Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 202 Dom, Chor 1558

Beschreibung

Grabmal des Magdeburger Erzbischofs und Administrators von Halberstadt, Friedrich von Brandenburg (1550–1552); im Chor in der Mitte vor dem Hochaltar; heller Sandstein, etliche Risse, Abbröckelungen, Schriftverlust. Innerhalb einer breiten Ornamentleiste, deren Rautenschmuck heute fast ganz erloschen ist, folgt eingelassen die von einem Eierstabfries umgebene, eingetiefte Inschriftenleiste mit dem erhaben ausgeführten umlaufenden Sterbevermerk (A). Ihre Zarge wird von einem Zinnenfries geschmückt. Die nochmals eingetiefte, separate Grabplatte mit hohem Relief: Vor einer einen Brokatvorhang darstellenden Rollwerktafel der Verstorbene stehend dargestellt, gekleidet in eine Schaube mit sich nach unten verjüngenden Aufschlägen, Stehkragen aus Spitze und eine doppelt um den Hals geschlungene Kette mit einem rautenförmigen Anhänger. In den Händen hält er einen Wappenschild mit einem Totenschädel,1) das bartlose Gesicht wendet er dem in der oberen linken Ecke auf der Rollwerktafel sitzenden Christus zu, der mit einem Kreuzstab den in der gegenüberliegenden Ecke stehenden, als Skelett dargestellten Tod ersticht. In den beiden unteren Ecken links ein weiblicher Engel, der eine Schlange zertritt, rechts der Teufel in Gestalt eines Satyrs im Höllenrachen sitzend, den ein fischartiges Wesen verkörpert. Auf den Seitenwangen der Rollwerktafel rechts ein Totenschädel, links ein geflügelter Engelskopf; auf der eingetieften Rahmenleiste beider Seitenwangen die erhaben ausgehauene Künstlersignatur (B) des Hans Schenk, links unterbrochen durch den Engelskopf. Die zwischen eingeritzten Linien verlaufende Jahreszahl befindet sich auf den beiden unteren Rollwerksenden.

Maße: H. 238 cm, B. 197 cm, T. ca. 35 cm, Bu. 3,5 cm (Versalien in A: bis 10 cm).

Schriftart(en): Schrägliegende Humanistische Minuskel (A), Kapitalis (B).

  1. A

    Fr[id]ericusa) Archiepiscopus Magdeburgensis Primasb) german[i]aec) / Administrator Eclesiaed) halb[e]rstatensis,e) Marchio Brandeburgensis, Stettinensium, Pomeraniae, / Casuborum, Vandalorumq(ue), Ac in Schlesia Crosuae dux, Burgrauius / Norinbergensis, et Rugiae Princeps, Obijt Anno Salutis humanae 1552 Octobris die 2

  2. B

    HOC O/PVS // EXS/C/VLPSIT // IOH/ANNES / P/INCE/R/NA // ANNO // 1558

Übersetzung:

A: Friedrich, Magdeburger Erzbischof, Primas Germaniae, Administrator der Halberstädter Kirche, Brandenburgischer Markgraf, der Stettiner, Pommerns, Kaschuben und Wenden und auch in Crossen in Schlesien Herzog, Nürnbergischer Burggraf und Fürst Rügens, starb im Jahre des menschlichen Heiles 1552 am zweiten Tag des Oktober. B: Dieses Werk meißelte Johannes Schenck im Jahre 1558.

Kommentar

Das Grabmal ist Teil der Grabanlage für Erzbischof Friedrich IV. von Magdeburg, die Hans Schenck gen. Scheußlich 1558 schuf (vgl. Nr. 201). Die Schrift entspricht derjenigen des Epitaphs (A, B), nur daß am Grabmal die Schriftarten von Künstlerinschrift und Trostgedicht gewechselt werden. So zeigt der Sterbevermerk jetzt Minuskelschrift, die Künstlersignatur eine Kapitalis. Die Minuskel ist rechtsgeneigt und hat lange, geschwungene Ober- bzw. Unterlängen. Die weiten „gesperrten“ ct- und st-Ligaturen stechen besonders ins Auge. Als Vorbild haben wohl zeitgenössische Druckschriften gedient.2)

Die Darstellung Friedrichs IV. wirkt wie eine Vollendung der im Epitaph geschilderten Wahl Friedrichs zum wahren Glauben. Hier wendet er sich noch deutlicher vom Tod ab, der, als inneres Bild über seiner linken Schulter sitzend in verkleinertem Maßstab abgebildet ist, und Christus zu, der, über seiner rechten Schulter sitzend, just im Augenblick des Todes den Tod mit einem Kreuzstab ersticht. Auch werden wie im Epitaph die Symbole von Gesetz und Gnade, die als Protagonisten des Epitaphs abgebildet sind, der anklagende Satyr und der bekleidete weibliche Engel, der die Schlange zertritt, gezeigt. Vgl. zum theologischen und konfessionellen Hintergrund Nr. 201.3) Dem Steinmetz, der das Grab bereitete – es handelt sich hier wegen der geringen Summe und der frühen Zeit, da das geschah, wohl nicht um Hans Schenck – zahlte das Domkapital im Dezember 1552 fünf Schilling.4)

Textkritischer Apparat

  1. Fridericus] Das e beschädigt.
  2. Primas] Die unteren Buchstabenteile beschädigt.
  3. germaniae] Kürzungszeichen fehlt. Die beiden letzten Buchstaben beschädigt.
  4. Eclesiae] Sic!
  5. Halberstatensis] Die Buchstaben e und r beschädigt.

Anmerkungen

  1. Vgl. zum sog. Wappen des Todes Cante 1995, S. 517.
  2. Hinweis von Dr. Harald Drös, Heidelberg.
  3. Vgl. auch Cante 1995, S. 516–518; Fuhrmann 2006 b, S. 260–266.
  4. „V ß lapiside cuidem qui sepulcrum domini reverendissimi et illustrissimi patris ac domini Friderici Archiepiscopi Magdeburgensis et administratoris Halberstadensis … in choro ecclesie Halberstadensis parauit, (die) veneris post Nicolai“; vgl. LHASA Magdeburg, Rep A 15, A 19 II, fol. 36r.

Nachweise

  1. Fuhrmann 2006 b, Abb. 11.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 202 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0020203.