Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 45† Holzmarkt 24, Ratskeller † 1461

Beschreibung

Fachwerkhaus; ehemals „das älteste datierte Fachwerkgebäude“1) der Stadt, Vorderfront von elf, Seitenfront von neun Gefachen, die mit Maßwerkblenden, vielfältigem Blatt- und Rankenwerk sowie anthropo- und zoomorphem figürlichen Schmuck reich verziert waren;2) am Schwellbalken im „ersten linken Felde über dem Erdgeschoß der Vorderfront“3) befand sich die schon 1864 angeblich nur „mit Mühe zu lesende“4) erhaben ausgeführte zweizeilige Datumsangabe als Bauinschrift.

Text nach LDASA Fotoarchiv.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.5)

LDASA Halle (Repro) [1/1]

  1. anno · domini · ma) · cccc / · lxib) in diec) · doratheed) 6) ·

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1461 am Tag der [heiligen] Dorothea.6)

Wappen:
Stadt Halberstadt7)unbekannt8)unbekannt9)

Kommentar

Als Worttrenner fungierten „kleine vierblättrige Röschen oder ... Punkte“.10)

Nach Doering handelt es sich bei dem Datum um dasjenige der Vollendung, nicht der Grundsteinlegung des Gebäudes, wie er aus den erst am fertigen Bau ausgeführten Schnitzereien schließt.11) Die Vermutung, es habe sich bei dem Gebäude um das „städtische Spielhaus (theatrum)“ gehandelt, die Doering aufgrund des Figurenschmucks der Fassade geäußert hatte – man sah Dudelsackpfeifer, Geiger, Handharfenund Streichzitherspieler sowie ein Tanzpaar und Menschen die Gefäße hielten –, griff Schmidt wieder auf.12) Besonders interessant ist die motivische Nähe einer fast vollplastischen Herrscherskulptur an der Hausecke direkt unterhalb des Inschriftenfeldes mit der Figur des Kaisers Karl des Großen unterhalb der Südempore des Halberstädter Doms, die um die Zeit der Fertigstellung der Empore entstand, auf der sich 1475 der Karlsaltar befand.13) An einer anderen Hausecke war zwischen weiteren Repräsentanten der Bürgerschaft der Wappenträger mit dem Halberstädter Stadtwappen angebracht.14)

Textkritischer Apparat

  1. m] Es folgt gegen BKD ein Worttrenner in der Zeilenmitte.
  2. m · cccc · lxi] 1461 Schmidt.
  3. die] Es folgt gegen BKD ein Worttrenner in der Zeilenmitte.
  4. dorathee] Sic! dorothee UB Stadt Halberstadt.

Anmerkungen

  1. BKD, S. 466.
  2. Vgl. die Beschreibung und die Zeichnungen bei Wege 1913, S. 16–23 und Abb. 25–33 und BKD, S. 466.
  3. Wege 1913, S. 16.
  4. Scheffer 1864, S. 7; siehe dagegen das Lichtbild von „vor 1939“.
  5. Nach Lichtbild der Sächsischen Landesbibliothek SLUB Dresden aus dem Nachlaß Oskar Kaubisch.
  6. 6. Februar.
  7. Von Silber und Rot gespalten und mit einem schwarzen Mauerhaken belegt. Das Wappen wird von einem Wappenträger gehalten; vgl. Siebmacher St, S. 144 mit Taf. 175; Blaschke 1979, S. 267.
  8. Quadriert, 1. und 4. gespalten (Stift Halberstadt?), 2. und 3. viermal geteilt (Hoym?).
  9. Quadriert; Tinkturen nicht erkennbar.
  10. BKD, S. 466. Eigentlich handelt es sich nur um ein Quadrangel hinter dem m der Datierung.
  11. Ebd.
  12. BKD, S. 466 Anm. 1; Schmidt 1958 a, S. 411–413.
  13. Findeisen 1996, S. 53 mit Abb.
  14. Siehe Anm. 7.

Nachweise

  1. Scheffer 1864, S. 7.
  2. UB Stadt Halberstadt Bd. 2, Nr. 1001 S. 274.
  3. BKD, S. 466.
  4. Arndt 1910 a, S. 90.
  5. Meßbild 1912, H. 412 1766, 4.
  6. Halle LDASA, Fotoarchiv Neg. Nr. 3625.
  7. Wege 1913, S. 16.
  8. Lichtbild MBI Neg. Nr. FD 88 339 Aufnahme Kaubisch vor 1939.
  9. Stöwesand 1940 a, S. 5.
  10. Schmidt 1958 a, S. 411.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 45† (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0004507.