Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 82 Dom, Chor 1427– um 1466?

Beschreibung

Standbilder; von den insgesamt vierzehn Heiligenfiguren an den Chorpfeilern sind diejenigen von fünf Aposteln beschriftet; heller Sandstein, nur wenig beschädigt, vollplastisch, in Teilen farbig gefaßt und in Baldachinarchitekturen gestellt, auf halbrunden oder sechseckigen Konsolen, die meist auf von Konsolweibchen getragenem Laubwerk ruhen.1) I. Am nördlichen Pfeiler des vierten Pfeilerpaars Andreas mit einem geschlossenen Buch in der Rechten und in der Linken das Andreaskreuz haltend, unten auf dessen schrägrechtem Balken die eingehauene Jahreszahl (A), am Sockel links das Stifterwappen Dotzem, rechts das Oberwappen. II. Am südlichen Chorpfeiler des dritten Pfeilerpaars Jakobus der Jüngere, die Rechte auf die Walkerstange gestützt, mit der Linken ein offenes Buch gegen die Schulter drückend; an der Fußplatte, unterbrochen durch das Stifterwappen Hoym, die Nameninschrift (B). III. Am südlichen Chorpfeiler des vierten Pfeilerpaars Philippus mit der crux immissa in der Linken, in der anderen Hand ein Buch, an der linken Seite zu seinen Füßen der kniende geistliche Stifter; an der Plinthe in eingetieftem Inschriftenfeld, unterbrochen durch das nur aufgemalte Bischofswappen Heinrichs von Stammer die Nameninschrift (C), an der gegenüberliegenden Seite ein leerer Schild, über dem sich vielleicht eine weitere Stifterfigur befand. IV. Am südlichen Pfeiler des fünften Pfeilerpaars Matthäus mit Schwert in der Rechten und Kelch in der Linken, am Sockel die Nameninschrift (D) und das Stifterwappen Hoym. V. Am südlichen Pfeiler des sechsten Pfeilerpaars Thomas, dessen Attribut, das Winkelmaß, samt dem englischen Gruß (E) auf einem Spruchband an der Konsole heute fehlt, mit dem Stifterwappen Bothmer. Alle Inschriften bis auf A erhaben ausgeführt.

E nach dem Aufnahmebogen von Karin Iffert, Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Inschriftenkommission Halle, Archiv.

Maße: H. jeweils ca. 200–250 cm (mit Baldachin ca. 350–400 cm), B. ca. 70 cm, Bu. ca. 4 cm (A), 7 cm (B, C), 10 cm (D), [1,8 cm (E)].

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal in gotischer Majuskel.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann/Marion Gronemann) [1/6]

  1. A

    Mcccc · xx · vija)2)

  2. B

    S(anctus) · iacobus · mi//nor

  3. C

    Sanct(vs) // phylippvs

  4. D

    Sant(us)b) · mathe(us)

  5. E †

    aue · m3)

Übersetzung:

A: 1427. B: Der heilige Jacobus der Jüngere. C: Der heilige Philippus. D: Der heilige Matthäus. E: Gegrüßet seiest du M[aria].

Wappen:
Dotzem4), Hoym5), Hochstift Naumburg/Stammer6), Hoym7), Bothmer8).

Kommentar

Alle Figuren mit Inschriften entstanden zu unterschiedlichen Zeiten. Der auffälligste Buchstabe der ältesten Inschrift (A) am Standbild des Apostels Andreas ist das M, das für die Ziffer Tausend steht. Ein Balken liegt in halber Höhe auf dem Buchstaben und hebt ihn so als Zahl hervor. Ungewöhnlich sind die spitzen Verlängerungen des linken Schaftes und der Sporn im oberen Drittel. Möglicherweise versuchte man so, einen Versalbuchstaben zu konstruieren. Der untere verkürzte Teil des rechten Schrägschaftes des x ist nur als Haarstrich ausgeführt. Als Worttrenner werden Quadrangel verwendet.

Davon unterscheiden sich erheblich die ausgesparten Buchstaben der Nameninschriften. Schon die Buchstabenhöhe unterscheidet die Schrift der Inschrift an der Skulptur des Apostels Matthäus (D) von denjenigen an den Statuen der Apostel Philippus (C) und Jacobus d. J. (B). Nur das Majuskel-S kommt demjenigen an der Figur des Jacobus minor (B) nahe. Die insgesamt gerundeteren Formen stehen denen der Philippusskulptur (C) näher. Allerdings fehlen in Inschrift D Buchstaben mit den dort typischen Unterlängen. Besondere Ähnlichkeit besteht zwischen den us-Haken, deren eingerollte linke obere Bögen kürzer und runder sind und weniger stark gebrochen als an der Jacobusstatue (B). Ein Quadrangel dient als Worttrenner. Die Proportionen der Buchstaben an der Jacobusfigur (B) sind weniger gestreckt als an der Skulptur des hl. Philippus (C). Besonders das Majuskel-S weist eine große Ähnlichkeit mit demjenigen an der Statue des Matthäus auf, jedoch wirken seine Formen noch ein wenig gerundeter und kommen darin wieder denen des Philippus näher. Die oberen Bögen des a und des c sind stärker gebrochen als diejenigen der Inschriften C und D. Das obere Schaftende des b ist nicht verbreitert. Das End-s ist durch einen Abschlußstrich vollständig geschlossen. Als Worttrenner wurden an den Ecken sehr lang und spitz ausgezogene Quadrangel verwendet. Die Buchstaben des Standbilds des Apostels Philippus (C) erscheinen in der Linienführung unsicherer als diejenigen der Inschriften D und B. Auffällig sind die nach links zugespitzten Unterlängen des p und des y. Der Bogen des h ist stark gebrochen, derjenige des p ist am oberen Ende offen und kreuzt am unteren den Schaft. Die oberen Schaftenden von h und l enden verbreitert. Angesichts des insgesamt geringen Buchstabenbestandes ist eine Händescheidung, wie sie für die Statuen vorgenommen wurde, sehr unsicher. Es ergibt sich kein eindeutiges Bild, das Verwandschaften und Abfolgen erkennen läßt. Allenfalls spricht es für eine zeitliche Nähe.

Von den insgesamt 14 Chorpfeilerfiguren ist nur diejenige des Apostels Andreas am vierten nördlichen Chorpfeiler datiert (A).2) Das Wappen, wie auch diejenigen an den Skulpturen der Apostel Johannes und Bartholomäus vor den beiden nächsten, westlich anschließenden Pfeilern, weist auf einen Stifter aus der Familie von Dotzem. Nur zwei Familienmitglieder sind urkundlich im Halberstädter Umkreis nachweisbar. So hat offenbar der Ritter Ernst von Dotzem die Standbilder an den nördlichen Chorpfeilern des vierten und fünften Pfeilerpaars 1427 und in den folgenden Jahren in Auftrag gegeben, wie das dort angebrachte Wappen der Familie zeigt.9) Daß es sich in beiden Fällen um einen weltlichen Stifter handelt, erhellt aus dem an der Skulptur des Apostels Andreas (A) vorhandenen ritterlichen Oberwappen und an der weltlichen Stifterfigur über dem von zwei Löwen gehaltenen Wappen zu Füßen des nicht inschriftlich bezeichneten Apostels Johannes. Beide Standbilder gehörten nicht nur wegen ihrer räumlichen Nähe in einen Zusammenhang, sondern auch nach dem Bildprogramm der Stifterzeichen. An der Statue des Apostels Andreas ist der Stifter, dessen Memoria im Dom gefeiert wurde, nur durch sein Wappen anwesend, an derjenigen des Apostels Johannes ist er über seinem Wappen in persona dargestellt, in vollem Harnisch mit tiefsitzendem Gürtel kniend und betend.

Unterhalb der Statue des Apostels Bartholomäus, die keine Inschrift ziert, am nördlichen Chorpfeiler des sechsten Chorpfeilerpaars, wiederholt sich das Wappen noch einmal. Hier handelt es sich wohl, weil ohne jegliches Oberwappen, um das Wappen seines geistlichen Verwandten, des Halberstädter Domherrn und Seniors, Propstes von St. Bonifatius und Walbeck sowie Archidiakons von Quedlinburg Gerhard von Dotzem.10) Er hatte die Skulptur vermutlich noch zu Beginn der dreißiger Jahre gestiftet, wie auch in engem zeitlichen Zusammenhang damit die Katharinenskulptur (vgl. Nr. 89), die heute im nördlichen Seitenschiff aufbewahrt wird.

Die beiden Statuen vor den südlichen Chorpfeilern des dritten und fünften Pfeilerpaares, die die inschriftlich mit ihren Namen bezeichneten Apostel Jakobus d. J. (B) und Matthäus (D) darstellen, tragen jeweils das Wappen derer von Hoym. Beiden Wappen fehlt das Oberwappen. Sie sind deshalb wohl geistlichen Stiftern zuzuschreiben. Nach stilkritischen Einschätzungen von Marchand, Giesau und Lehmann nimmt man eine Entstehung der Skulpturen um 1460 (Matthäus) bzw. um 1465 (Jakobus d. J.) an.11) Die Statue des Matthäus schreibt Marchand einem vielleicht aus Braunschweig stammenden Bildhauer zu, diejenige des Jakobus d. J. demselben Steinmetzen, der auch den Apostel Philippus geschaffen habe und aus der Schule des Matthäusmeisters hervorgegangen sei.

Als Stifter kommen für diese beiden Statuen nur Mitglieder der weitverzweigten Familie von Hoym in Frage, die zur Zeit der Entstehung der beiden Figuren Halberstädter Domherren waren. Das sind vier an der Zahl. Gebhard von Hoym hält schon 1423 – im Alter von neun Jahren – eine Minorpräbende, ist zwischen 1436 und 1458 als Propst des Liebfrauenstiftes und damit auch als Domherr belegt, seit 1445 auch als Propst von Walbeck, in den Jahren 1450 und 1451 zusammen mit Wiprecht Grope als magister fabricae des Domes.12) Sein Anrecht, Thesaurar des Halberstädter Kapitels zu werden, gab er 1455 zugunsten des Anspruchs auf das Magdeburger Dekanat auf.13) Wenn er die Skulptur des Matthäus (D) gestiftet hat, dann vor 1458, als er Bischof wurde, denn ab diesem Zeitpunkt hätte er sein bischöfliches Wappen benutzt. Die Skulptur wäre dann also etwas früher entstanden, als nach dem stilkritischen Befund angenommen wird. Für die Stiftung der Statue des Jacobus d. J. bieten sich, wenn die stilkritische Datierung stimmt, die Domherren Johann von Hoym,14) der in den Jahren 1460 bis 1466 nachweisbar ist, oder sein Verwandter Siegfried von Hoym an. Letzterer war seit 1449 bis 1483 Propst von St. Pauli in Halberstadt und ist auch als Domherr, -kämmerer und Rentmeister des Domes, seit 1454 als Senior belegt.15) Im Jahr 1464 wird ein gleichnamiger Verwandter zusammen mit Ludolf von Estorf als magister fabricae genannt, im Jahr 1480 zusammen mit Werner Jansmann als Rentmeister.16) Alle drei kommen aus zeitlichen Gesichtspunkten natürlich auch für die Stiftung der Matthäusfigur in Frage.

Das Standbild des Apostels Philippus (C) wurde durch Heinrich von Stammer als Naumburger Bischof (1466–1481) gestiftet.17) Er war seit 1451 als Halberstädter Domherr und Archidiakon des Balsamgaus nachweisbar, seit 1465 ist er auch als Inhaber einer Magdeburger Pfründe belegt. Sein Wappen erscheint im Halberstädter Dom mehrfach an Bauteilen: als Familienwappen an der Front des südlichen Querhauses, als Bischofswappen auf dem Schlußstein des zweiten Langhausjoches (vgl. Nr. 110). Daraus folgt dann auch, daß die Philippusfigur erst nach seiner Wahl zum Naumburger Bischof entstanden sein kann, vermutlich 1466, allenfalls in den Jahren kurz darauf. Die Statue des Thomas am nördlichen Pfeiler des sechsten Chorpfeilerpaars trägt das Wappen des Domherrn Otto von Bothmer, der als Domherr und auch als Portanarius zwischen 1437 und 1463 nachweisbar ist.18)

Für drei der restlichen neun Skulpturen waren offensichtlich keine Wappen vorgesehen. Die beiden Patrone Stephanus und Sixtus am östlichsten Pfeilerpaar und das Standbild des Petrus am nördlich folgenden des zweiten Pfeilerpaars weisen solche nicht auf.19) Dasjenige zu Füßen des hl. Paulus am südlichen Pfeiler des zweiten Pfeilerpaares repräsentiert ein Mitglied der Familie Koneken.20) Das Wappen an der Figur des Jacobus maior am nördlichen Pfeiler des dritten Pfeilerpaares wurde abgeschlagen.21) An der Statue des Judas Thaddäus am nördlichen Pfeiler des westlichsten Pfeilerpaares ist wohl das Wappen des Domherrn Gunzelin von Bartensleben zu sehen.22) Das bei der Figur am gegenüberliegenden Pfeiler, wohl Simon von Kana, befindliche gehört zu einem Mitglied der Braunschweiger Bürgerfamilie Quirre.23)

Textkritischer Apparat

  1. mcccc · xx · vij] 1422 BKD, Doering.
  2. Santus] Sic!

Anmerkungen

  1. Zur Entstehungszeit der Konsolen vgl. Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 150. Zur symbolischen Bedeutung des Figurenzyklus vgl. Findeisen 1996, S. 60 f.
  2. 1427.
  3. Anfang des Ave Maria, nach Lc 1,28.
  4. Drei schräggestellte aneinanderstoßende (schwarze?) Spickel schrägbalkenweise, HZ: offener Flug; vgl. UBHH Bd. 4, Taf. XXII Nr. 192 (Siegel des Halberstädter Domherrn Gerhard von Dotzem).
  5. Von Schwarz und Silber dreimal geteilt; vgl. Siebmacher Sa, S. 78 mit Taf. 49 mit abweichenden Tinkturen (Blau und Silber).
  6. Quadriert, 1. und 4. in Silber ein roter Schlüssel und ein rotes Schwert schräggekreuzt, 2. und 3. in Rot ein silberner Wellenbalken, über dem Schild Mitra und quergelegtes Pedum; vgl. das Hochstiftswappen Siebmacher Bi, S. 37 ff. mit Taf. 65 mit abweichenden Tinkturen, zum Familienwappen ebd. Sa, S. 48 mit Taf. 55.
  7. Wie Anm. 5.
  8. Ein Boot; vgl. Siebmacher Han, S. 4 mit Taf. 4.
  9. Zu Ernst von Dotzem vgl. die Urkunde von 1455 X 29, LHASA Magdeburg, Rep. U 5, XVIIa, Nr. 9. Sein Todesdatum könnte bis zu zwei Jahrzehnten vor dem Datum der Urkunde gelegen haben, wie eine Auswertung der Namensliste der Personen ergeben hat, deren Memorie in der Urkunde erwähnt wird.
  10. Zu Gerhard von Dotzem vgl. Nr. 89.
  11. Marchand 1925/26, S. 313; Giesau 1929, S. 39 f.; Flemming/Lehmann/Schubert 1990, S. 48 f. Die Autoren nehmen aufgrund des Wappens Gebhard von Hoym als Stifter an. Hinz 1964, S. 128 setzt deshalb dessen Pontifikat 1458–1479 als Entstehungszeitraum an.
  12. RG IV, Sp. 770 f.; RG VII, Nr. 652, 2672; LHASA Magdeburg, Rep. U 5 XII, Nr. 52; XVII e, Nr. 21, 66, XVII f, Nr. 125; Würzburg Staatsarchiv, Mainzer Ingrossaturbuch N 23, fol. 1 a ff.; UB Stadt Halberstadt, Nr. 948 A; als Bischof ebd., Register S. 521; UB S. Bonifacii et S. Pauli, Register S. 583; UB St. Johann, Register S. 598; Boettcher 1913, S. 312–320; Averkorn 1997, S. 45 f.; Gatz 1996, S. 321 f. (Josef Pilvousek).
  13. RG VI, Nr. 1334; RG VI, Nr. 652, 2876.
  14. LHASA Magdeburg, Rep. U 5 XII, Anhang Nr. 5g, XVII f, Nr. 35, 238; ebd., Rep U 7, Nr. 921.
  15. LHASA Magdeburg, Rep. U 5, IX, Nr. 178, 188, XII, Nr. 52, 55, Anhang 5g; ebd., XIII, Nr. 239, 240, 240 a, 248 a, 249 a, 284, XV Nr. 18, XVII a, Nr. 11, 11 a; ebd., XVII d, Nr. 12; ebd., XVII f Nr. 35, 64, 167, 211, 230, 243, 243 d, 259, 260, 276 (= UB Stadt Halberstadt, Nr. 1005 S. 276 f.), XVIII, Nr. 2; ebd., Akten d. Fürstenthums Halberstadt Nr. 1010 (Kopie von 1713); ebd., Rep. U 7 Nr. 921; RG VII, Nr. 1857, 2558, 2664; RG VIII, Nr. 4016, 5203; UB Stadt Halberstadt, Register S. 527; UB S. Bonifacii et S. Pauli, Register S. 585; UB St. Johann, Register S. 601.
  16. Magdeburg LHASA, Rep. U 5 XIII, Nr. 248 a, 284, XVII f, Nr. 96.
  17. GS Naumburg Bd. 1, 2, S. 919–929; GS Magdeburg Bd. 1, S. 308, 546; Gatz 1996, S. 680 f. (Clemens Brodkorb); RG VII, Nr. 1000; RG VIII, Nr. 2010; RG IX, Nr. 394, 2146; vgl. auch Fuhrmann 2002 a, S. 204.
  18. RG VI, Nr. 4667; Magdeburg LHASA, Rep. U5 XVII b, Nr. 32, 78.
  19. Die Darstellung Petrus’ wie auch des Sixtus als mit der Tiara bekrönte Päpste ist vielleicht als Reflex auf das Große Schisma und seine Überwindung durch das Konstanzer Konzil zu verstehen. Das Halberstädter Kapitel war seit 1378 stets der römischen Observanz gefolgt. Zu einem ähnlichen Bildmotiv im Halberstädter Marienfenster vgl. Fitz 2003, S. 311 f.
  20. Wappen: geteilt, oben von Schwarz und Silber geteilt, unten von Schwarz und Silber fünfmal schräggeteilt, Wappen wohl linksgewendet; vgl. das in den Tinkturen leicht abweichende Wappen Siebmacher SaA, S. 88 mit Taf. 56; vgl. auch das sehr ähnliche Wappen Redekin, ebd., S. 129 mit Taf. 85; ebd., BraA, S. 72 mit Taf. 43. Nach der stilkritischen Datierung der Entstehungszeit war vielleicht der Domherr und Doktor des Kirchenrechts Gerhard Koneken d. Ä., der als Halberstädter Domherr und Kellner zwischen 1413–1454 belegt ist und auch Pfründen in Magdeburg und Hildesheim innehatte, der Stifter. Seine beiden Verwandten Gerhard d. J. (1421–nach 1453 XII 9), seit 1445 Domdekan in Magdeburg, Licentiat des Kirchenrechts und Halberstädter Domherr, und Johann Koneken (1421–1454) kommen jedoch ebenso in Frage wie der Altarist der Vikarie St. Jakobi im Dom, Magister Nicolaus Koneken, der von 1430 XII 30 bis vor 1455 X 29 belegt ist. Vgl. UBHH Bd. 4, Register S. 647 f., GS Magdeburg Bd. 1, S. 525 f. (Gerhard Koneken d. Ä.), GS Magdeburg Bd. 1, S. 360 f. (Gerhard Koneken d. J.); GS Magdeburg Bd. 2, S. 637 erwähnt eine Stiftung des Festes St. Petri und Pauli an St. Sebastian Magdeburg durch Magister Johann Koneke; GS Magdeburg Bd. 2, S. 601, 637, 757, 777 (Johann Koneke), Halberstadt, Gymnasialbibliothek, Transsumpt des Domkellners (Mag. Nikolaus Koneken, möglicherweise identisch mit dem Magdeburger Stiftsherrn von St. Peter und Paul; vgl. RG VII, Nr. 2192; GS Magdeburg Bd. 2, S. 780). Alle als verstorben erwähnt in LHASA Magdeburg, Rep. U 5 XVI, Nr. 10 von 1455 X 29. Das Standbild des Paulus am südlichen Pfeiler des zweiten Chorpfeilerpaares könnte also Gerhard Koneken d. J. gestiftet haben, der seit 1445 als Domdekan in Magdeburg fungierte. In Verbindung mit dem stilkritischen Befund spräche das für eine Entstehung der Statuen des Paulus und Jacobus maior zwischen 1445 und 1450; vgl. bei Anm. 21.
  21. Die Überreste suggerieren, daß es sich um ein gespaltenes Wappen gehandelt haben könnte, mithin das Halberstädter Stiftswappen. Rechts an der Figurenkonsole scheinen noch Reste eines zweiten Wappens erhalten geblieben zu sein.
  22. Ein über zwei Korngarben springender Wolf, Wappen linksgewendet; vgl. Siebmacher SaA, S. 10 mit Taf. 6 (Bartensleben und Barwinkel), ebd., S. 8 mit Taf. 5 (Bardeleben II), ebd., S. 9 mit Taf. 5 (Bartensleben), ebd. BraA, S. 7 mit Taf. 3 (Bartensleben), ebd., S. 10 mit Taf. 5 (Berwinkel); ebd. Pr, S. 78 mit Taf. 101 (Bardeleben). Gunzlin von Bartensleben war Domherr in Halberstadt, 1425 auch in Magdeburg, seit 1438 dort auch Dompropst, resigniert allerdings 1443, lebt aber noch bis 1446; vgl. GS Magdeburg Bd. 1, S. 330 f., 527.
  23. Ein Rosenschapel; es handelt sich wohl um das Wappen eines Angehörigen der braunschweigisch-hannöverschen Bürgerfamilie Quirre. Ludolf Quirre hatte seit 1422 neben anderen Pfründen ein Kanonikat in Halberstadt inne oder hielt zumindest einen Anspruch darauf. Im Jahr 1453 wurde er zum Halberstädter Dompropst gewählt. Seither führte er bis zu seinem Tod 1463 im Schild sein Familienwappen mit dem der Dompropstei vereinigt (geviert, im 1. und 4. Feld ein Adler, im 2. und 3. Feld ein Rosenschapel; vgl. den Schlußstein des ersten Joches des südlichen Seitenschiffs, an der Konsole des südwestlichen Vierungspfeilers nach Norden, unter der nicht zughörigen Figur des hl. Erasmus). Quirre verhalf seinem Verwandten, Johann Quirre, der schon eine Anwartschaft auf ein Kanonikat in Halberstadt hatte, 1459 zum Dekanat des Halberstädter Doms. Dieser führt als Dekan weiter sein persönliches Wappen. Er hielt sich bis 1465 in diesem Amt und resignierte dann. Vgl. zur Wappenfigur Schwarz 1994, S. 56, zu Ludolf und Johann Quirre in Halberstadt ebd., S. 45 ff., 49 f., 54 ff., 64–71; Schwarz 2002, S. 183–202. Die – wie diejenige des Judas Thaddäus – stilistisch schwer einzuschätzende Statue könnte, wenn sie vor den fünfziger Jahren des Jahrhunderts entstanden ist, nur von Ludolf Quirre gestiftet worden sein. Stammt sie von seinem Verwandten Johann, dann müßte sie in der ersten Hälfte des siebten Jahrzehnts in Auftrag gegeben worden sein.

Nachweise

  1. Elis 1883, S. 44.
  2. BKD, S. 264.
  3. Marchand 1925/26, S. 311.
  4. Giesau 1929, S. 39.
  5. Hinz 1964, S. 126.
  6. Flemming/ Lehmann/Schubert 1990, S. 47.
  7. Findeisen 1996, S. 61 (sämtlich ausschließlich A).

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 82 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0008201.