Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 111 Dom, Remtergang 1486

Beschreibung

Cantorenstab, Domschatz Inv. Nr. 129;1) (Zypressen?) Holz, Silber vergoldet, Eisen; gut erhalten, am oberen abgeflachten Ende des Rundstabes Fragmente eines eisernen Dorns zum Aufstecken eines Knaufes, der heute fehlt, am unteren Ende ein eiserner Vierkantdorn. In der Mitte des Stabes eine mit zwei Silbernägeln befestigte Manschette aus vergoldetem Silber, die von Palmettenfriesen beschlossen wird; ihre drei Felder werden von aufgelegten Schnurstäben unterteilt, in das obere und untere sind Ranken- und Blütenmotive sowie je zwei Wappen, in das mittlere einzeilig umlaufend die Jahresangabe in Konturschrift graviert.

Maße: H. 125 cm, D. 1,8 cm, Bu. 1,8 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis, Gotische Minuskel.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann/Marion Gronemann) [1/3]

  1. AN(N)Oa) d(OMI)NIb) 14 · 86c)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1486.

Wappen:
unbekannt2)unbekannt3)
unbekannt4)unbekannt5).

Kommentar

Die konstruierten Kapitalisbuchstaben weisen an Schaft- und Balkenenden leichte Verbreiterungen, aber keine echten Serifen auf. Das zeigt das spitze A mit beidseitig überstehendem Deckbalken. Die Hasten- und Balkenenden sind verbreitert. Um eine Bogenverstärkung des O zu erreichen, nahm man eine fast rechteckige Innenkontur in Kauf. Das Minuskel-d gleicht den ausgesparten Buchstaben zeitgenössischer Goldschmiedearbeiten. Die schlingenförmige 4 steht aufrecht und ist in ihrem oberen Teil gerundet. Die offene 6 ist etwas unbeholfen und gleicht ein wenig einem G. Als Worttrenner fungieren Quadrangel.

Der Stab ist im Jahr der Einwölbung des Mittelschiffs des Langhauses geschaffen worden. Ob mehr als ein zeitlicher Zusammenhang zwischen beidem besteht, läßt sich jedoch nicht beweisen. Siehe zu den Cantorenstäben Nr. 93.

Textkritischer Apparat

  1. ANNO] Kürzungszeichen fehlt.
  2. dOMINI] Der erste Buchstabe in gotischer Minuskel.
  3. 1486] Zwischen den einzelnen Ziffern gravierte waagerechte Doppellinien.

Anmerkungen

  1. Wie Nr. 93 Anm. 1.
  2. Nach links gelehnt und linksgewendet, ein Pfau.
  3. Nach rechts gelehnt, eine schräglinks gelegte weibliche Büste mit Kopfbedeckung (Turban?), begleitet von aus dem rechten Obereck hervorkommenden Strahlen.
  4. Schild linksgelehnt, aber nicht linksgewendet. Zwei Pfähle, überdeckt von einem Freiviertel, darin ein Leopard.
  5. Nach rechts gelehnt. Anstoßender Dachsparren mit Kehlbalken, unten begleitet von einem sechsstrahligen Stern.

Nachweise

  1. Elis 1857, S. 76.
  2. Nebe 1889/1890, S. 86 f.
  3. Zschiesche 1895, S. 152 (teilweise).
  4. Hermes 1896, S. 122.
  5. BKD, S. 299 (teilweise).
  6. Doering 1927, S. 65 (teilweise).

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 111 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0011107.