Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 210† Dom, Kreuzgang 1565

Beschreibung

Epitaph für den Domherrn, Senior und Cellerarius Johannes von Heilingen mit einem Trostgedicht und dem Sterbevermerk.1) Ehemals an der Ostwand zwischen dem ersten und zweiten Joch von Norden.2)

Text nach Oeynhausen, Sammlung.

  1. A

    Ex quo cuncta fluunt effuso sanguine3) per quemVera salus4) in quo massa redempta vigetNobilis hunc coluit sincero Helingus amore5)Nomina cui Sancti Sancta Johannis erantNos miseros trinus per sonisquea) una potestas6)Conservet donec spiritus astra petet

  2. B

    Reverendus D(omi)n(u)s Johannes de Heling hujus Ecclesiae Canonicus Senior et Cellerarius (obiit)b) 1565 April(is) 19

Übersetzung:

A: Aus diesem vergossenen Blut fließen alle Dinge, durch ihn/dieses [ist] das wahre Heil, in dem die erlöste Schar blüht; ihn/dieses verehrte in aufrichtiger Liebe der edle Heilingen, der die heiligen Namen des heiligen Johannes trug. Uns Elende möge bewahren in dreifacher Gestalt die eine Macht (die Dreifaltigkeit) bis die Seele das Himmelreich zu erlangen sucht. B: Der ehrwürdige Herr Johannes von Heilingen dieser Kirche Kanoniker, Senior und Cellerarius starb am 19. April 1565.

Versmaß: Drei elegische Distichen (A).

Wappen:
Heilingen7).

Kommentar

Aus dem Text lassen sich wegen der benutzten deiktischen sprachlichen Wendungen einige Schlüsse auf das Bildprogramm des Epitaphs ziehen. Vermutlich war eine Kreuzigung dargestellt. Aus der Wunde des Gekreuzigten floß wohl das Blut, auf das sich die erste Zeile des Gedichts bezieht. Vielleicht war davor betend ein kniender Stifter zu sehen, wie sie die Epitaphien für die Dekane Friedrich von Britzke (Nr. 216) und Kaspar von Kannenberg (Nr. 249) zeigen. Die benutzten sprachlichen Wendungen geben keine direkten Hinweise auf ihre Herkunft. Die Junkturen „effuso sanguine“, „vera salus“, „sincero amore“ und „una potestas“ kommen sämtlich gehäuft bei Augustinus vor, jedoch auch Belegstellen anderer Autoren sind nicht ausgeschlossen, wenn die Wendungen nicht nur dem üblichen Sprachgebrauch an geistlichen Instituten entsprachen.

Textkritischer Apparat

  1. per sonisque] Sic! Für personisque.
  2. obiit] Im Manuskript stand hier nur ein gleichschenkliges Kreuz, das vermutlich für das Wort starb oder wie vermutlich auf dem Epitaph für obiit stand. Ob die gesamte Datierung auf diese Weise vorlag, ist zweifelhaft, aber dem Sinn nach doch wahrscheinlich.

Anmerkungen

  1. Vgl. Nr. 209.
  2. Halberstadt, Domarchiv, Grundriß des Kreuzgangs nach Haber von Carl Elis … 1836, ohne Signatur.
  3. Ähnliche Junkturen Augustinus, Enarrationes in Psalmos 1,51,5,29 und in weiteren Werken.
  4. Augustinus, Enarrationes in Psalmos 2,117,11,2[*] und in weiteren Werken des Autors.
  5. „Sincero amore“, Augustinus, De Civitate Dei, 10,16,71 und in weiteren Werken des Autors.
  6. Augustinus, In Iohannis evangelium tractatus, 22,15,92; ebd. 39,3,16–18 und in weiteren Werken des Autors.
  7. In Silber ein schwarzer Balken, HZ: auf offenem Flug ein Balken; eine Zeichnung des Wappens ist beigefügt; vgl. auch Siebmacher SaAE, S. 67 und Taf. 42.

Nachweise

  1. Oeynhausen Sammlung, Hannover, Niedersächsische Landesbibliothek Oy-H, 42 Nr. 179 (Julius Karl Adolf Friedrich Graf von Oeynhausen (1843–1886), Sammlung von Grabinschriften in deutschen Kirchen).

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 210† (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0021005.