Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 75: Halberstadt Dom (2009)
Nr. 90 Dom, südliches Querhaus 1440–1450
Beschreibung
Relief, an der Ostwand unter der Südempore; leicht beschädigt, ehemals an der Chorschrankenwand im westlichsten Joch des nördlichen Chorumgangs;1) Sandstein rot; unter einem profilierten Gesims links die Figur des hl. Thomas, in der Linken ein Beutelbuch, seine Rechte wird von der Hand des rechtsstehenden Christus umfaßt, der sie zu seiner Seitenwunde führt. In der Linken Christi Überreste eines Banners. Die Tituli erhaben ausgeführt, um den oberen Teil des Nimbus des hl. Thomas umlaufend (A) bzw. in einem eingetieften Schriftband unter der Darstellung, das auf der rechten Schmalseite weitergeführt wird, als Antiphonparaphrase (B). Das Steinmetzzeichen auf der Platte entspricht einem der Steinmetzzeichen des Tympanons des Nordportals.2)
Maße: H. 90 cm, B. 53 cm, T. 21,5 cm, Bu. 4 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal in gotischer Majuskel.
- A
s(an)c(tu)s · thomas ·
- B
Mitte · manu(m) · tua(m) · i(n) fix(ur)a · cla/vo[rum]a)3)
Übersetzung:
A: Der heilige Thomas. B: Lege deine Hand in das Heftmal.
Textkritischer Apparat
- fixura clavorum] Sic! latera mea Sic! Haber; Elis; la. . . Hermes.
Anmerkungen
- Vgl. Haber 1739, S. 37; Büsching 1819, S. 242; Elis 1857, S. 62; Zschiesche 1895, S. 146; Hermes 1896, S. 52; BKD, S. 292; Doering 1927, S. 52; Giesau 1929, S. 39 Abb. S. 99: „im nördlichen Umgang am Vierungspfeiler“.
- Vgl. Taf. LXXXII, Nr. 2 a. Für den Hinweis danke ich Frau Dipl. phil. Barbara Pregla, Halle.
- CAO Vol. III, Nr. 3782, 3797; Carmina Scripturarum, S. 486; nach Io 20,25–27.
- Vgl. Giesau 1929, S. 26; Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 49 f.; Elis 1857, S. 62 und 83 f., danach wohl Hermes 1896, S. 53. BKD und Doering 1927 setzen es noch ins 14. Jahrhundert.
- Vgl. Nr. 87; die Jahresangabe zuerst bei Giesau 1929, S. 32; eine historische Baunachricht liegt nicht vor; vgl. Elis 1883, S. 43 ff.; Hermes 1896, S. 36 ff.; BKD, S. 236; Doering 1927, S. 39; Hinz 1964, S. 36 ff.; Leopold/Schubert 1984, S. 78; Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 29 ff., 50; Findeisen 1996, S. 52 f.
Nachweise
- Haber 1739, S. 37.
- Elis 1857, S. 62.
- Hermes 1896, S. 53.
- Abb. Giesau, S. 99.
- Flemming/Lehmann/Schubert 1990, Abb. 92.
Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 90 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0009006.
Kommentar
Auffällig an der Schrift ist das t, dessen Balken – wie der Schaft – gestreckt wiedergegeben ist. Als Worttrenner fungieren Quadrangel auf Zeilenmitte. Die Kürzungszeichen wurden knapp über der eingetieften Inschriftenleiste ohne Trennung vom Bildfeld erhaben herausgearbeitet.
Das Relief, das von Giesau und Lehmann in die erste Hälfte bzw. um die Mitte des 15. Jahrhunderts datiert wird, soll nach Ansicht von Elis zur Brüstung der alten Kanzel gehört haben, die sich unter dem Bischofsstuhl (d. i. der Lettner) befunden habe und deren Unterbau 1857 noch zu sehen gewesen sein soll.4) Eine sichere Einengung des Zeitraumes mittels der Schriftformen ist nicht möglich, eine Entstehung um die Mitte des Jahrhunderts jedoch wahrscheinlich, wie ein Vergleich mit denjenigen des um 1440 anzusetzenden Nordportals zeigt.5) Der als Bildbeischrift benutzte Text entstand durch Kontamination zweier Stellen des Johannesevangeliums. Der erste Teil wurde der wörtlichen Rede Jesu, der zweite derjenigen des Thomas entnommen. Der Text wurde über die Zwischenstation zweier Antiphonen rezipiert.3)