Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 203 Dom, Querhaus, Südempore 1560

Beschreibung

Metallteile der Grabplatte des Domdekans Huner von Sampleven (1538–1560); an der Südwand der Südempore aufgestellt, ursprünglich im nördlichen Chorumgang,1) das zugehörige Epitaph verloren;2) Relief, gut erhalten. Im inneren Feld, unter einem auf Konsolen und Blattkapitellen gestützten, mit Blattranken geschmückten Rundbogen, ein Prälat stehend, mit leicht gewendetem Kopf, gekleidet in Birett, Chorhemd, pelzverbrämte Almutie, die Rechte segnend über einen in der Linken befindlichen Kelch haltend, zu Füßen sein Vollwappen, in den Zwickeln je ein geflügelter Engelskopf. In den Ecken Medaillons, darauf die geflügelten Evangelistensymbole mit Spruchbändern, in der Mitte der Längsseiten je ein Medaillon mit einer Heiligendarstellung, rechts Stephanus mit Steinen und Palmzweig, links Johannes (?) den Kelch segnend. Auf dem Rahmen zwischen zwei flachen, bandartigen Stegen zweizeilig umlaufend der erhaben ausgeführte Sterbevermerk (A). Ebenfalls erhaben ausgeführt die Künstlersignatur (B) des Hans Meisner zwischen Stegen in zwei Kartuschen zu beiden Seiten der Figur im unteren Drittel der Platte. Die Tituli (C–F) auf die Spruchbänder der Medaillons graviert.

Maße: H. 184,5 cm, B. 104 cm, T. 1,3 cm, Bu. 6,1 cm (A), 2,3 cm (B), 1,5 cm (C–F).

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann/Marion Gronemann) [1/1]

  1. A

    ANNO · D(OMI)NI · 1560 // SECVNDA · FEBRVARYa) // OBITb) · IN · CHR(IST)O · REVE//RENDVS · AC · NOBI//LIS · DOMINVS · // HVNERVS · DE · // SAMPELEVEc) // HVIVS · ECCLESIAE // DECANVS · CVIVS // ANIMA · REQVIES//CAT · IN · PACEd)

  2. B

    HANS / MEISNER // GOT · MICK · THO / BRVNSWICKe)

  3. C

    S(ANCTVS) · IO//HANI/S

  4. D

    S(ANCTVS) · LVC/ASf)

  5. E

    S(ANCTVS) · M//ATT/HE//VS

  6. F

    S(ANCTVS) · // MA/RC//VS

Übersetzung:

A: Im Jahre des Herrn 1560 den zweiten (Tag des) Februar stirbt in Christus der ehrwürdige und edle Herr Huner von Sampleven, Dekan dieser Kirche, dessen Seele in Frieden ruhe. B: Hans Meisner goß mich zu Braunschweig.

Wappen:
Sampleven3).

Kommentar

In der Inschrift A findet man nur spitzes A. Das O ist oben spitz zulaufend, die Bogen- und Hastenenden sind teilweise keilförmig verbreitert und weisen keine Serifen auf. Der Mittelbalken des E ist verkürzt, die Cauda des R leicht geschwungen. Der Mittelteil des M reicht bis zur oder knapp über die Grundlinie, der linke Teil wirkt enger. In der AE-Ligatur liegen beide Hasten schräg. Der Balken des A und der Mittelbalken des E sind leicht versetzt. Die Inschrift B weist ein M mit eingezogenem Mittelteil, ein W aus zwei ineinandergestellten V auf, gleicht aber sonst den Formen in A. Als Worttrenner fungieren Quadrangel (A) und Kreise (C) auf der Zeilenmitte, das Inschriftenende markieren Dreiblätter.

Der aus Nürnberg stammende, 1551 vom Braunschweiger Rat als „Zeug- und Schützenmeister“ beschäftigte Glocken- und Stückgießer Hans Meisner († 1582), der zwischen 1550 und 1582 etliche Geschütze, aber auch eine Glocke für die Braunschweiger Martinikirche und einen Wandleuchter für die Pfarrkirche in Osterwieck goß, schuf noch zwei weitere Werke für die Halberstädter Domkirche.4) Huner von Sampleven gehörte einem alten braunschweigischen Rittergeschlecht an, das im Halberstädtischen begütert war, und hatte 1512 in Wittenberg studiert.5) Zum Magdeburger Domherrn wurde er 1508 gewählt, als Domherr in Halberstadt ist er nach Lentz 1524 belegt.6) Nach dem Tod seines Vorgängers dürfte er noch 1538 Domdekan geworden sein.7) Vgl. zum Epitaph des Huner von Sampleven Nr. 204 †.

Textkritischer Apparat

  1. FEBRVARY] Der dritte Buchstabe beschädigt.
  2. OBIT] Sic!
  3. SAMPELEVE] Es folgt ein Blatt.
  4. PACE] Es folgen ein Blatt und eine Blattranke als Zeilenfüller.
  5. BRVNSWICK] Es folgt das Meisterzeichen von Hans Meisner, vgl. Taf. LXXXII, Nr. 9. Vgl. BKD, S. 302 Nr. 6 und Hartmann 1964, S. 220 Nr. 60 mit Abb.
  6. LVCAS] A um 90° nach links gedreht.

Anmerkungen

  1. Haber 1739, S. 37; Büsching 1819, S. 242. Die Vermutung von Uffenbach 1753, S. 146, daß es sich bei den ehemals vor der Nordempore befindlichen Grabplatten um solche der Sampleven handele, trifft nicht zu; vgl. dazu Nr. 107 Anm. 1.
  2. Zu dem verlorenen Epitaph Huners von Sampleven siehe Nr. 204 †.
  3. Ein senkrechter, mit den Wurzeln ausgerissener, gestümmelter Baumstamm, an jeder Seite ein abhängendes Lindenblatt; HZ: ein auf die Spitze gestelltes bequastetes Kissen über einem Turnierhut; vgl. Siebmacher SaA, S. 142 und Taf. 93.
  4. Vgl. DI 56 (Stadt Braunschweig II), Nr. 462, 466, 476, 489, 531; Lüer 1904/1909 Bd. 1, S. 445, 452, 455; Thieme/Becker Bd. 24, S. 346; Meier 1897, S. 89–93; BKD, S. 93; vgl. auch Nr. 208, 212, 215.
  5. Vgl. Mülverstedt 1870, S. 632; GS Magdeburg Bd. 1, S. 559. Vgl. zu Huner von Sampleven und seinen Grabdenkmälern Fuhrmann 2006 b, S. 266–268.
  6. GS Magdeburg Bd. 1, S. 559; Lentz 1749, S. 309; UB S. Bonifacii et S. Pauli, S. 228 f., Nr. 440 und 444 zu den Jahren 1532 und 1535; ebd., Register S. 583 unkorrekt; UB St. Johann, Nr. 534.
  7. Dieses Datum nennt Lucanus 1786, S. 116. Belegt 1550 IX 29; vgl. UB St. Johann, Nr. 534. Vgl. zu Johannes von Mahrenholtz Nr. 192.

Nachweise

  1. Haber 1739, S. 37 f. (A).
  2. Lucanus 1837, S. 8 (B).
  3. Hermes 1896, S. 81 (B).
  4. BKD, S. 302 (B).

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 203 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0020300.