Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)
Nr. 232 St. Martini 1610
Beschreibung
Fünf Fragmente (I–V) des Epitaphs für Helene Gocke; im Jahr 1998 vor der Westfassade aufgefunden, heute in einem Steinmetzbetrieb aufbewahrt, Fundsituation nicht dokumentiert; Sandstein; Relief, auf den Bruchstücken des unteren Teils der rechten Langseite (IV) und des Mittelteils der unteren Schmalseite (V) sind Reste der Abbildungen des rechten unteren Saumes eines gefältelten Mantels, eines Totenschädels und von Knochen zu erkennen, darunter folgen unter einem profilierten Gesims die von Ohrmuschelwerk flankierten Überreste der Inschriftenplatte mit der zeilenweise zentriert eingehauenen Gedenkinschrift kombiniert mit der Stifterinschrift (A); am rechten Rand von IV, am unteren von V sowie am Rand der linken (I) und der rechten (II) oberen Ecke des Epitaphs, die zusammen mit dem oberen Teil der Darstellung einer Frau in Haube, Halskrause und gefälteltem Mantel (III), den oberen rechten Teil des Epitaphs bildeten, als Reste des ehemals einzeilig umlaufenden erhaben ausgeführten Leichtextes das Bibelwort (B). Die Fragmente I und II zeigen außerdem zwei beschädigte Wappen, ehemals in den beiden oberen Zwickeln der Platte, auf der Rahmung darüber einzeilig eingehauen die Wappenbeischriften (C).
Maße: H. 49,1 cm (I), 60,2 cm (II), 96,5 cm (III), 120 cm (IV), 30 cm (V), B. 35,5 cm (I), 56,5 cm (II), 52,5 cm (III), 86,8 cm (IV), 19,2 cm (V), T. 12,3 cm (I), 12 cm (II), 11,1 cm (III), 12,1 cm (IV), 8,6 cm (V), Bu. 2–4 cm (A), 4,4 cm (B), 2 cm (C), überhöhte Buchstaben 2,8 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
MEMORIAE / PIAE ET [...]IISS. FAEMINAEa) / HELENAE GOCKIAE / CONIVGIS SVAE SVAVISSIMAE / QVAEb) PHTHISIc) OCCV[BV]ITd) / AN(NO)e) AET(ATIS) 30 CH(RIST)If) MDCX / DIE XV IAN(VARII)g) / MONVMENTVM HOC PO[SVIT] / MA[RT ....]h) HILWIGI(VS) / [- - -] ECCLE(SIAE) / [- - -] P[I]I
- B
[LEBE]N WIR SO LEBEN WIR / DEM HERREN STERBEN WIR [SO] STERBEN WIR [DEM HERREN]1)
- C
D(IE) GOGKEi) // D(IE) VA[N] RAEDERIN
Übersetzung:
A: Der Erinnerung der frommen und [........] Frau Helene Gocke, seiner lieblichsten Ehefrau, die, ihres Alters 30, der Schwindsucht erlag, im Jahre Christi 1610 am 15. Tag des Januar, hat dieses Denkmal gesetzt Martin Hilwigius [- - -] der Kirche [- - -].
| Gocke2) | Raederen3) |
Textkritischer Apparat
- FAEMINAE] Sic!
- QVAE] Der erste Buchstabe beschädigt.
- PHTHISI] Sic!
- OCCVBVIT] Die vier letzten Buchstaben zerstört bzw. beschädigt.
- ANNO] Die erhaltenen Buchstaben beschädigt.
- CHRISTI] Die erhaltenen Buchstaben beschädigt.
- IANVARII] Lesung unsicher.
- MART....] Die unteren Teile der erhaltenen Buchstaben fehlen.
- GOGKE] Sic!
Anmerkungen
- Rö 14,8.
- Ein menschlicher Rumpf mit einer gestülpten Mütze mit Quast bekleidet, HZ: die Mütze.
- Ein Rad mit Nabe und acht Speichen, HZ: ein gezahntes Rad mit Nabe und vier Speichen.
Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 232 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0023200.
Kommentar
Die Schrift ist ungewöhnlich für die angegebene Zeit. Manche Buchstaben werden überhöht ausgeführt. Einige Buchstabenteile sind sehr geschwungen und durch Schrägstellung von der reinen Kapitalis entfernt. Linksschrägen werden häufig verstärkt. A kommt nur spitz vor und ist mit einer Linksschrägenverstärkung ausgeführt. Bogenenden von Buchstaben werden nach innen gebogen, so etwa bei C oder G. Die Cauda des G ist angesetzt, das obere Bogenende weist rechts darüber hinaus. Die untere Schräghaste des K verläuft wie die Cauda des R leicht geschwungen. Der Mittelteil des M ist eingzogen, der linksschräge Teil ist verstärkt. Die Cauda des Q endet spitz. V kommt nur in der spitzen Form vor. W besteht aus zwei verschränkten V.
Die beiden Genannten lassen sich in den Halberstädter Quellen nicht nachweisen. Helene Gocke war nach ihrer Grabinschrift offensichtlich an der Schwindsucht gestorben. Ähnliche Diagnosen finden sich an Grabsteinen nicht sehr häufig.