Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 230 Dom, Alter Kapitelsaal 1590

Beschreibung

Grabplatte des Domherrn Eustachius von Beutel, an der Nordwand des Alten Kapitelsaals, als vierte Grabplatte von Westen;1) heller Sandstein, der untere Rand und die linke untere Seite beschädigt. In von Pilastern getragener Rundbogennische auf einer beschädigten Konsole stehend ein bärtiger Kleriker, gekleidet in Birett, Halskrause, pelzverbrämte, von Kordeln gehaltene Almutie und Chorrock, in den Händen ein Buch. Die Sockel der Pilaster sind von Blattmasken geschmückt, das Gesims und der Bogenscheitel von Cherubsköpfen verziert, in den Ecken Vollwappen. Am Rand umlaufend und auf den Architekturpilastern sowie über dem Architekturbogen fortgesetzt der eingehauene Sterbevermerk. Auf dem rechten Pilaster sind noch die begrenzenden Hilfslinien des Steinmetzen leicht eingehauen zu sehen. In den Buchstaben Pechreste. Das Gesicht eines Puttos ist abgeschlagen und die Nase des Dargestellten verstümmelt.

Maße: H. 204 cm, B. 112 cm, T. 16 cm, Bu. 5,5–6,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann/Marion Gronemann) [1/1]

  1. AN(N)O 1590a) // NOVE(M)BRISb) // 2 · OBIIT IN CHR(IST)O · REVERE(N)D(VS) · AC NOBILIS VIR D(OMI)N(V)S · // [E]VSTACHIVSc) · A · BOIJTHEL // HVIVSd) ECCL(ESI)AEe) CANONICVS ET · CELLERARI(VS) // NEC NON // BEATAE // MARIAE P(RAE)POSIT(VS) CVIVS A(N)I(M)A // REQVIESCAT IN PACE

Übersetzung:

Im Jahre 1590, den 2. November, starb in Christus der ehrwürdige und edle Mann, Herr Eustachius von Beuthel, Domherr und Cellerarius dieser Kirche, ebenfalls der Seligen Maria (Liebfrauenkirche) Propst, dessen Seele in Frieden ruhe.

Wappen:
Beutel2) Lindstedt3)
Winterfeld4) Sparr5).

Kommentar

Das C in NEC und PACE kommt ohne Serifen aus, die sonst üblich sind; das untere Bogenende geht über den Schaft hinaus. Auch die Bogenenden des D ragen über den Schaft hinaus. Die seitlichen Bogenabschnitte des O sind verstärkt eingehauen. Die geschwungene Cauda des Q geht vom linken unteren Bogenabschnitt aus. R zeigt eine Stachelcauda ohne Serifen, sie setzt nicht am Schaft, sondern am Bogen an. Das untere Schaftende der arabischen 1 geht in eine Schleife über. Die arabische Ziffer 2 hat einen mittleren Balken. Der Bügel des Kürzungsstriches weist nach oben. Als Worttrenner verwendete man Dreispitze auf Zeilenmitte, vgl. 226, 228, 230.

Eustachius Beutel stammte aus einem märkischen und ebendort versippten Geschlecht.6) Nach Lentz ist er als Domherr seit 1583 belegt; seit 1588 begegnet er als Cellerarius und seit 1589 als Propst des Liebfrauenstifts.7) In diesem Jahr ist er als Gerichtsherr in Harsleben nachweisbar.8) Er hatte Einkünfte aus der Kirche in Veltheim und in der Nachfolge des 1576 verstorbenen Domdekans Friedrich von Britzke aus den Altarlehen von St. Martini und St. Jacobi in Gröningen.9) Er besaß das Haus Westendorf 45, das sein Wappen und eine Inschrift schmücken.10)

Textkritischer Apparat

  1. 1590] Letzte Ziffer hochgestellt.
  2. NOVEMBRIS] Kürzungszeichen fehlt. Linker Schaft des N wegen des in die Schriftleiste ragenden Cherubskopfes verkürzt.
  3. EVSTACHIVS] Der erste Buchstabe zerstört, von den drei folgenden nur noch die unteren Buchstabenteile vorhanden.
  4. HVIVS] Die letzten Buchstaben stark beschädigt.
  5. ECCLESIAE] Der erste Buchstabe beschädigt.

Anmerkungen

  1. Wo sich die Grabplatte ursprünglich befunden hat, ist nicht bekannt. Das Epitaph des Eustachius von Beutel befand sich zwischen dem siebten und achten Gewölbe an der Ostwand des Kreuzgangs; vgl. Halberstadt, Domarchiv, Grundriß des Kreuzgangs nach Haber von Carl Elis … 1836, ohne Signatur.
  2. Geteilt, oben geschacht, unten drei gestürzte Lindenblätter 2:1, HZ: über Helmwulst ein geschachter Flug; vgl. Siebmacher BraA, S. 11 und Taf. 5; Ledebur Bd. 1, S. 59 f.; Kneschke Bd. 1, S. 608.
  3. Drei fächerartig gestellte Schwerter in einem Wulst über einem Ring stehend, HZ: über Helmwulst zwei geharnischte Arme den Ring haltend; vgl. Siebmacher BraA, S. 55 und Taf. 32; Ledebur Bd. 2, S. 40; Kneschke Bd. 5, S. 564.
  4. Ein über eine Garbe springender Wolf, HZ: über Helmwulst zwischen aufgereckten geharnischten Armen der Wolf wachsend; vgl. Siebmacher Pr, S. 452 und Taf. 492; Ledebur Bd. 3, S. 122 ff.; Kneschke Bd. 9, S. 583 f.
  5. Ein Schildchen bordweise begleitet von sieben Sternen, HZ: über Helmwulst auf einem Halbflug ein Schrägbalken belegt mit drei Sternen; vgl. Siebmacher BraA, S. 88 und Taf. 53; Ledebur Bd. 2, S. 460; Kneschke Bd. 8, S. 542 ff.
  6. Vgl. dazu Anm. 2 bis 5 und Ledebur 1847, S. 324 ff., bes. S. 377 f.; Ledebur 1850, S. 189 ff., bes. S. 191.
  7. Vgl. Lentz 1749, S. 309 f.; UB St. Johann, Nr. 542 S. 468, Nr. 544 S. 469.
  8. Vgl. Nebe 1880, S. 64.
  9. Ebd., S. 121, 162 f.; vgl. auch Nr. 215.
  10. Vgl. Scheffer 1864, S. 18; Kunze 2001, S. 43; Arndt 1910, S. 100. Siehe DI 86 (Stadt Halberstadt), Nr. 231.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 230 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0023007.