Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 41 Wassertor 1448

Beschreibung

Türsturz; über dem Portal des Wassertorturms; Sandstein, hell; in drei Teile (I, II, III) zerbrochen und wieder zusammengeputzt, sehr verwittert, überarbeitet, Schriftverlust; unter einem oben und an der rechten Seite vorkragenden Wasserschlag mit Kehle und Rundstabprofil in flach gerahmten Inschriftenfeld einzeilig eingehauen das Baudatum.

Maße: H. 43 cm, B. 67 cm (I), 73 cm (II), 87 cm (III), T. > 36 cm, Bu. 7,5–8,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/2]

  1. an(n)o · d(omi)ni mccccxlviiia) · fe(r)iab) sextac) p(ost) festu(m)d) corp(oris)e) (christi)f) 1)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1448 am sechsten Wochentag (Freitag) nach dem Fest Fronleichnam.1)

Kommentar

Die Schäfte sind umgebrochen, ihre Enden weisen Verbreiterungen auf. Die Bögen sind durch Brechung aufgelöst, die Schäfte verbreitert. Die Brechung ist jedoch nicht konsequent durchgeführt. In der doppelstöckigen Form kommt das a vor. Der linke Bogen ist zum Schaft aufgelöst. Der linke Teil des oberen Bogens beginnt geschwungen und ist rund. Die aufgelösten Bestandteile des Bogens des c sind nicht miteinander verbunden. Einfach umgebrochen ist das d. Kaum vom c zu unterscheiden ist das e. Die Fahne des f ist abgesetzt und ziemlich lang. Der Balken ist ebensolang wie die Fahne. Gegenläufig asymmetrisch gebrochen ist das o. Es besteht keine Verbindung zwischen den oberen Enden von Schaft und Bogen des p. An das obere Hastenende des s ist eine kurze Fahne angesetzt. Der Balken des t kreuzt das obere Schaftende und ähnelt demjenigen des x. Die linke Haste des v ist gebrochen, die rechte verläuft gerade. Die linke ist am unteren Ende nach rechts, die rechte nur ein wenig nach links gebrochen. Aus einer an beiden Enden gebrochenen Haste und einem diese kreuzenden langen Balken besteht das x. Als Worttrenner dienen Quadrangel und gegenläufig ausgezogene Quadrangel.

Der Turm des Wassertors war Teil der Stadtbefestigung.2) Scheffer gibt den Text nach einer früheren handschriftlichen Überlieferung Anno Domini millesimo quadringentesimo tertio feria sexta post festum corporis Christi wieder.3) Seine Quelle hat er leider nicht näher bezeichnet. Sie ist somit nicht zu ermitteln. Seine eigene Abschrift des Textes unterscheidet sich von der kopialen Überlieferung und ist ebenfalls nicht korrekt.4) Die nachfolgenden Autoren geben bis auf den heutigen Tag die Inschrift falsch wieder.5) Zu Recht nannte Schmidt im Urkundenbuch der Stadt Halberstadt die Lesung „xliiij ... zweifelhaft, aber wahrscheinlicher als das bisher gelesene xliij“.6) Die exakte Lesung bezieht sich auf den Freitag nach dem Fronleichnamstag des Jahres 1448, den Tag nach dem Fest. Er fiel in jenem Jahr auf den 24. Mai. Doering sah in der Inschrift auf das erste Wort folgend noch ein Steinmetzzeichen, das heute nicht mehr sichtbar ist.7) Ob das Datum die Fertigstellung des Turmes oder die Ausführung von Reparaturen angibt, läßt sich nicht mehr sagen. Ebensowenig ob, wie es in zeitgenössischen Berichten stehen soll, der Anführer der Halberstädter Schicht, Matthias Hadeber, genannt der Lange Matz, dort eingekerkert wurde.8)

Textkritischer Apparat

  1. mccccxlviii] Der fünfte und der sechste Buchstabe beschädigt; m cccc Scheffer; m.cccc.xliiij UB Stadt Halberstadt; M CCCC X L IIII (oder X L III?) BKD; MCCCCXLIII (oder IIII), Arndt, MCCCCXLIII Kunze.
  2. feria] Kürzungszeichen fehlt; Flintena Scheffer; f(e)ria BKD.
  3. sexta] Der letzte Buchstabe beschädigt.
  4. festum] Der letzte Buchstabe beschädigt.
  5. corporis] Kürzungszeichen fehlt; corpus UB Stadt Halberstadt.
  6. christi] Befund: xpi.

Anmerkungen

  1. 24. Mai 1448, der Tag nach Fronleichnam.
  2. Zur Errichtung der Stadtbefestigung vgl. BKD, S. 210–214, bes. S. 211; Arndt 1910 a, S. 11–18, bes. S. 17; zum Mauerbau vom 12. bis ins 14. Jahrhundert siehe Militzer/Przybilla 1980, S. 52–65.
  3. Scheffer 1864, S. 6, die Edition im Anhang in der Abzeichnung Nr. 9.
  4. Scheffer 1864, Anhang mit Abzeichnung Nr. 9.
  5. UB Stadt Halberstadt Bd. 2, Nr. 947 S. 233; Zschiesche 1895, S. 109; BKD, S. 211; Arndt 1910 a, S. 90; Kunze 2001, S. 33.
  6. UB Stadt Halberstadt Bd. 2, Nr. 947 S. 233.
  7. BKD, S. 211. Siehe Taf. 62 Nr. 2.
  8. Scheffer 1864, S. 6; Zschiesche 1895, S. 109; Arndt 1910 a, S. 90; Boettcher 1913, S. 287, der neben ebenfalls unkorrekten Jahresangaben auch noch andere Gründe für die Unmöglichkeit dieses Aufenthalts nennt; Kunze 2001, S. 33; siehe auch Nr. 36.

Nachweise

  1. Scheffer 1864, S. 6 und Abzeichnung Nr. 9.
  2. UB Stadt Halberstadt Bd. 2, Nr. 947.
  3. BKD, S. 211.
  4. Arndt 1910 a, S. 90.
  5. Kunze 2001, S. 33.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 41 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0004109.