Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 246 Dom, Kreuzgang 1601

Beschreibung

Grabplatte des Domherrn Joachim von Borch; an der Nordwand des Kreuzgangs im ersten Joch von Osten;1) heller Sandstein, gut erhalten; Relief: in einer durch Gesimse gegliederten, von Pilastern mit diamantquadergeschmückten Sockeln, Puttenköpfen als Konsolfiguren und ionischen Kapitellen getragenen, durch Bandornamentik geschmückten Rundbogennische, ein bärtiger Kleriker stehend, in Birett, Halskrause, pelzverbrämte und von einer Agraffe gehaltene Almutie und Chorrock gekleidet, in Händen ein Buch, zu Füßen ein Vollwappen. Der Bogenscheitel wird von einem geflügelten Engelskopf bekrönt. In den Ecken der Platte in Medaillons die geflügelten Evangelistensymbole. Auf eingetiefter Inschriftenleiste am Rand umlaufend der erhaben ausgehauene Sterbevermerk (A) in Scriptura continua, auf dem rechten Pilaster fortgesetzt. Auf den Spruchbändern der Medaillons die Tituli (B–E).

Maße: H. 214 cm, B. 132 cm, T. 14 cm, Bu. 4,5–5,5 cm (A), 2,8 cm (B–E).

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann/Marion Gronemann) [1/1]

  1. A

    AN(N)Oa) DOMINI // 1601 DIE 23 / IANVARII OBIIT REVERENDVS AC NOBILIS DOMINVS IOACHIMVS A BORCH CAN//ONICVS AC VICEDOMINVS CATHEDRALIS // ET PRAEPOSITVS S(ANCTI)b) BONIFACII ECCLESIARVM HALBERSTADENSIVM CVI(VS) // ANIMA REQUIESCATc) IN PACE

  2. B

    S(ANCTVS) MATTHEVS

  3. C

    S(ANCTVS) MARCVS

  4. D

    S(ANCTVS) // LVCAS

  5. E

    IOHANNES

Übersetzung:

A: Im Jahre des Herrn 1601 am 23. Tag des Januar starb der ehrwürdige und edle Herr Joachim von Borch, Domherr und Vicedominus der Halberstädter Bischofskirche und Propst der Kirche des Heiligen Bonifatius, dessen Seele in Frieden ruhe. B: Der heilige Matthäus. C: Der heilige Markus. D: Der heilige Lukas.

Wappen:
Borch2).

Kommentar

Eine vertikal betonte, schmal proportionierte Schrift mit keilförmigen Verbreiterungen von Hasten und eingeschränkt auch Balken, ohne Serifen an den Hasten- und Balkenenden, jedoch an den Bogenenden von C und S. Ligaturenreiche Schrift, die auch ungewöhnliche Nexus litterarum wie AR, AN, NV, VE, ND aufweist. A kommt nur spitz vor, M hat einen verkürzten Mittelteil und gerade Seitenhasten. R wie Q zeigen geschwungene Caudae. Worttrenner fehlen.

Als Halberstädter Domherr ist Joachim von Borch, einer in der Altmark begüterten Familie entsprossen, nach Lentz seit 1583 nachweisbar, seit 1590 als Vicedominus, Divisor und Propst von Sankt Bonifatius genannt.3) Im Jahr 1593 wird er stattdessen Propst von Sankt Moritz genannt.4) Er gehörte, wenn auch wankelmütig, zu den katholischen Domherren und war eng mit dem damaligen Domdekan, dem streng katholischen Matthias von Oppen, befreundet.5) Noch zum 4. Juli 1600 wird er genannt, die päpstliche Provision seines Nachfolgers ist nach der Angabe von Borch 1872 irrtümlich auf den 19. März 1600 ausgestellt; es muß dort wohl 1601 heißen; als Sterbemonat ist korrekt der Januar angegeben.6) Die Grabplatte stammt aus derselben Werkstatt (H2) wie diejenige des ein Jahr zuvor verstorbenen Domkanonikers Johannes von Britzke.7)

Textkritischer Apparat

  1. ANNO] Kürzungszeichen fehlt.
  2. SANCTI] Kürzungszeichen fehlt.
  3. REQUIESCAT] Sic! Es handelt sich wohl um einen Nexus litterarum für QUI und damit um das einzige runde U in dieser Inschrift.

Anmerkungen

  1. Die ursprüngliche Lage der Platte ist unbekannt. Ein ehemals an der Ostwand des Kreuzgangs zwischen dem zweiten und dritten Gewölbe angebrachtes Hängeepitaph könnte dasjenige Joachims von Borch gewesen sein. Auf der Haberschen Zeichnung des Kreuzgangs ist jedoch nur der Name à Bork angegeben. Vgl. Halberstadt, Domarchiv, Grundriß des Kreuzgangs nach Haber von Carl Elis … 1836, ohne Signatur.
  2. Drei Balken, HZ: über Helmwulst ein gestreifter Flug; vgl. Siebmacher BraA, S. 134 und Taf. 7; Ledebur Bd. 1, S. 86; Kneschke Bd. 1, S. 564.
  3. Vgl. Lentz 1749, S. 309 f.; UB St. Johann, Nr. 544 S. 469, Nr. 549 S. 471 f.; ebd., Nr. 550 als verstorben erwähnt; Neumann 1900, S. 55 und Tab. II Nr. 12. Zu den Ämtern des Vicedominus und Divisors vgl. Brackmann 1898, S. 59 ff.
  4. Lentz 1749, S. 310 nach der zugehörigen Pfarrkirche; vgl. UB S. Bonifacii et S. Pauli, S. IX–XXVI und bes. S. XIII f., BKD, S. 375 f. und Blankenburg 1923.
  5. Vgl. Langenbeck 1886, S. 77, 102; Opel 1869, S. 393; Mülverstedt 1894, Register S. 459 Stichwort: Borch.
  6. Vgl. Borch 1872, S. 81 f.
  7. Vgl. Nr. 235.

Nachweise

  1. Halberstadt, Domarchiv, Zeichnung von Johann Schäfer 1842, ohne Signatur.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 246 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0024605.