Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 231 Liebfrauen 1610

Beschreibung

Grabplatte für den Stiftsherrn Balthasar von Beutel (auch Boitel bzw. Boithel);1) an der Südwand des Langhauses auf 23 cm hohem Sockel; Sandstein, hell; Rand der Platte bestoßen, etwas verwittert; Relief, im Inneren frontal in einer durch ein Gesims im Schulterbereich gegliederten Rundbogennische stehend ein bärtiger Kleriker, gekleidet in Birett, Halskrause, pelzverbrämte Almutie, Rochett und Albe, in den Händen ein Buch haltend, auf einer von profilierten Stegen gerahmten, zeilenhoch eingetieften Schriftleiste, deren unteren Teil die erhöhte Standkonsole des Klerikers bildet, einzeilig erhaben am Rand umlaufend, oben durch einen geflügelten Engelskopf und seitlich durch das Gesims unterbrochen der Sterbevermerk (A), fortgesetzt auf schmalerer Leiste in den Zwickeln des Innenfeldes zu beiden Seiten des Kopfes, mit einem eingehauenen Nachtrag auf dem unteren linken Steg der Schriftleiste, knapp über Fußhöhe, auf einer dem Rundbogen folgenden eingetieften Inschriftenleiste zu beiden Seiten des Kopfes die Spruchinschrift (B).

Maße: H. 191 cm, B. 108 cm, T. ca. 25 cm, Bu. 5,5–6,5 cm, Nachtrag: 2 cm (A), 6 cm (B).

Schriftart(en): Fraktur, Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/2]

  1. A

    Anno Millesimoa) // Sexce(n)tesi(m)o Desi(m)ob) / D(ie)c) iii Me(n)sis Junij // Obyt Venerabilis Et Nobilis D(omi)n(us) Baltha/sar De Beythel hvi(vs) Ecc(les)ied) / Canonic(us) // ET SENIORe) // Cvi(vs) a(n)i(m)a ReQviescat In San// c// ta PaceAme(n) // Aetatis // suae / Lviij

  2. B

    Homo Me//mento Mori2)

Übersetzung:

A: Im eintausendsechshundertzehnten Jahre am dritten Tag des Juni starb der ehrwürdige und edle Herr Balthasar von Beutel, Stiftsherr und Senior dieser Kirche, dessen Seele ruhe in seligem Frieden. Amen. Seines Alters 58 [Jahre]. B: Mensch bedenke, daß du sterben wirst.

Wappen:
Beutel3)

Kommentar

Stark von der gotischen Minuskel beeinflußte Fraktur mit reinen Frakturversalien. Die Brechungen der Minuskelbuchstaben fallen nicht mehr so extrem aus. Als reine Frakturbuchstaben sind zu betrachten a, o, f und s, vielleicht auch das x. Schwellzüge kommen jedoch noch kaum vor, besonders ausgeprägt am Schaft-s. Die Unterlängen werden nicht besonders betont. Die meisten Buchstaben enden stumpf. Sowohl in einfacher Form als auch mit geschwungenen Bogenabschnitten kommt das o vor. Die Grabplatte gehört wohl in den späten Umkreis oder Nachfolger der Werkstatt H2 der Halberstädter Grabplatten (siehe dazu DI 75 (Halberstadt Dom), S. XXIX und Nr. 235, 246).

Über Balthasar von Beutel ist weiter nichts bekannt geworden. Vgl. zu seinem mutmaßlichen Verwandten, dem Domherrn Eustachius von Beutel, DI 75 (Halberstadt Dom), Nr. Nr. 230.

Textkritischer Apparat

  1. Millesimo] Der letzte Buchstabe durch den folgenden Cherubskopf nicht vollständig.
  2. Desimo] Sic! Für Decimo.
  3. Die] Kürzungszeichen fehlt.
  4. Ecclesie] Das zweite c unter das erste gestellt. Die letzten Buchstaben beschädigt.
  5. ET SENIOR] Nachtrag in Kapitalis auf der Leiste des Innenfeldes.

Anmerkungen

  1. Vgl. BKD, S. 352; fälschlich unter dem Namen: Balthasar von Beichel (?) († 1610).
  2. Vgl. Helfer 1995, S. 101. Die Herkunft des Spruches ist ungeklärt. Vgl. jedoch Ps 89,12 bzw. 90,12.
  3. Geteilt, oben geschacht, unten drei Lindenblätter 2:1, HZ: über einem Wulst auf offenem Flug der Schachbalken; Siebmacher BraA, S. 11 mit Taf. 5.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 231 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0023103.