Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 204 Städtisches Museum 1600

Beschreibung

Lade; ohne Inventarnummer; ehemals im Schützenhaus; Holz, farbig gefaßt, Eisengriffe und -beschläge; gut erhalten; auf der Innenseite des mit Scharnieren und durch eiserne Beschläge befestigten Deckels der querrechteckigen Lade mit profilierten Standflächen in vier vertikalen Anordnungen die Wappen mit den Wappenbeischriften, aufgemalt die Titel und Namen der Viermannen (A, C) und Schützenmeister (B) der Schützengesellschaft mitsamt der Jahreszahl.

Maße: H. 85,5 cm, B. 52 cm, T. 43,5 cm, Bu. 1,5 cm, Versalien: 2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Wolfgang Huschner) [1/2]

  1. A

    V[IERMA]NNEa) · / [1]6//00 / CASPAR GREVEb) · / VIERMANNE · / 16//00 / GREGER SHRA(V)WBEc) ·

  2. B

    · SCHVTZ[ENMEIS]TERd) · / 16//00 / PETER GÖEDIKEe) · 16//00 / CASPER KRAMER ·

  3. C

    VIERMANN[E ·]f) / 16//00 / HANS HARTMANN / VIERMANNE · / IOCHIM HALDESLEBNg)

Wappen:
Greve1)Hartmann2)
Göedike3)Kramer4)
Schraube5)Haldensleben6)

Kommentar

Die Anfangsbuchstaben wurden vergrößert. Auffällig ist, daß die Cauda des R hier und da unter die Zeile gezogen worden ist. A in seiner spitzen Form weist eine ganz leichte Linksschrägenverstärkung auf. E kommt mit einem sehr langen unteren Balken vor. Der Mittelteil des M ist bis zur Grundlinie gezogen.

Nach einer Urkunde des Rats der Stadt Halberstadt von 1543, in der die Regeln für das jährliche Schießen festgelegt werden, und nach den Angaben auf der Schützenlade standen an der Spitze der Schützengilde, zu der nur Halberstädter Bürger gehören konnten, zwei Schützenmeister und entsprechend ihrer Bezeichnung vier Viermänner.7) Von diesem Leitungsgremium wurden jährlich drei Mitglieder, ein Schützenmeister und zwei Viermänner, durch zwei Vertreter des Rates und die jeweils abtretenden Schützenherren neu gewählt. Die sechs alten Mitglieder mußten in der Woche nach dem Pfingstfest dem Stadtrat Rechnung über die Ausgaben der Bruderschaft legen. Daran anschließend sollten die drei neuen Mitglieder des Gremiums vor dem Rat vereidigt werden. Am Ratsschießen durfte jeder Bürger der Stadt unter Aufsicht der Schützenmeister teilnehmen. Besonders interessiert an der Schützengesellschaft war der Administrator des Bistums, Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg (1576–1613). Im Jahr 1592 hatte er den Vogel selbst geschossen, woraufhin er die Schützenbrüder auf den folgenden Sonntag zu sich auf das Schloß Gröningen einlud.8) Auch im Jahr 1595 wollte er dem Schießen beiwohnen.9)

Von den zeitigen Schützenmeistern und Viermannen des Jahres 1600 ließ sich mit Sicherheit nur Iochim Haldensleben, der im Jahr 1570 zu den Brauherren gehört hatte, in anderen Quellen nachweisen.10) Ein Hans Hartmann wird im Jahr 1639 in einem Schuldbrief des Stifts St. Johann erwähnt, allerdings ist ungewiß, ob er mit dem 1600 auf der Lade genannten identisch ist.11) Zu den Inschriften mit Bezug zur Schützengilde siehe auch Nr. 6 †, 121, 196, 251 †, 253, 259, 260.

Textkritischer Apparat

  1. VIERMANNE] Der zweite bis sechste Buchstabe beschädigt.
  2. GREVE] Ein Kürzungsstrich über dem V zeigt vielleicht die Schreibung GREWE an.
  3. SHRAVWBE] Das vielleicht vergessene V durch einen Kürzungsstrich angezeigt.
  4. SCHVTZENMEISTER] Der vierte und fünfte und der siebte bis zwölfte Buchstabe beschädigt. Über dem V ein Kürzungszeichen, vielleicht um die Schreibung SCHVETZENMEISTER anzuzeigen.
  5. GÖEDIKE] Sic!
  6. VIERMANNE] Der letzte Buchstabe beschädigt.
  7. HALDESLEBN] Sic!

Anmerkungen

  1. In Silber ein schwarzes Stolleisen, darüber drei rote Rosen mit goldenen Butzen und grünen Stengeln und Blättern (?), darunter ein goldener sechszackiger Stern, HZ: die grünen Rosenstengel mit roten Blüten und goldenen Butzen.
  2. Geteilt von Silber und Schwarz, oben ein rotes von einem goldenen Pfeil durchbohrtes Herz, unten die Hausmarke Taf. 63 Nr. 38, HZ: zwischen Hörnern von Gold, Schwarz und Rot das rote Herz.
  3. In Silber die Hausmarke Taf. 63 Nr. 36, begleitet unten rechts von einem goldenen Halbmond, links von einem goldenen sechszackigen Stern, HZ: das Wappenbild.
  4. Ein grüner Balken in Schwarz, belegt mit der Figur des schreibenden Evangelisten Lucas in grünen und goldenen Gewändern und einem Stier zu seinen Füßen, HZ: zwei sich kreuzende grüne Stengel mit goldenen Eicheln daran.
  5. In Silber eine goldene Schraube, waagerecht darübergelegt ein Steinhammer ohne Stiel (?), HZ: ein goldener sechszackiger Stern.
  6. In Rot drei silberne Pfeilspitzen, HZ: zwischen Hörnern von Rot und Silber die Pfeilspitze.
  7. Hobohm 1907, S. 5 auch für das Folgende.
  8. Ebd., S. 54.
  9. Ebd., S. 55.
  10. Bandau 1932, S. 27.
  11. UB St. Johann, Nr. 564 S. 480.

Nachweise

  1. Hobohm 1907, S. 19 Anm. 54.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 204 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0020406.