Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 49 St. Moritz (1481)

Beschreibung

Grabplatte für Bonifacius Mumme; an der Nordwand des nördlichen Seitenschiffs auf 11 cm hohem Steinsockel; Sandstein, hell; die Platte ist gebrochen und wieder zusammengesetzt, die linke obere Ecke ist weiträumig abgeplatzt, ebenso die rechte und Teile der unteren Schriftleiste, Schriftverlust; im durch eingehauene Linien abgegrenzten Binnenfeld steht unter einer auf Säulen ruhenden, kielbogigen Rankenarkade, die von einer Kreuzblume gekrönt wird, ein Geistlicher mit einem länglichen, oben schmal zulaufenden Birett, Amikt, Almutie, Kasel, Tunica und einer gekreuzten Stola bekleidet, an der Linken, mit der er den Kelch hält, den er mit der Rechten segnet, ist der Manipel befestigt; zwischen eingehauenen Linien am Rand einzeilig umlaufend der eingehauene Sterbevermerk.

Maße: H. 188 cm, B. 108,7 cm, T. 20,5 cm, Bu 7,5–8cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/2]

  1. [- - - m] // cccclxx[xi]a) / [...] xxiijb) mensys may obyt · venera[bilis]c) / [...]d) bonifaciuse) mum(m)e / hui(us) eccl(es)ief) decan(u)s cui(us) a(n)i(m)ag) req(ui)escath) [- - -]

Übersetzung:

[Im Jahre des Herrn 1]4[81] am 23. des Monats Mai starb der ehrwürdige [Herr oder Mann] Bonifacius Mumme, Dekan dieser Kirche. Seine Seele ruhe [in Frieden].

Kommentar

Die Schrift wurde nicht sehr gut ausgeführt und ist unsicher gehauen. Sie läßt ein Gefühl für Proportionen vermissen. Die Buchstaben sind sehr langgestreckt, haben aber kaum Oberlängen, die Brechungen der Rundungen sind verhältnismäßig flach. Die Schaftenden, vor allem von i, m, n, sind immer wieder zu Quadrangeln reduziert. Der obere Bogen des a beginnt mit einem geschwungenen Anstrich. Der Buchstabe ist breit proportioniert, der Bogen aufgelöst, die Schaftenden, zu Quadrangeln reduziert. Der Bogen des b ist nicht geschlossen. Der obere Bogenabschnitt des c wird nach der Brechung nur kurz weitergeführt. Der Schaft des d ist abgeknickt und ragt nur knapp über den Buchstabenkörper hinaus, der nicht geschlossen ist. Der untere Bogenabschnitt des e wird lang und schmal abgeschlossen. Die linke Bogenseite des o ist leicht konkav verdreht. Die Fahne des r bildet ein angesetztes Quadrangel, das nach unten ausgezogen ist. Einen starken oberen, haarstrichbreiten und geschwungenen Sporn hat das s. Der Balken des t ist verhältnismäßig lang und wird am rechten Ende durch einen nach unten gezogenen Schlußstrich abgeschlossen. Unten spitz geschlossen wird das v. Die rechte Haste des y wird nur knapp nach links unter die Grundlinie verlängert. Es handelt sich wohl nicht um die Kombination aus i und i-longa, wie aus der Schreibung mensys hervorgeht, wo eine solche Kombination sinnlos wäre.

Bonifacius Mumme, aus Aschersleben gebürtig, hatte seit 1442 in Erfurt beide Rechte studiert und mit dem Baccalaureat abgeschlossen.1) Er hatte sich schon 1455 an der Kurie um ein Kanonikat im Stift St. Bonifatius bemüht, das mit der Pfarre St. Moritz verbunden war, und als Halberstädter Kleriker im Jahr 1457 um ein Vikariat in St. Sebastian in Magdeburg.2) Seit 1458 war er bis zu seinem Tod am 23. Mai 1481 Dekan des Bonifatiusstiftes gewesen.3)

Textkritischer Apparat

  1. [- - -m] cccclxxxi] Wohl vor dem Datum zu ergänzen Anno d(omi)ni.
  2. xxiij] Das Tagesdatum ist nur durch die Kombination aus den noch vorhandenen unteren Hastenenden und dem bekannten Todesdatum zu erschließen; vgl. Schmidt 1873, S. 434.
  3. venerabilis] Der vierte und fünfte erhaltene Buchstabe beschädigt.
  4. [...] Vermutlich d(omi)n(u)s oder vir. Aufgrund des vorangehenden Attributs ist jedoch eher das erstere anzunehmen.
  5. bonifacius] Die ersten drei und die letzten Buchstaben beschädigt.
  6. ecclesie] Das Kürzungszeichen fehlt.
  7. anima] Die Buchstaben beschädigt, Kürzungszeichen nicht erkennbar.
  8. requiescat] Der letzte Buchstabe beschädigt. Danach ist wohl zu ergänzen: in pace oder ähnlich.

Anmerkungen

  1. Gramsch 2003, S. 160 und CD-ROM (Gramsch-Personenkatalog) Nr. 422 auch zum Folgenden.
  2. RG VII, Nr. 281; RG VIII, Nr. 527.
  3. UB S. Bonifacii et S. Pauli, Nr. 266 S. 171 f., Nr. 274 S. 176, Nr. 277 S. 177, Nr. 285 S. 179, Nr. 306 S. 184, Nr. 308 S. 184 f., Nr. 311 S. 185, Nr. 314 S. 186; Nr. XXVI S. 263; UB St. Johann, Nr. 394 S. 376; UB Stadt Halberstadt Bd. 2, Nr. 1072 S. 318 f.; RG IX, Nr. 3477; Schmidt 1873, S. 407 Nr. 23.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 49 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0004902.