Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 209 Liebfrauen E. 16./A. 17. Jh.

Beschreibung

Grabplatte für den Stiftsherrn Nicolaus D[u.lfen] (?); als 13. Grabplatte von Osten an der Südwand des Langhauses auf drei Zentimeter hohem Sockel; Sandstein, hell; aus sieben Bruchstücken bestehend, wieder zusammengesetzt und teilweise verfugt, obere rechte Ecke mit Mörtel nachgebildet und angesetzt, die untere Hälfte ist durch Feuchtigkeit stark verwittert, Schriftverlust; Relief, in einem von profiliertem Rahmen umgebenen Innenfeld unter einem auf Konsolen ruhenden Bogen aus Weinranken steht frontal ein Kleriker mit Kolbe, in Birett, eine von Kordeln gehaltene Pelzalmutie und Rochett gekleidet, in den Händen einen Kelch, zu Füßen ein Wappen, am Rand in zeilenhoch eingetiefter Inschriftenleiste einzeilig umlaufend der erhaben ausgeführte Sterbevermerk (A), auf dem Schild über der Wappenfigur die Wappenbeischrift (B).

Maße: H. 210 cm, B. 94,5 cm, T. 17 cm, Bu. 8,3 cm (A), 4,5 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Frakturversalien.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/2]

  1. A

    Annoa) d(omi)nib) [.......] / [.....]agesimac) · 7 · Februaryd) 1) Obyt Venerabilise) D(omi)n(u)sf) / Nicolausg) D[u.lfen]h) / Huiusi) Ecclesiej) Canonic(us)i) cuius a(n)i(m)ak) req(ui)escatl) · in pace

  2. B

    nicola(us)m) // D[u......]n)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn [- - -] [am Sonntag Septu- oder Sex]agesima, am 7. Februar, starb der ehrwürdige Herr Nikolaus D[u.lfen] Stiftsherr dieser Kirche, dessen Seele ruhe in Frieden.

Wappen:
unbekannt2)

Kommentar

Es handelt sich um eine Mischschrift aus gotischer Minuskel mit Elementen und Versalien der Fraktur. Meistens sind Schaftenden und Bögen gebrochen, manchmal kommen jedoch schon Rundungen vor. Es zeigen sich leichte Ansätze von Schwellschäften an b, l sowie Schaft-s. Der zum Schaft aufgelöste linke Bogen des a endet oben nach rechts abgeschrägt. Der linke Teil des gebrochenen oberen Bogens beginnt mit einem eingerollten und geschwungenen Strich. Das obere Schaftende des b ist gespalten und nach rechts oder links eingerollt, der gerundete Bogen hat Ansätze zum Schwellzug. Der linke Bogenteil des d ist gebrochen, während der rechte obere Bogenabschnitt zum abgeknickten Schaft geworden ist. Der Balken des e ist nur strichstark und eingerollt. Als gotischer Minuskelbuchstabe kommt das o vor, der linke Bogenabschnitt der Frakturversalie desselben Buchstabens verläuft geschwungen. Schaft und Bogen des p sind nur noch durch die Spitzen der zu Quadrangeln aufgelösten Enden miteinander verbunden. Der untere nach links abgeknickte Bogenteil kreuzt den an seiner Spitze gespalten endenden Schaft. Die Brechung des q-Bogens ist schon aufgehoben und hat eine Neigung zum Schwellzug. Die Fahne des r ist zum Quadrangel reduziert und in einem Zierstrich geschwungen nach unten ausgezogen. Der Abschlußstrich des s weist wie manche Buchstaben Knoten an den Enden auf. Die Schaftspitze des t ist nach rechts gerundet umgeknickt, der Balken befindet sich in geringem Abstand darunter.

Am Ende des 16. bzw. auch noch am Anfang des 17. Jahrhunderts kommen nach dem neuen Kalender, das Liebfrauenstift wurde erst 1604 reformiert, und für einen, wie der Kelch in seiner Hand zeigt, Priester, der bestimmt noch katholisch war, nur vier Sonntage Septua- (Circumdederunt) oder Sexagesima (Exsurge) in Frage, die auf den 7. Februar fielen.1) Somit kann das Todesdatum auf die Jahre 1585, 1591, 1596 oder 1602 eingegrenzt werden.

Textkritischer Apparat

  1. Anno] Sämtliche Buchstaben beschädigt.
  2. domini] Die beiden letzten Buchstaben beschädigt.
  3. [.....]agesima] Die ersten drei erhaltenen Buchstaben beschädigt.
  4. February] Die beiden vorletzten Buchstaben beschädigt.
  5. Venerabilis] Der zweite Buchstabe beschädigt.
  6. Dominus] Sämtliche Buchstaben beschädigt.
  7. Nicolaus] Der erste Buchstabe beschädigt.
  8. Du[.]lfen.] Sämtliche Buchstaben beschädigt.
  9. Huius–Canonicus] Sämtliche Buchstaben beschädigt.
  10. Ecclesie] Sämtliche Buchstaben beschädigt.
  11. anima] Sämtliche Buchstaben beschädigt.
  12. requiescat] Bis auf den letzten alle Buchstaben beschädigt.
  13. nicolaus] Sämtliche Buchstaben beschädigt.
  14. Du…..] Der einzige erhaltene Buchstabe beschädigt.

Anmerkungen

  1. Vgl. Grotefend 1991, S. 170 Taf. 14. und 184 Taf. 21. Die Sonntage Quinquagesima (Esto mihi) am 7. Februar fielen in die Jahre 1540 und 1619 und kommen somit für die angenommene Entstehungszeit nicht in Frage.
  2. Ein aus einem gestummelten Ast nach rechts wachsender Zweig mit einem abhängenden Eichenblatt rechts und einer abhängenden Eichel links.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 209 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0020908.