Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)
Nr. 40† St. Martini 1439, 1537
Beschreibung
Glocke; ehemals im nördlichen Turm;1) Bronze; die Krone fehlte, statt dessen wurde die Glocke durch Eisenstäbe im Joch gehalten, die durch die Haube liefen;2) an der Schulter befand sich als umlaufende Glockenrede die versifizierte Funktionsangabe mit Gußjahr (A); an der Flanke war eine eingetiefte Meisterinschrift mit Jahreszahl (B) angebracht.3) Gewicht ca. 3500 kg.4)
Text nach LDASA Photographie Nr. 3760 und BKD.
Maße: H. 142 cm, D. 174 cm.5)
Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Frühhumanistische Kapitalis (B).6)
- A
[(christi)a)b) · cultores7) · ] vocob) · festos · promo · canoresc) · Et · temp[tatoresd) · abigo · tonitrusque · fragores · ame(n)e) · annof) · d(omi)ni · m · cccc · xxxixf) g) ·]
- B
M.h) DITERICH. LINKE. / 1537
Übersetzung:
A: Die Verehrer Christi rufe ich, festliche Gesänge singe ich und ich vertreibe Angreifer und Donnerkrachen, amen. Im Jahre des Herrn 1439.
Versmaß: Zwei Hexameter, zweisilbig rein leoninisch gereimt (A).
Textkritischer Apparat
- christi] Befund: xpi.
- christi–voco] Fehlt Hartmann, Glocken der Heimat
- canores] cantores Hartmann, Glocken der Heimat.
- temptatores] tentatores Hartmann, Glocken der Heimat.
- amen] ame Hartmann, Glocken der Heimat.
- anno-mccccxxxix] Fehlt Hartmann, Glocken der Heimat.
- mccccxxxix] 1439 Nebe.
- M.] Zu ergänzen wohl zu Magister, Meister oder ähnlich.
Anmerkungen
- Nebe 1876, S. 290; UB Stadt Halberstadt Bd. 2, Nr. 891 S. 190; BKD, S. 399; Hartmann 1964, S. 213; Glocken der Heimat 1996, S. 22.
- Nebe 1876, S. 290.
- BKD, S. 399 „an der Aussenwandung“.
- „etwa 70 Ctr.“ Nebe 1876, S. 290; UB Stadt Halberstadt Bd. 2, Nr. 891 S. 190; „etwa 3,5 t“ Hartmann 1964, S. 213; „etwa 3500 kg“ Glocken der Heimat 1996, S. 22.
- „67 Zoll Weite“ Nebe 1876, S. 290; UB Stadt Halberstadt Bd. 2, Nr. 891 S. 190; „Durchmesser von 1,78 m“ BKD; S. 399; „Durchmesser 172 cm“ Hartmann 1964, S. 213; Glocken der Heimat 1996, S. 22.
- Ebd., „Minuskelinschrift“.
- Die Wortverbindung bei mehreren mittelalterlichen Schriftstellern. Mehrfach bei Rupert von Deutz; vgl. Rupertus Tuitiensis, Liber de divinis officiis, lib. 8, pag. 295, lin. 1447; ders., De sancta trinitate et operibus eius, lib. 36, pag. 1919, lin. 542. In gebundener Sprache bei Sigebert von Gembloux, Passio ss. Thebeorum, Mauricii, Exuperii et soc., lib. 2, vers. 295, pag. 79.
- Hartmann 1964, S. 214; Glocken der Heimat 1996, S. 22; Peter 1999, S. 129. Die Aufgabe einer Sonntagsglocke kam wohl Nr. 39 zu; so auch Niemann 1824, S. 64, der diese Glocke jedoch „Apostelglocke“ nennt.
- Zu den Floris zugeschriebenen Glocken siehe BKD, S. 399; Walter 1913, S. 697; Eichler 2003, S. 54; Peter 2003/2004, S. 129, 131; DI 75 (Halberstadt Dom), Nr. 95, 97 †, 99 †.
- Vgl. dazu Eichler 2003, S. 179. Das dort vermerkte Fehlen des Eintrags in BKD ist unkorrekt; vgl. BKD, S. 399 Nr. 2.
Nachweise
- Nebe 1876, S. 290.
- UB Stadt Halberstadt Bd. 2, Nr. 891.
- BKD, S. 399.
- Fotoarchiv LDASA Nr. 3760.
- Hartmann 1964, S. 213 f.
- Glocken der Heimat 1996, S. 22.
- Eichler 2003, S. 179 (B).
Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 40† (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0004002.
Kommentar
Die Glocke diente, wie ihre Inschrift ausführt, ebenso wie die Dunna im Dom, die dieselbe Inschrift aufwies, ursprünglich vermutlich als Festtagsglocke, wie auch an der reicheren Ornamentik zu sehen war, und nicht als Sonntagsglocke, als die sie Hartmann und auch Peter bezeichnen, auch wenn sie diese Funktion zuletzt bis 1941, als sie zu Rüstungszwecken konfisziert wurde, innegehabt haben mag.8) Ob sie, wie vermutet, von Johannes Floris (Hans Blume) gegossen wurde, ist ungewiß. Da sie die gleiche Inschrift aufwies wie die Festtagsglocke des Domes von 1457, könnte sie vom selben Gießer stammen. Ob diese aber von Floris gegossen wurde, ist nicht nachzuweisen, sondern nur einer Zuschreibung aufgrund chronologischer Nähe zu zwei für den Gießer nachgewiesenen Glocken im Halberstädter Dom geschuldet.9) Die nachträglich angebrachte Signatur (B) weist wohl auf einen restauratorischen Eingriff an der Krone im Jahr 1537 hin.10)