Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 69 Liebfrauen 1508

Beschreibung

Kreuzigung mit Stifterdarstellung des Friedrich von Hoym; an der Nordwand des Kreuzganges im siebten Joch von Osten; Sandstein, hell, verwittert, die Mittelplatte besteht heute aus zwei mit Eisenklammern verbundenen Teilen, links ist in ähnlicher Weise die Stifterdarstellung angefügt, Stifterbild rechts samt Konsolenteil fehlt vermutlich, der rechte Arm des Stifterbildes links fehlt, die Füße des Gekreuzigten abgeschlagen; Relief, über einer durch Hohlkehle profilierten Konsole erhebt sich die Kreuzigungsgruppe mit Maria und Johannes unter dem Kreuz und der knienden Maria-Magdalena, die das Kreuz mit beiden Armen umfängt; die an der linken Seite erhaltene Stifterdarstellung zeigt den Stifter in einem maßwerkverzierten Betstuhl kniend und betend, barhäuptig mit wallendem Bart und in voller Rüstung, am Fuß des Betstuhls sein Wappen. Über dem Kopf in einem eingehauenen Inschriftenfeld, einer Art angeheftetem Zettel, die Initialen (A), auf dem Sockel die Jahreszahl (B) jeweils einzeilig eingehauen, auf dem Schriftband am oberen Kreuzarm erhaben ausgeführt der Kreuztitulus (C). An der Konsole des Denkmals das Steinmetzzeichen.1)

Maße: H. 264 cm, B. 160 cm, T. 24 cm (Konsole), 21 cm (Relief), Bu. 6 cm (A), 4 cm (B), ca. 9–10 cm (C).

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/5]

  1. A

    · F(RIDERICH) · V(AN) · H(OYM) ·2)

  2. B

    1508

  3. C

    · I(HESVS) · N(AZARENVS) · R(EX) · I(VDEORVM)3) ·

Übersetzung:

C: Jesus aus Nazareth, der König der Juden.

Wappen:
Hoym4)

Kommentar

Die Schaft- und Balkenenden der Buchstaben sind leicht verbreitert. Der Querbalken des H weist einen Bügel nach oben auf. Das N kommt retrograd vor, die Schräghaste, deren Bügel nach unten zeigt, ist dünn ausgeführt. Bogen und Cauda des R berühren sich bevor sie auf den Schaft treffen. Als Worttrenner wurden Rauten verwendet.

Die Skulpturengruppe gehört zum Œuvre des von Edgar Lehmann mit dem Notnamen des Katharinenmeisters bedachten Künstlers, der seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts, besonders um das Jahr 1508/9 herum und vielleicht noch bis 1517, etliche Werke im Halberstädter Dom und in der Liebfrauenkirche schuf.5) Nicht alle Werke sind ihm jedoch zweifelsfrei zuzuweisen. Einige dieser Werke wurden im Auftrag des Edelherrn, Stiftshauptmannes und bischöflichen Rates Friedrich von Hoym geschaffen, der seit 1460 urkundlich nachweisbar ist und im Jahr 1510 starb.6) Die Skulpturengruppe im Kreuzgang der Liebfrauenkirche stellt das Vorbild der Kreuzigung dar, die sich im Domkreuzgang befindet und inschriftlich auf das Jahr 1509 datiert ist.7) Ob auch hier, wie dort, eine zweite Stifterdarstellung der Gattin des Stiftshauptmannes, Margareta von Stutternheim, an der linken Seite des Skulpturenblocks angebracht war, ist gut möglich, läßt sich jedoch nicht mehr mit Sicherheit sagen. Siehe zu den Werken aus dem Umkreis des sog. Katharinenmeisters auch Nr. 74, 75, 76, 77, 78.

Anmerkungen

  1. Siehe Taf. 62 Nr. 5.
  2. Schreibung des Namens nach DI 75 (Halberstadt Dom), Nr. 162.
  3. Io 19,19.
  4. Dreimal geteilt; vgl. Siebmacher SaA, S. 78 mit Taf. 49.
  5. Vgl. dazu DI 75 (Halberstadt Dom), S. XXXVII und Nr. 156, 162, 163, 165, 167, 185; Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 52 f., 69 f. Siehe auch BKD, S. 349 f. Nr. 1 und Nr. 4.
  6. DI 75 (Halberstadt Dom), Nr. 162, 163, 165.
  7. Vgl. DI 75 (Halberstadt Dom), Nr. 162.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 69 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0006904.