Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 138† Breiter Weg 39 † 1558

Beschreibung

Am Schwellbalken zum ersten Stock des Hauses, das ehemals die Nummer 646 trug, befanden sich der Sinnspruch (A) und „daneben“ eine Datumsangabe und ein Name als Bauinschrift (B), sämtlich in erhaben ausgeführten Buchstaben.1)

Text nach Meßblatt.

Schriftart(en): Kapitalis.2)

  1. A

    SANGWINE · FVNDATA · EST · ECCLESIA · SANGWINE · CHRISTI · SANGWINE · SVCCREVIT · SANGWINE FINIS · ERIT ·3)

  2. B

    AN(N)O D(OMI)NI 1558 DEN 28 · MARCI · ANDREAS ELFERLINCK

Übersetzung:

A: Auf Blut ist die Kirche gegründet, auf Christi Blut, im Blut ist sie gewachsen, durch Blut wird ihr Ende sein.

Versmaß: Elegisches Distichon (A).

Kommentar

Die Schrift wies nach der Abzeichnung bei Scheffer einen leichten frühhumanistischen Einschlag auf.2)

Auf dem Titelblatt des ältesten Kirchenbuchs der ein Jahr zuvor gegründeten reformierten Gemeinde zu Halberstadt aus dem Jahr 1665 fand sich ein leicht abgewandelter Spruch.4) Eine in Teilen mit der Inschrift am Haus am Breiten Weg übereinstimmende Inschrift befindet sich in der Kirche von Steinbach in der Pfalz.5) Leonhard Hutter (1563–1616), ein strenger Lutheraner, seit 1596 Professor in Wittenberg und gegen den „Philippismus“ Melanchthons eingestellt, verwendete ihn ein wenig abgewandelt in seinen Loci bei seiner Beschreibung der Leids der Frommen, damit sie Zeugnis ablegen.6) Dargelegt wird auf diese Weise die Gründung der Kirche auf dem Blut Jesu Christi und ihr Wachsen in seiner Nachfolge durch das Blut der Märtyrer sowie ihr Untergang in der Zeit des Antichristen, bevor der Jüngste Tag heraufdämmert.7)

Über Andreas Elferlinck waren Nachrichten nicht zu finden. Lediglich in der Mitte des 14. Jahrhunderts ließ sich ein ähnlich lautender Name, Heinrich Elveling, belegen, ohne daß jedoch Hinweise einer Verwandtschaft nahezulegen wären.8)

Anmerkungen

  1. Scheffer 1864, S. 15.
  2. So auch die Buchstabenform nach der Teilabzeichung bei Scheffer 1864, Nr. 20.
  3. Walther Proverbia, Nr. 27490, nicht wie bei Grosse 2001, S. 60 Anm. 160 durch Druckfehler Walther Nr. 27290; Wander Bd. 2, S. 1337, Stichwort Kirche Nr. 32.
  4. Sanguine fundata, sanguine crevit, sanguine finis erit, sanguis coronae praenuncius; vgl. Arndt 1910 a, S. 95.
  5. SANGVINE. FVNDATA EST ECCLESIA SANGVINE C(HRISTVS) P(ER)F(ICIT) / SANGVINE SVCCREVIT SANGVINE FINIS ERIT; http://www.heimat-pfalz.de/kleinodien-erkennen/81-pw/792-die-in...; vgl. auch Bonkhorst 2007, S. 131. Die Inschrift ist ihrer Anordnung nach wie ein elegisches Distichon gestaltet; prosodisch stimmt die Auflösung allerdings nicht. Dort steht jedoch tatsächlich C PF. Möglicherweise handelt es sich dabei nur um falsch nachgezogene Buchstaben und eigentlich hat an der Stelle CPI, CRI oder ähnliches gestanden.
  6. Hutter 1619, S. 941 ff.
  7. Man vergleiche z. B. Apc 8,7, 11,6, 16,6, 17,6, 19,1 und 19,13.
  8. UB Stadt Halberstadt Bd. 1, Nr. 465 S. 362 f. und UB S. Bonifacii et S. Pauli, Nr. 119 S. 369 für 1342.

Nachweise

  1. Scheffer 1864, S. 15 und Teilabzeichung Nr. 20.
  2. Arndt 1910 a, S. 94 f.
  3. Meßblatt 1912, H. 483, 1795, 1.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 138† (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0013807.