Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 274 Dom, Querhaus, Südempore 1648

Beschreibung

Metallteile der Grabplatte des Philipp Sigismund von Wiedensee und der Anna Elisabeth von Fronhorst; zuletzt im südlichen Teil des Kreuzgangs, im 5. Joch von Osten, an der Südwand aufgestellt; in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war die zugehörige Grabplatte in der Nähe des Taufsteins in den Boden eingelassen;1) später auf die Südempore verbracht, dort noch vor 1902;2) gut erhalten. Relief, fünf ovale Kartuschen, in der zentralen größeren Kartusche ein Eheallianzwappen umgeben von einem Lorbeerkranz und einem Schriftband mit Beischrift (A); in den kleineren Kartuschen in den vier Ecken jeweils ein Ahnenwappen mit Beischrift (B–E); alle Inschriften erhaben.

Maße: H. u. B. 72,5 ⨯ 59,4 cm (1), 32,8 ⨯ 27,5 cm (2), 32,3 ⨯ 27,2 cm (3), 32,9 ⨯ 28 cm (4), 32,5 ⨯ 27,5 cm (5), Bu. 1,6–1,8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann/Marion Gronemann) [1/5]

  1. A

    PHILIP SIGISMUND V(ON)a) WIEDENSE · ANNA ELISABET V(ON) FRONHORST // · 1648 ·

  2. B

    DIE VON DER WENSE

  3. C

    DIE VON MUNCHHAUSEN

  4. D

    DIE VON WIEDENSE

  5. E

    DIE VON SPITZNASEN

Wappen:
Allianzwappen Wiedensee/Fronhorst3)
von der Wense4) Münchhausen5)
Wiedensee6) Spitznase7).

Kommentar

Die Schrift kann als sehr kräftig bezeichnet werden. Die Cauda des G verläuft schrägrechts. M zeigt gerade Hasten, der Mittelteil ist eingezogen. Das runde U ist sehr einfach gestaltet. Z ist sehr spitz und weist einen Mittelbalken auf. Als Worttrenner dienen Quadrangel auf Zeilenmitte.

Bei dem genannten Philipp Sigismund von Wiedensee handelt es sich wahrscheinlich um den in Sundhausen bei Langensalza (Unstrut-Hainich-Kreis) begüterten Bruder des 1668 verstorbenen Friedrich von Wiedensee, des Letzten des thüringisch-halberstädtischen Geschlechts.8) Die Familie von Fronhorst (oder Frauenhorst) stammt vermutlich aus Meißen, die von der Wense sind lüneburgischen Ursprungs.9) In Niedersachsen beheimatet sind die von Münchhausen.10) Die thüringischen Spitznase stellten, wie die Wiedensee, mehrere Halberstädter Domherren.11)

Textkritischer Apparat

  1. VON] Kürzung durch zwei vertikal übereinander angeordnete Quadrangel.

Anmerkungen

  1. Haber 1739, S. 20.
  2. Vgl. BKD, S. 303; Nr. 107 Anm. 1.
  3. Vorn Wiedensee (linksgewendet): Schrägbalken, der Figur nach belegt mit zwei Lindenblättern, Turnierhut besteckt mit fünf Straußenfedern; hinten Fronhorst: geteilt, oben ein angeketteter wachsender Bär, unten zwei Balken, HZ: der wachsende Bär zwischen zwei Büffelhörnern. Das Wappenbild v. Fronhorst entspricht dem Siegel des Hans von Frauenhorst; vgl. auch Siebmacher SaA, S. 181 und Taf. 118, S. 46 f. und ebd., Anm. sowie Taf. 29; Ledebur Bd. 3, S. 112, Bd. 1, S. 237 mit zum Teil auch voneinander abweichenden Blasonierungen.
  4. Ein Balken; belegt mit einer drei Trauben und drei Weinblätter tragenden Weinrebe, HZ: über einer Helmkrone zwei Straußenfedern; vgl. Siebmacher Han, S. 17 und Taf. 19; Ledebur Bd. 3, S. 99.
  5. Ein Mönch mit Stab in der Rechten und Beutelbuch in der Linken, HZ: der Mönch; vgl. Siebmacher Brau, S. 7 und Taf. 6; Ledebur Bd. 2, S. 128 ff.
  6. Wappen linksgewendet; wie Anm. 3.
  7. Schräggeteilt, unten fünf Lanzenspitzen, HZ: drei Straußenfedern; vgl. Siebmacher SaA, S. 159 und Taf. 103; Ledebur Bd. 2, S. 465.
  8. Vgl. Siebmacher SaA, S. 181; Ledebur Bd. 3, S. 112, Bd. 1, S. 237. Ein Sigismund von Wiedensee, Kanoniker des Liebfrauenstifts, wird im Jahr 1638 als verstorben erwähnt; vgl. UB S. Bonifacii et S. Pauli, Nr. 508 S. 560. Unter den erwähnten Söhnen trägt keiner den Namen Philipp Sigismund; vgl. ebd., Register S. 588 und 600.
  9. Vgl. Siebmacher SaA, S. 46 f.; ebd. Han, S. 17; Ledebur Bd. 3, S. 99.
  10. Vgl. Lenthe/Mahrenholz 1971/76, Münchhausen 1894, S. 19–23; Siebmacher Brau, S. 7 und Taf. 6; Ledebur Bd. 2, S. 128 ff.
  11. Vgl. Siebmacher SaA, S. 159 und S. 181; siehe dazu auch Nr. 223.

Nachweise

  1. Haber 1739, S. 20 (teilweise).

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 274 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0027409.