Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 290 St. Johannes 1647

Beschreibung

Balken der Dachkonstruktion, an der nördlichen Chorschräge; Holz, farbig gefaßt, restauriert; auf dem mehrfach profilierten Balken in zeilenhoch eingetieftem, an den Seiten abgerundeten Inschriftenfeld die Meistersignatur.

Maße: H. ca. 20 cm, B. ca. 400 cm, Bu. ca. 7 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Karina Viehmann) [1/2]

  1. Ma) · HANS · HEINRICH · WILKE · HAT · DIESE · DECKE · GEMACHT · 16 · 47b) ·

Kommentar

Die Schrift ist leicht rechtsgeneigt. Serifen zeigen sich fast nur an den Balkenenden des E. Die Schaft- und manche Bogenenden sind leicht verdickt. Als auffälligster Buchstabe kann das A bezeichnet werden. Die rechte Haste ist geschwungen und unten nach rechts umgebogen. Der Mittelbalken kreuzt den rechten Schaft. Der obere Bogenabschnitt ist weiter nach rechts gezogen als der untere. Der Schaft des D ist in den Bogen eingestellt. Der obere Bogenabschnitt des G verläuft waagerecht, die Cauda ist auf das untere Bogenende gestellt. Der Balken des H zeigt eine Ausbuchtung nach unten. Der obere Schrägschaft des K steht im Abstand zum Schaft und ist leicht gebogen, der untere verläuft leicht geschwungen. Die seitlichen Hasten des M stehen fast gerade, der Mittelteil ist verkürzt. Klein ist der Bogen des R, die Cauda leicht geschwungen. Sehr leicht ist der Schwung des S, der Buchstabe wirkt dadurch gestreckt. W besteht aus zwei verschränkten V. Als Worttrenner benutzte man Quadrangel. Die Ziffern 1 und 6 sind beide geschwungen, die 4 und die 7 dagegen verlaufen gerade.

Die Decke und die von demselben Zimmermeister gestiftete Tür (vgl. Nr. 292) sowie die Glasfenster (Nr. 291) der Kirche bildeten wohl die letzten eingebrachten Bauteile des Gebäudes.1) Die Kirche wurde unter der Aufsicht des Baumeisters Christoph Mallin und des Kirchvaters Andreas Schmid seit 1640 geplant und finanziert.2) Beiträge und Spenden etlicher bekannter Zeitgenossen, darunter Königin Christina von Schweden, wurden eingesammelt. 1645 wurde das Bauholz von Elbingerode herangebracht. An der Stelle, wo sich das Mahrenholtzsche Gut befunden hatte, das bis in dieses Jahr dem Halberstädter Domkapitel gehört hatte, fand am 29. Juni des Jahres 1646 um 8 Uhr morgens die Grundsteinlegung statt. Der Zimmermeister Wolf Götz aus Quedlinburg erbaute für 5.000 Taler das Gebäude in eineinhalb Jahren (vgl. Nr. 298). Die Ausstattung stammte zum überwiegenden Teil aus der Andreaskirche. Festlich eingeweiht wurde die Kirche am 9. März 1648. Der Zimmermeister, der auch die Eingangstür der Kirche (vgl. Nr. 292) gestiftet hatte, findet sonst nirgends Erwähnung.

Textkritischer Apparat

  1. M] Zu ergänzen zu MEISTER oder ähnlich bzw. MAGISTER.
  2. 1647] Auf den Worttrenner folgt das Meisterzeichen bestehend aus Zimmermesser, Winkel und Spatel.

Anmerkungen

  1. Ladovius 1648, S. 186.
  2. Siehe dazu und zum Folgenden Derling 1748, S. 68–73; Rätzell 1848, S. 14 f.; zur Einweihung auch Ladovius 1648, S. 185–190.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 290 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0029005.