Der Bogen des d wird am unteren Ende nicht umgebrochen, sondern verläuft rund. Der i-Punkt ist immer ausgeführt. Sämtliche Hasten des m sind am oberen Ende umgebrochen, am unteren abgeknickt. Das obere Ende der linken Haste des v wird mit einem Quadrangel abgeschlossen, das untere nach rechts umgebrochen. Der linke Schaft des x wird an seinem oberen Ende nach links umgebrochen, unten nach rechts und oben umgeknickt. Der rechte Schaft ist zu einer Fahne und einem ausgezogenen Strich reduziert. Die Kapitalis in Inschrift B weist Serifen an Schaft-, Balken- und Bogenenden auf. Die Buchstaben sind aus einfachen geraden Strichen zusammengesetzt. Das H ist sehr breit proportioniert. M zeigt gerade Seitenhasten und einen verkürzten Mittelteil. Der Bogen des R hat an seinem unteren Ende keine Schaftberührung. Die Cauda des Buchstabens ist gerade ausgeführt. Als Worttrenner wurden Quadrangel benutzt.

Zugangsakten zu dem Stück existieren im Städtischen Museum Halberstadt nicht. Es handelt sich nach dem Augenschein um die Glocke, die, nach der Bezeichnung einer Photographie von Dombaumeister Walter Bolze im Lichtbildarchiv des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Halle, aus dem Andreaskloster stammt.1) Nach den beigefügten Anmerkungen soll sie von „vermutl. um 1490“ stammen. Die Aufzeichnung der römischen Zahlziffern ist ungenau, stimmt aber in etwa mit der Jahreszahl auf der Glocke im Städtischen Museum überein. Sie hat keine Krone und weist eine Durchbohrung auf. Glocken ohne Krone, deren Hauben durchbohrt und die mit Eisenstäben befestigt sind, gibt es in Halberstädter Kirchen mehrfach.2) Eine solche Glocke ist nach den Forschungen von Nebe und Hartmann, von den bisher genannten Nr. 99 † und einer Glocke aus dem 19. Jahrhundert abgesehen, die beide im Dachreiter hingen, nicht bekannt.3) Meister Heinrich Schuetze, der vermutliche Gießer, der im Jahr 1667 möglicherweise Restaurierungsarbeiten an der Glocke vorgenommen hatte, konnte nicht nachgewiesen werden.

Textkritischer Apparat

  1. nano] Sic! Statt anno.
  2. M] Für MAGISTER oder MEISTER.
  3. HEINRCH] Sic! Statt HEINRICH.

Anmerkungen

  1. Halle LDASA, Lichtbildachiv, ohne Inventarnummer.
  2. Nebe 1876, S. 289 Nr. 13, S. 291 Nr. 5 und S. 294 Nr. 7.
  3. Ebd., S. 294 f.; Glocken der Heimat 1996, S. 13, 23.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 52 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0005202.