Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 22(†) Rathaus (†)/Städtisches Museum 1398?

Beschreibung

Portal, „über der Gruppe der Hilariusmänner über dem gotischen Portal im östlichen Giebel“1) ehemals die Jahreszahl (A) „auf dem Schlußstein des Portals“2) mit dem Stadtwappen und den sog. Hilariusmännern. Ein Abguß im Städtischen Museum, ohne Inventarnummer, zeigt in der Mitte unter einem mit Maß- und Laubwerk verzierten Wasserschlag als Wappenhalter zwei Engel – auf ihren Häuptern Rosenschapel – mit dem Halberstädter Stadtwappen, zu beiden Seiten die sog. Hilariusmänner, links ein Fanfarenbläser,3) von seinem Instrument hängt ein Banner, wiederum mit dem Stadtwappen, ein Dudelsackpfeifer und eine weitere Person mit einem krüselerartigen Haarschopf, die dem größer dargestellten Fanfarenbläser offensichtlich entweder seine Tätigkeit wehren will oder ihn geradezu dazu auffordert, die beiden rechts dargestellten bärtigen Männer sind jeweils in Lentner gekleidet und tragen hohe Kopfbedeckungen, sämtliche Dargestellten in Kleidung des späten 14. Jahrhunderts, über der linken der beiden Figuren rechts eingehauen war der männliche Vorname (B).

Text nach Arndt und dem Abguß.

Maße: H. 60 cm, B. 145 cm, Bu. –.

Schriftart(en): Gotische Minuskel (B).

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Wolfgang Huschner) [1/1]

  1. A

    (a)oa) XCVIII

  2. B

    ortwin

Übersetzung:

Im Jahre [13]98.

Wappen:
Stadt Halberstadt4)

Kommentar

Arndt schreibt dazu lakonisch: „Diese Jahreszahl (1398) über der Gruppe der Hilariusmänner über dem gotischen Portal am östlichen Giebel des Rathauses bezeichnet die Vollendung des gotischen Baus“.5) Es mag sein, daß das Relief die Zeremonie ins Bild setzt, mit der am Hilariustag jeden Jahres die Ratsherren des jeweils neuen Rates eingeholt wurden.6) Gudrun Wittek nimmt in einem Beitrag zum „Halberstädter Hilariusmahl und Kerstranke“ an, daß der Brauch des Mahls zu „gemeinem Nutzen“ am Abend der Ratswahl 1494 und wohl zumindest schon seit der Halberstädter Schicht 1423 gepflegt wurde.7) Wegen der Entstehungszeit des Reliefs, die für das Ende des 14. Jahrhunderts angenommen wird,8) und des räumlichen Zusammenhangs der Inschriftenträger,9) läßt sich mit der gebotenen Vorsicht schließen, daß beide zusammengehörten. Am Tag der Wahl wurden die frisch gewählten Ratsmitglieder, denen ein Ratsdiener zumindest 1568 die Laterne voraustrug, nach der Abholung von ihren Wohnstätten feierlich zum Festmahl ins Rathaus geleitet.10) Umzug oder Empfang am Rathaus könnte das Relief zeigen. Siehe zur Hilariuslaterne Nr. 147.

Der Vorname Ortwin, der in etwa „Schwertfreund“ bedeutet, ließ sich nicht in einen Bezug zu der Darstellung bringen.

Textkritischer Apparat

  1. (a)o] Sic! wohl für [a(nn)]o.

Anmerkungen

  1. BKD, S. 453; Arndt 1910 a, S. 89.
  2. Katalog Halberstadt 2004, Nr. IV. 17 S. 257 (A[dolf] S[iebrecht]).
  3. Es scheint sich nicht um ein sog. Rufhorn oder Kuhhorn, wie BKD, S. 453 suggeriert, zu handeln.
  4. Geteilt, mit einem Mauerhaken belegt; vgl. Siebmacher St, S. 144 mit Taf. 175; Blaschke 1979, S. 267.
  5. Arndt 1910 a, S. 89. So auch als Frage formuliert Katalog Halberstadt 2004, Nr. IV. 17 S. 257 (A[dolf] S[iebrecht]). Zum Zeitpunkt siehe auch Boettcher 1913, S. 240.
  6. Siehe zum Termin Boettcher 1913, S. 289.
  7. Zum Hilariusmahl siehe Wittek 2004, passim.
  8. BKD, S. 453; Katalog Halberstadt 2004, Nr. IV. 17 S. 257 (A[dolf] S[iebrecht]).
  9. Arndt 1910 a, S. 89.
  10. Wittek 2004, S. 106–110.

Nachweise

  1. Arndt 1910 a, S. 89 (A).
  2. Halberstadt, Städtisches Museum, Abguß, ohne Inv.-Nr.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 22(†) (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0002204.