Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 153 Emersleben, ev. Pfarrkirche St. Petri 1574

Beschreibung

Grabplatte für Franz von Dorstadt, heute an der Westwand eingemauert; Sandstein, hell; linke untere Ecke mit Feuchtigkeitsschäden, Schriftverlust, sonst gut erhalten; im Innenfeld unter einem Architekturbogen stehend, der in Knie- und Schulterhöhe durch Gesimse mit anthropo- und zoomorphen Motiven sowie mit Blattranken reich verziert ist, der Ritter in voller Rüstung, eine doppelt geschlungene Halskette angelegt, an seiner Rechten einen Dolch, an der Linken das Schwert, vor dem rechten Fuß der Helm mit offenem Visier, am Rand in zeilenhoch eingetiefter Inschriftenleiste umlaufend, durch die vier Wappen in den Ecken unterbrochen, der Sterbevermerk.1)

Maße: H. 229,5 cm, B. 130 cm, T., Bu. 7,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien aus der Fraktur.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann) [1/1]

  1. Anno · D(omi)ni · 1 · 5 · 74 // Ist Der Edle Und Erenuhester Frans · va[n]a) // Dorsta[dt]b) [- - -] // Seliger Sohn Den · 9 August(us) in Got Entschlaffe(n)c)

Wappen:
Dorstadt2)Drachsdorf3)
zerstörtunbekannt4)

Kommentar

Die Schrift muß man wohl als eine gotische Minuskel mit eingestreuten Frakturversalien bezeichnen. Die oberen Schaftenden vor allem von i, m und n sind zu Quadrangeln verkürzt. Das o weist sehr moderate Brechungen auf. Auffällig ist die sehr rund gestaltete con-Kürzung. Die Versalien weisen viele Schnörkel und Verschleifungen auf. Zur Schriftähnlichkeit und zum Werkstattzusammenhang siehe auch Nr. 151 sowie mit anderer Schriftart vielleicht auch Nr. 173 und Nr. 182.

Franz’ Vater, bei dem es sich nach einer der Quellen um Bethmann, nach einer anderen um Heinrich von Dorstadt gehandelt haben soll, hatte Margareta von Drachsdorf geheiratet.5) Zusammen mit seinem Bruder Christof, der den Hof in Halberstadt bewirtschaftete, hatte Franz von Dorstadt, der auf Emersleben und in Schneitlingen saß, in den vierziger Jahren des 16. Jahrhunderts aber auch kurbrandenburgischer Hauptmann zu Plaue (Plaw an der Havel, heute Stadt Brandenburg) gewesen war und sich häufig am Hof Kurfürst Joachims II. von Brandenburg in Berlin aufgehalten haben soll, eine ganze Reihe von Kreditgeschäften betrieben.6) Seine Frau Dorothea von Bartensleben und sein Sohn Gunter sind ebenfalls in der Kirche zu Emersleben begraben.7) Siehe zu Dorstadt auch Nr. 58, 135, 173, 182 und 195.

Textkritischer Apparat

  1. van] Der zweite Buchstabe beschädigt.
  2. Dorstadt] Der zweite bis sechste Buchstabe beschädigt; die ergänzte Schreibung nach Nr. 58. Wahrscheinlich war im folgenden zerstörten Abschnitt der Name des Vaters, also BETHMANN oder HEINRICH; in der ein oder anderen Form genannt.
  3. Entschlaffen] Ein Kürzungszeichen nicht feststellbar.

Anmerkungen

  1. Es handelt sich vermutlich um das Epitaph, das BKD, S. 43 einem Erasmus von Dorstadt zuschreibt.
  2. Drei sitzende Bracken mit Halsbändern, 2:1, HZ: einer der Hunde mit Halsband, den Kopf mit Straußenfedern besteckt; vgl. Siebmacher SaA, S. 38 (Dorstadt III) mit Taf. 23.
  3. Ein wilder Mann, der an Haupt und Hüften bekränzt ist, die Linke in die Seite gestemmt, mit der Rechten einen mit den Wurzeln ausgerissenen Baum haltend, HZ: die Wappenfigur; vgl. Siebmacher SaA, S. 38 mit Taf. 23.
  4. Geteilt, unten gespalten, oben ein wachsender Greif, HZ: der wachsende Greif.
  5. Hagen 1762, S. 38; Wennig 1912, S. 49, danach soll Bethmann unverheiratet geblieben und 1547 gestorben sein.
  6. Jacobs 1900, S. 482–486; siehe zu den Kreditgeschäften Nr. 135.
  7. BKD, S. 43 und Nr. 173, 182.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 153 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0015304.