Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)
Nr. 256 Wehrstedt, ev. Pfarrkirche St. Laurentius 1620
Beschreibung
Epitaph für Christoff Sehliger; Pfarrkirche St. Laurentius, ehemals unter dem Treppenpodest in der Vorhalle, heute ein Nebenraum mit Aufgang zum Turm; Sandstein, hell; beschädigt, das untere Fünftel fehlt, teilweise Schriftverlust;1) Relief, hochrechteckig, im Binnenfeld in einer Bogennische stehend, der Verstorbene in spanischer Tracht mit Spitzbart, in Kniehosen und eine Halskrause gekleidet, den Mantel über die Schultern gelegt, dem Nischenbogen folgend, fortgesetzt an den Zwickeln darüber und in zwei Zeilen auf dem linken Rand der Sterbevermerk (A), am Rand oben und rechts jeweils zweizeilig die Bibelstelle (B).
Ergänzungen nach Schröter-Halberstadt.
Maße: H. 144,5 cm, B. 102 cm, T. 22,5 cm, Bu. 3 cm (A), 4 cm (B).
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
CHRISTOFFa) SEHLIGERb) ANOc) 1620 30 MARTY // AETATIS // SVAE 29 / [ER IS]T · MIT · EINEM · STRICK · GEFANGEN · WERDENd) · / [- - -]IZ[.] ICH · VBERFALLEN MIT 16 KVGELN ERSCHOSSEN
- B
ECCLES[IASTES] : IX :e) DER MENSCH WEIS / [S]EINE ZEIT NICHT SONDERN WIE DIE [FISCHf) GEFANGEN WERDEN MIT EINEM SCHEDLICHEN HAMEN VND WIE DIE VOGEL MIT EIM STRICK GEFANGEN WERDEN]f) // SO WERDEN AVCH · DIE · MENS/CHEN BERVCKT · ZVR BOSEN ZEIT W[ENN SIE PLOTZLICH VBER SIE FELLT]2)
Textkritischer Apparat
- CHRISTOFF] Christoph Schröter-Halberstadt.
- SEHLIGER] Seeliger Schröter-Halberstadt.
- ANO] Sic! Kürzungszeichen fehlt.
- WERDEN] Sic!
- ECCLESIASTES: IX:] Fehlt Schröter-Halberstadt.
- FISCH–WERDEN] Hier wird der von Schröter-Halberstadt überlieferte Text wegen der Abweichungen im Rest der Inschrift gegenüber der Verwendung im erhaltenen Teil der Inschrift hinsichtlich der Vokale wie der Wortstellung nach Luther Heilige Schrifft Deudsch wiedergegeben.
Anmerkungen
- Die Beschädigung des unteren Teils scheint, wenn man nach dem bei Schröter-Halberstadt, S. 66 urteilt, schon im Jahr 1938 bestanden zu haben. Allerdings ist das Bild wegen schlechter Qualität nicht zweifelsfrei zu beurteilen.
- Pr 9,12; vgl. auch Luther Heilige Schrifft Deudsch, S. 1148.
- Schröter-Halberstadt 1938, S. 66.
- Ebd., S. 65 f.
Nachweise
- Schröter-Halberstadt 1938, S. 65 f.
Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 256 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0025600.
Kommentar
Die Schrift wird von starken Serifen geprägt. Als Punkte und Worttrenner wurden Quadrangel benutzt. A zeigt eine Linksschrägenverstärkung. Der obere Bogen des B ist größer als der untere. D zeigt Sporen am Übergang von Schaft zu Bogen. E weist einen kurzen Mittelbalken auf. G ist mit kräftigen Serifen versehen. Die Schräghasten des K sind gegenläufig und beide stark gebogen. M hat einen verkürzten Mittelteil. W ist aus zwei verschränkten V konstruiert, Z ohne Mittelstrich. Auf dem Mantelumschlag Kritzelinschriften aus den Jahren 1745 und 1841. Werkstatt der Halberstädter Grabplatten H11 mit Wappentafel Nr. 240.
Nach der Auskunft von Wilhelm Schröter in seinem Artikel über die „Inschriftensammlung von Wehrstedt“ handelte es sich bei der Bibelstelle um die zentrale Stelle der Leichpredigt „die ihm der zeitige Ortspfarrer David Butensich (in Wehrstedt von 1616–1626)“ gehalten habe.3) Der Ermordete soll auf der Flucht auf der Wehrstedter Flur eingeholt und getötet worden sein.4) Weder weiß man heute, wer Christoff Sehliger verfolgt hat noch warum er gejagt wurde. Der Name findet sich in den Halberstädter Quellen der Zeit nicht.