Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 60 Dom, Depot A. 15. Jh.

Beschreibung

Futteral einer Schädelreliquie, ohne Inv. Nr.; blaue und grüne Seide, weißes Leinenfutter, rotes, blaues und weißes Garn, der Saum verstärkt. Das Futteral wurde paßgenau für den Schädel angefertigt, so daß ein Sichtfenster für den Schädelknochen offen blieb. Darunter, umgeben von Blatt- und Rankenornamenten gestickt der Buchstabe, ein möglicher Buchstabenrest rechts darüber.

Maße: H. 15 cm, B. 9,6 cm, T. 10,7 cm, Bu. 5,4 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. m

Kommentar

Die Fundumstände sind unklar. Max Creutz erwähnt die Reliquie in seinem Inventar von 1909 als Teil eines Bleikastens, der im Jahr 1864 im Hochaltar des Doms gefunden worden war.1) Im Domkalender auf das Jahr 1866, in dem über den Fund berichtet wird, ist dieses Reliquiar, als solches muß man das Futteral wohl bezeichnen, nicht erwähnt.2) Auch Lucanus geht in seinem Wegweiser durch Halberstadt, der 1866 erschienen ist, nicht darauf ein.3) Deshalb ist die These von Petra Janke nicht von der Hand zu weisen, daß es sich um eine Schädelreliquie gehandelt hat, die während Heiltumsweisungen öffentlich gezeigt werden sollte.4) Vielleicht befand sie sich ja seit dem frühen 16. Jahrhundert im großen Reliquienschrank auf dem Hauptaltar.5) Allerdings werden es kaum die bei der Domweihe von 992 im Hauptaltar aufgefundenen und wieder eingebrachten Schädelreliquien des Heiligen Urban (magna pars capitis) und des Dompatrons Sixtus (pars capitis) gewesen sein, die Bischof Bernhard (923–968) aus Rom mitgebracht hatte, denn diese waren ja in das Sepulchrum zurückgelegt worden.6) Gegen diese Aufbewahrung spricht auch die Sichbarkeit der Kalotte. Vielleicht handelt es sich tatsächlich, wie Janke vermutet, um den Schädel der heiligen Verena, der zusammen mit dem Schädel des Apostels Jakob minor in einem päpstlichen Ablaß des Jahres 1401 erwähnt wird.7) Die Buchstabenform des m spricht jedenfalls nicht dagegen.

Anmerkungen

  1. Janke 2006, Nr. 22. b S. 222–224.
  2. DKK 1866, S. 9 f.
  3. Lucanus 1866.
  4. Janke 2006, S. 223 f.
  5. Vgl. zum Reliquienschrank Karlson 2001.
  6. Ebd.; GEH, S. 88.
  7. Janke 2006, S. 223; UBHH Bd. 4, Nr. 3174 S. 451–453 von 1401 VI 15.

Nachweise

  1. Janke 2006, Nr. 22. b S. 222–224 mit Abb. 58.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 60 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0006005.