Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 154 Städtisches Museum 1574 oder danach

Beschreibung

Grabplatte für Gotthard von Buchholtz; als 5. Objekt von Süden in die östliche Grundstücksmauer in ca. 23,5 cm Höhe und 8 cm tief eingelassen, ehemals in St. Paul an einem der Pfeiler; Sandstein, hell; gut erhalten; Relief, in einer von beschlagwerkverzierten Pilastern getragenen Rundbogennische, deren Sockel auf Rollwerkvoluten ruhen, die ebenso wie die Kapitelle mit Ringen im Maul tragenden Löwenköpfen geschmückt sind, das in Schulterhöhe befindliche Gesims seitlich mit geflügelten Cherubsköpfen versehen, ein barhäuptiger Ritter, mit wallendem Bart in voller Prunkrüstung (Harnisch, Brechrand, Beintaschen, Ellenbogen- und Kniekacheln, Arm- und Beinzeug), mit Mühlsteinkragen, eine Kette dreifach um den Hals geschlungen, einen Dolch an der Linken, die Hände vor der Brust gefaltet, rechts zu seinen Füßen ein Helm mit offenem Visier und Federbusch. In den oberen Zwickeln und über den Säulenpostamenten Medaillons mit vier Vollwappen. Am Rand in 7 cm breiter eingetiefter Inschriftenleiste, einzeilig an drei Seiten – unterbrochen von den Medaillons – die untere Leiste fehlt, auf der Konsole fortgeführt und auf dem Rundbogen über der Nische in 4,5 cm breiter Inschriftenleiste abgeschlossen der erhaben ausgeführte Sterbevermerk (A). Auf dem Gewände der Bogennische eingehauen links ein Steinmetzzeichen, rechts die Initialen (B) sowie Meißel und Schlegel gekreuzt.1)

Maße: H. 205 cm, B. 127 cm, Bu. 4–7cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    [ANNO] 15[74]a) · DEN · 22 · DECEMB(ER)b) VMB 2 · VHR // DES · MORGENS · IST · IN · GOTT · SELIG · ENT//SCHLAFFENc) // DER EDLE · VNDd) · ERNVHESTEe) // GOTHARD · VON · // BVCHOLTZf) · SEINES ·ALTERS IM · 48 · IHAREg) // DEM · GOTT · GENADE

  2. B

    LGh)

Wappen:
Buchholtz2)unbekannt3)
unbekannt4)unbekannt5)

Kommentar

Die Hastenenden der Buchstaben sind leicht keilförmig verbreitert, die Balken- und Bogenenden oft mit Serifen versehen. Es kommen – wenn auch selten – Buchstabenverbindungen wie TT, eingestellte Buchstaben oder eine MB-Ligatur vor. Das A wirkt sehr spitz und steil. Die Bogenenden des D stehen über. E weist einen verkürzten Mittelbalken auf, die Balkenenden werden oben nach unten und unten nach oben ausgezogen. In ähnlicher Weise werden das Balkenende des L nach oben, die Bogenenden des C nach unten bzw. oben ausgezogen. Auf das nach unten gezogene Bogenende des G wird die Cauda lotrecht gesetzt. Die Seitenhasten des M sind schräggestellt, der verkürzte Mittelteil steht oben nach links und rechts über. Die 3 gleicht einer gewendeten Fünf. Quadrangel auf der Zeilenmitte wurden als Worttrenner verwendet. Unsicher ist, ob diese Platte noch zur Werkstatt der Halberstädter Grabplatten H7 gehört.

Gotthard von Buchholtz, eigentlich Bocholtz, das Geschlecht stammt aus Bocholtz bei Aachen (heute Niederlande),6) besaß das Kloster Gröningen. Er war mit Anna Kropf verheiratet, in deren Familie der Besitz in Gröningen damals offenbar war,7) und hatte mit ihr sieben Kinder.8) Vom Stift St. Paul kaufte er 1573 für 220 Thaler die fünfte Kurie des Stifts (quinta curia canonicalis) auf Lebenszeit, unter der Bedingung, daß er statt des wüst gelegenen Hofes ein neues Gebäude erbaue und weitere Verbesserungen des Stifts durchführe. Im Jahr 1599 werden die Kinder Gotthards, der gleichnamige Sohn und die Tochter Anna mit 500 Thalern abgefunden.9)

Textkritischer Apparat

  1. 15[74] Das zweite Zahlzeichen beschädigt, nur der untere Teil noch vorhanden. Die exakte Jahreszahl durch eine Photographie bekannt; LDASA Photographie Nr. H. 425.
  2. DECEMBER] Kürzungszeichen fehlt. Form nicht eindeutig, sie könnte auch lateinisch DECEMBRIS heißen.
  3. ENTSCHLAFFEN] Der dritte und vierte Buchstabe beschädigt. Der linke Teil des A über den Balken des voraufgehenden L gestellt.
  4. VND] Der erste Buchstabe hochgestellt.
  5. ERNVHESTE] Sic!
  6. BVCHOLTZ] Das Z unter das vorangehende T gestellt.
  7. IHARE] Das E hochgestellt.
  8. LG] Die Reihenfolge könnte natürlich auch GL lauten, vielleicht aber sogar Ch.

Anmerkungen

  1. Taf. 62 Nr. 16.
  2. Drei Löwenköpfe 2:1, HZ: wachsend ein linksgewendeter Schwan; vgl. Siebmacher Si 1, S. 174; ebd. SaAE, S. 4 mit Taf. 2.
  3. Im damaszierten Schild ein Balken belegt mit vier Andreaskreuzen, HZ: wachsend ein feuerspeiender Drache.
  4. Ein von vier Wiederkreuzchen bewinkeltes Andreaskreuz, HZ: zwischen einem Flug die Wappenfigur.
  5. Ein sechsstrahliger Stern, HZ: ein halber Flug (oder ganzer Flug rechtsgewendet). Vielleicht das Wappen Britzke; vgl. Siebmacher AnhA, S. 11 mit Taf. 5; ebd. PrE, S. 30 mit Taf. 24.
  6. Kneschke Bd. 1, S. 491 f.
  7. Ebd. Bd. 5, S. 300. Es ist jedoch kein Wappen der Kropf an der Platte dargestellt; vgl. ebd.; Siebmacher Sa, S. 36 mit Taf. 40; ebd. AnhA, S. 80 mit Taf. 47; ebd. ThüA, S. 62 mit Taf. 48; ebd. PrE, S. 219 mit Taf. 269.
  8. UB S. Bonifacii et S. Pauli, Nr. 480 S. 550 f.; Nebe 1880, S. 86; vgl. auch die Kritzelinschrift mit dem Namen BVCHOLTZ im Neuen Kapitelsaal des Domes DI 75 (Halberstadt Dom), Nr. 241.
  9. Ebd., Nr. 490 S. 553; Siebmacher SaAE, S. 4 mit Taf. 2.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 154 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0015401.