Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 266 Dom, Kreuzgang 1644

Beschreibung

Grabplatte des Domherrn Georg Friedrich von Schachten; es handelt sich um die Zweitverwendung einer Grabplatte aus dem Jahre 1456 für einen Kleriker (vgl. Nr. 96); an der Nordwand des Kreuzgangs, im zehnten Joch von Osten, ehemals im südlichen Seitenschiff;1) heller Sandstein, die untere Schriftleiste wurde erst im Oktober 2004 bei der Neugestaltung des Kreuzganges sichtbar. Im Inneren der profilierten Platte in der Mitte ein querrechteckiges, bossiertes Feld, darin als ovales Relief ein Vollwappen, in Kartuschen in den Zwickeln vier weitere Vollwappen. Auf dem Rand umlaufend der Sterbevermerk (A) eingehauen; in gegenständigen, in Karniesbogen endenden Kartuschen über und unter dem Hauptwappen in der Mitte des Steins in Rechtecken zeilenweise die eingehauenen Bibelsprüche (B) und (C). Wappenbeischriften (D–G) über den Wappen eingehauen. Pechreste in den eingehauenen Linien.

Maße: H. 182 cm, B. 108 cm, T. 16 cm, Bu. 5 cm (A), 3,5 cm (B, C), 2,5 cm (D–G).

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    R(EVEREN)DVS ET PRAENOB(ILIS)a) D(OMI)NVS GEORGIVS / FRIDERICVS Ab) SCHACHTEN ECCL(ESI)AE CATHEDR(ALIS) HALBERSTAD(ENSIS)c) CANON(ICVS)d) / ET AREAE PRAEFECTVSe) N[ATVS ....]f) / 25 MA[..]g) [MOR]TVVS 24 FEBR(VARII)h) 16442) AETATIS SVAE 58i) ANN(OS) 9 MENS[ES]

  2. B

    ESA · 57 / V · 1 · 2 / IVSTVSj) PERIT / ET NON EST / QVI RECOGITET / IN CORDE SVO / ET VIRI MISERICORDIAE COLLI/CVNTVRk) QVIA NON EST QVI INTEL=/LIGAT : Ab) FACIE ENIM MALI COLLEC=/TVS EST VENIAT PAX REQVIESCAT / IN CV//BILI SVO3)

  3. C

    ROM 14 · V · 8 · 9 / SIl) VIVIMVS DOMINO VIVIMVS SI / MORIMVR DOMINO / MORIMVR SIVE / ERGO VIVIMVS / SIVE MORI=/MVR DOMINI / SVMVS4)

  4. D

    D(IE) · V(ON) // SC(H)A(CHTEN)

  5. E

    D(IE) · V(ON) · // SPI(EGEL)

  6. F

    D(IE) · V(ON) // R[...]

  7. G

    D(IE) · V(ON) // K[...]

Übersetzung:

A: Der ehrwürdige und wohledle Herr Georg Friedrich von Schachten, der Halberstädtischen Domkirche Domherr und Landpfleger, (geboren im Jahre 1585) den 25. Mai, gestorben den 24. Februar 1644, seines Alters 58 Jahre 9 Monate. B: Isaia 51 Vers 1 und 2. Der Gerechte kommt um, und niemand ist, der es in seinem Herzen bedenken mag, und die Männer der Barmherzigkeit werden hinweggerafft, denn es ist niemand, der es wahrnimmt. Vom Gesicht nämlich des Bösen ist er hinweggerafft worden. Es komme der Friede. Er möge ruhen auf seinem Lager. C: Römer 12 Vers 8 und 9. Wenn wir leben, leben wir dem Herrn, wenn wir sterben, sterben wir dem Herrn, ob wir also leben oder sterben, wir sind des Herrn.

Wappen:
Schachten5)
Schachten5) Spiegel6)
Reden?7) Kanne8).

Kommentar

Zum Teil spitz ausgebuchtete Sporen schließen Hasten-, Balken- und Bogenenden ab. Die Balken enden keilförmig verbreitert. Beide Schräghasten des K sind gebogen. Die Cauda des Q setzt in der Bogenmitte des linken Bogenabschnitts an. Die Stachelcauda des R wird unter die Zeile verlängert. Der untere Bogen des S ist größer als der obere. X hat zwei gleiche, gerade Schräghasten. Als Kürzung für Vers wird ein Fraktur-v benutzt. Ein Sparren dient als diakritisches Zeichen zur Unterscheidung des Ablativs, i-Punkte werden fast durchgängig gesetzt. Als Trennzeichen wurden zwei Schrägstriche knapp über der Grundlinie verwendet, als Worttrenner, Kürzungszeichen und i-Punkte: Dreispitze (auf Zeilenmitte).

Die Schachten stammen aus Hessen und waren in Westfalen, im Lüneburgischen und in der Altmark begütert.5) Vermutlich ist Georg Friedrich von Schachten mit dem Domherrn von Schack gleichen Vornamens identisch, den Lentz in seiner Stiftsgeschichte für das Jahr 1629 erwähnt.9) Er war auch Rittmeister der Hessen-Kasselischen Garde und durch seine Verteidigung der Ideen Christian Liebenthals (1586–1647) an der Grundlegung des Öffentlichen Rechts und der Politischen Wissenschaften im Reich beteiligt.10)

Textkritischer Apparat

  1. PRAENOBILIS] Kürzung mittels Doppelpunkt.
  2. A] Häkchen als diakritisches Zeichen.
  3. CATHEDRALIS HALBERSTADENSIS] Jeweils durch Doppelpunkt gekürzt.
  4. CANON(ICVS)] Kürzungszeichen fehlt.
  5. ET … PRAEFECTVS] Sämtliche Buchstaben sind beschädigt oder zerstört.
  6. NATVS] Es folgte wohl in Ergänzung des weiteren Textes und sich aus der Altersangabe ergebend: 1585.
  7. MA..] Zu MAII zu ergänzen.
  8. FEBRVARII] Kürzung mittels Doppelpunkt.
  9. 58] Die zweite Ziffer beschädigt.
  10. IVSTVS] Erster Buchstabe überhöht.
  11. COLLICVNTVR] Sic! Für COLLIGVNTVR.
  12. SI] Erster Buchstabe überhöht.

Anmerkungen

  1. Vgl. BKD, S. 300.
  2. Nach neuem Stil vermutlich am 5. März 1644.
  3. Vgl. Is 57,1–2.
  4. Vgl. Rm 14,8.
  5. Ein schräggelegter, gekrümmter, gestümmelter Ast aus dem oben zwei, unten eine Rose sprießen, HZ: eine linksgewendete Katze vor einem mit Hahnenfedern besteckten Schaft sitzend; vgl. Siebmacher Si 1, S. 141; ebd. BraA, S. 79 und Taf. 47; ebd. Pr, S. 346 und Taf. 400; ebd. He, S. 24 und Taf. 26; Ledebur Bd. 2, S. 345; Kneschke Bd. 8, S. 68 f.
  6. Drei runde Spiegel 2:1, HZ: offener Flug, jeder Flügel mit den drei Spiegeln 2:1 belegt; vgl. Siebmacher Brau, S. 9 und Taf. 8; ebd. He, S. 26 und Taf. 29; Kneschke Bd. 8, S. 559 f.
  7. Dreimal geteilt, HZ: zwei Spieße (Kolben?); vgl. Siebmacher Han, S. 14 und Taf. 15; ebd. Lip, S. 6 und Taf. 5; ebd. Pr, S. 319 und Taf. 373; Ledebur Bd. 2, S. 267 f.; Kneschke Bd. 7, S. 389 ff.; die Form der Helmzier weicht etwas von derjenigen ab, die in den Wappenbüchern beschrieben wird.
  8. Gespalten, darin ein Stierkopf, HZ: zwei Büffelhörner; vgl.; Siebmacher PrE, S. 193 und Taf. 242; Ledebur Bd. 1, S. 414; vom Befund abweichende Blasonierungen bei Siebmacher SaA, S. 82 und Taf. 52; vgl. zum Geschlecht auch Kneschke Bd. 5, S. 19 f.
  9. Lentz 1749, S. 311.
  10. Vgl. Zedler Bd. XXXIV, Sp. 693; Vgl. „Disputatio Politica de Republica eiusque formis: Monarchia, Aristocratia & Democratia quam D. T. O. M. A. praesidente viro consultissimo, clarissimo & excellentissimo DN. Christiano Liebenthal J.U.D. et Professore in inclyta Academia Gissena Ordinario, fautore & hospite suo plurimum honorando, publice tuebitur pro viribus Georgius Fridericus von Schachten ad d. 13. April, Gissa Hessorum MDCXXII“. Zu Liebenthal siehe Zedler Bd. XVII, Sp. 989 f.; Stolleis 1988, S. 119 f.; Weber 1992, S. 116 f.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 266 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0026607.