Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)
Nr. 65 St. Andreas 15. Jh.?, 1697?
Beschreibung
Meßkelch; Silber, vergolder; einige Maßwerkzwickel abgebrochen, leicht verkratzt, sonst gut erhalten; über einem Standring erhebt sich der flache Standfuß über einer nach außen leicht gewölbten Zarge, auf drei Pässen des Sechspaßfußes ist je eine gegossene Kreuzigungsgruppe (Maria und Johannes unter dem Kreuz) aufgenietet; der sechsseitige Anlauf steigt plötzlich steil an, Hohlkehlenprofile bilden den Übergang zum Schaft, der ober- oder unterhalb des Nodus von aufgelegten Taustäben begrenzt wird; die sechs Seiten des Stilus schmücken gravierte Blatt- und Blütenornamente, der flache Nodus wird von teilweise in Durchbrucharbeit ausgeführten Maßwerkfenstern verziert, auf den rautenförmigen mehrfach profilierten Rotuli auf rautiertem Grund ist die Anrufung (A) graviert; nicht vollständig ausgeführt ist der auf dem Schriftband am oberen Ende des Kreuzesstammes der gegossenen Kreuzigung befindliche einzeilige Kreuztitulus (B). Die kegelförmige Kuppa ist mäßig steil. Auf einem der Pässe des Standfußes eine Halberstädter Beschau samt Meisterzeichen.1)
Maße: H. 18,8 cm, B. 13,2 (Fuß), 11 cm (Kuppa), Bu. 0,9 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), gotische Majuskel? (B).
- A
i//h//e//s//v//s
- B
I(HESVS) N(AZARENVS) R(EX)a) 2)
Übersetzung:
Jesus aus Nazareth, König [der Juden].
Textkritischer Apparat
- INR] Sic! Zu ergänzen ist I(VDEORVM).
Anmerkungen
- Rechts über dem Halberstädter Mauerhaken ist die Zahl 16 lesbar. Daneben der Buchstabe B. Das Meisterzeichen MG ist in Halberstadt bekannt und wird unten gefolgt von der Ziffernkombination 97. Vgl. Schade 1974, S. 225; Rosenberg 1922–1928 Bd. 2, S. 121 f. Nr. 2257.
- Io 19,19.
- Rosenberg 1922–1928 Bd. 2, S. 122; BKD, S. 29, 49, 110, 129, 133, 158, 374.
Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 65 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0006509.
Kommentar
Die Buchstaben der Inschrift A weisen kaum Oberlängen auf. Die spitzen Brechungen der Buchstaben sind zum Teil „umgeschlagen“. Die gebrochenen Endungen sind verbreitert. Die Enden sind leicht nach innen durchgebogen. Einen Zierstrich am Ende des oberen aufgelösten Bogenabschnitts, der an seinem unteren Ende nach rechts umgebogen wird, weist das e auf, das ohne Abschlußstrich bleibt. Kaum Oberlänge weist das h auf. Der Bogen läuft mit leichter Unterlänge spitz aus. Die Buchstaben der Inschrift B haben keine Serifen oder Sporen. Alle Bestandteile weisen gleiche Strichstärke auf. R ist langgestreckt mit kleinem Bogen und langer Cauda.
Ein Goldschmied hat den Kelch offenbar 1697 restauriert, wie aus seinem Meisterzeichen in Verbindung mit der am rechten oberen und linken unteren Ende der Beschau zu findenden Ziffern hervorgeht, die die Jahreszahl wiedergeben.1) Belegt ist das Meisterzeichen häufiger um die Wende des 17. zum 18. Jahrhundert für die Jahre 1696 bis 1712.3) Vielleicht ist die gegossene Kreuzigungsgruppe mit der Inschrift B, wie möglicherweise auch der Kelchfuß, ein Ergebnis der vermuteten Restaurierung aus dem Jahr 1697.